Wer in einen schwarzen Spiegel von Bernard Heesen (Leerdam,NL 1958) blickt, sieht nicht nur sich selbst, verzerrt in einer optisch gewölbten Welt. Sondern auch verspielte barocke Rahmen aus gläsernen Schleifen, Locken, Rüschen, Blatt- und Blumenmotiven. Diese Welt ist düster, aber zugleich hell - manchmal zeigt sich eine Engel-Putte, fröhlich und nackt, als ob der Spiegel aus einer Zeit ohne Sorgen stammt. Manchmal hat der Rahmen auch etwas Pikantes, und in den Rundformen und Verzierungen scheint etwas auf, was einem Penis gleicht. Die Spiegel sind zentral in der Heesens Bildersprache. So entstand eine komplette Serie im Trêveszaal, dem Versammlungsraum des niederländischen Ministerrats - die Krönung seiner jahrzehntelangen Arbeit als Glaskünstler.
Neben dem glänzenden, spiegelnden Schwarz an der Wand gibt es, wie kann es anders sein, eine weiße Welt. Das Schwarz wird in Heesens Welt aufgehoben wie durch das Weiß beim Schach. Die Stücke aus diesem weißen Universum wirken stärker dreidimensional. Es sind Kunstwerke, nachgeformte Abbildungen antiker Enzyklopädien, die ihren Wert als Wissensschatz in der heutigen Wikipedia-Welt verloren haben. Sie dienen nur noch einem künstlerischen Zweck. Die Werke scheinen aus einer Zeit des dekorativen, heute vergessenen Prunks zu stammen.
In der Welt Heesens gibt es kein getragenes Weniger-ist-Mehr. Für den Glasbläser zählt nicht Bescheidenheit, sondern Ausdruckstärke. In der Werkstatt De oude Horn in Acquoy regiert das ‘Overdaad Baadt’. Bernard Heesen ist ein Meister im Ausdruck seiner Emotionen. Das Vergnügen, mit diesem besonderen Material zu arbeiten, strahlt von den Objekten ab.
Rotterdam, Juli 2009
Thimo te Duits Design Curator
Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam
(Übersetzung: Karin Unfried, Basil Wegener)