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Isa Genzken: Wind - eine Ausstellung in der Berliner Galerie Daniel Buchholz

von Agnieszka Bulak (16.12.2009)


Isa Genzken: Wind - eine Ausstellung in der Berliner Galerie Daniel Buchholz

Bereits beim ersten Blick in die Ausstellung "Wind" verschmelzen eine idealisierte Realität und eine realisierte Idealität, so dass die zwei gegensinnigen Endzustände eine artifizielle Vollendung erfahren. Eine Vollendung, in der Ambivalenz und Vielfalt der künstlerischen Welt der zeitgenössischen Bildhauerin Isa Genzken sehr typisch zum Ausdruck kommen.

Im Eingangsraum rechts hängt eine Wandarbeit, die zwei Meter hoch und fast anderthalb Meter breit ist. Sie besteht zur Hälfte aus einer durchsichtigen, mit ocker-orangenen Farben besprühten Plastikfolie, auf die in der anderen Hälfte kleinkarierte gold- und silberverspiegelte Folien vertikal übereinander geklebt sind. Auf den ersten Blick erscheint diese Arbeit als eine gewöhnliche, durch die vertikale Anordnung mehr oder weniger geometrisch anmutende Assemblage. Doch erfährt das scheinbar Gewöhnliche eine überraschende Wendung. Der zweite Blick in den auf der gegenüberliegenden Wand hängenden, ein wenig nach hinten versetzten Spiegel eröffnet einen neuen, unerwarteten horizontalen Raum. Beim Vorbeigehen erblickt man in diesem Spiegel das Abbild der Assemblage und dann den eigenen Körper. Das Abbild wirkt durch die verdoppelte Entfernung der Spiegelung viel kleiner als die tatsächliche Wandarbeit, wodurch die gespiegelte eigene Körpergestalt unerwartet in die Mitte des Abbildes rückt und auf einem Hintergrund der Großstadt mit schimmernden Wolkenkratzern sichtbar wird. Optische Gesetzmäßigkeiten werden eindrucksvoll inszeniert, die eigene Wahrnehmung tritt in den Fokus der Aufmerksamkeit. Hier, noch im Eingangsbereich der Ausstellung, reflektiert sich in einem einzigen Bild das gesamte künstlerische Spektrum von Isa Genzken.

Schon in dieser Wandarbeit, die sie „Hommage á Jasper Johns“ nennt, wird Genzkens Affinität zur Architektur und Malerei deutlich. Sie verweist auf Architektur als Zeichen für fiktive Bauten in der Tradition suprematistischer und konstruktivistischer Entwürfe, aber auch auf Johns´ Pop-Art-Collagen, die durch die Kombination aus Ölmalerei und Enkaustik spezielle Oberflächenqualitäten schaffen.
Wie für Genzkens Werk typisch, werden hier Formen und Räume geöffnet; Blicke in Spiegel wie durch Fenster erschließen neue (Zwischen-)Räume. Das Außen wird zum Innen, die zweidimensionale Wandarbeit gewinnt eine dritte Dimension und erlangt die Referenz zum Realen. Das Innen wird zum Außen und das betrachtende ´Ich` erkennt sich selbst vor dem Hintergrund der nächtlich schimmernden Hochhäuser. In dieser spielerischen Erweiterung der Sicht werden Genzkens Freude am Experimentieren, ihr Spaß an der Überraschung der Betrachtenden spürbar.

Der Verweis auf den dritten symbolischen Zwischenraum, in dem die Begegnung der Künstlerin mit dem Publikum stattfindet, ist gegeben. Hier beginnt die Ausstellung mit neuen Arbeiten von 2009 unter dem Titel "Wind".

Wind ist ein Naturphänomen, das nur schwer, wenn überhaupt, darstellbar ist. In der Tradition der Bildhauerei gibt es immer wieder das Thema, Dinge zu gestalten, festzuhalten, die sich dem Zugriff letztlich entziehen. So geht Genzken mit ihren neuen Arbeiten einer zentralen Frage der Bildhauerei nach - der Frage nach der Darstellbarkeit des Undarstellbaren.

Bei der Werkbetrachtung wird deutlich, wie ein abstraktes und sinnliches Naturphänomen die Idee einer Ausstellungskonzeption bestimmen kann. So erscheinen etwa die einander gegenübergestellten Wandarbeiten "Wind I (David)" und "Wind II (Michael Jackson)" als eigenständige Entitäten, aber auch als getrennte Fragmente - sie sehen aus wie vom Wind zerpflückt. Es sind Kompositionen, die sich aus durchsichtigen und verspiegelt-verdunkelten, teils farbig besprühten Plastikfolien sowie teils verhüllten Fotos von Michelangelos Skulptur "David" (Wind I) und Michael Jackson (Wind II) zusammensetzen. Auch in der auf zwei Räume geteilten Skulpturengruppe "Wind (D)" wird das die gesamte Ausstellung bestimmende Thema deutlich. Es handelt sich hier um vier miteinander korrespondierende, über drei Meter hohe Pfeiler-Skulpturen. Zwei von ihnen sind mit bunten, durchsichtigen, langen Stoffen umhüllt, die am "Kapitell" von mehreren Metallklammern festgehalten werden. Dank dieser Stoffe gelingen Genzken Faltenbildungen, die etwas Flüchtiges und Zerbrechliches an sich haben. Ein Renaissance-Zitat: Wind wird als Idee versinnbildlicht. Auch die zwei letzten Pfeiler-Skulpturen wecken bei der Betrachtung das Gefühl des Vergänglichen, aber auch Melancholischen. Diese Skulpturen, die frappierend an Altäre erinnern, sind Michael Jackson gewidmet. Seine Gestalt, hier in Form von Fotos von Anni Leibowitz, ist in den unteren Pfeilerhälften schwebend angebracht.

Genzkens komplexes Werk ist erst durch die allmähliche Auseinandersetzung mit den einzelnen Teilen, erschließbar. Sie verbindet unterschiedliche Materialien zu Werken und integriert Architektonisches und Malerisches in ihre bildhauerische Arbeit.

Dank der perfekten topografischen Raumanordnung wird eine exakte Aufmerksamkeitslenkung auf die Werke ermöglicht. "Wind" ist eine äußerst gelungene Ausstellung.

Abbildungen: Isa Genzken “Wind”
installation view
Galerie Daniel Buchholz, Berlin 2009
Courtesy Galerie Daniel Buchholz, Cologne/Berlin

Ausstellungsdauer: 27. 11. 2009 - 30. 01. 2010

Galerie Daniel Buchholz
Fasanenstr. 30
10719 Berlin

Öffnungszeiten: Di-Fr 11 -18 und Sa 11 -16
galeriebuchholz.de

Agnieszka Bulak

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