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It is really easy to get rid of your own name! - Drei Mal Janez Janša im Art Laboratory Berlin

von Anna Heckmann (08.02.2010)


It is really easy to get rid of your own name! - Drei Mal Janez Janša im Art Laboratory Berlin

Anfang Februar wurde in dem Kunstraum Art Laboratory Berlin eine ungewöhnliche Aktion vorgestellt, die Kopfzerbrechen bereitet. Sie nennt sich NAME Readymade und nimmt im Titel Bezug auf Marcel Duchamps subversive Frage nach den Grenzen des Kunstbegriffs. Für den zeitgenössischen Betrachter sind allerdings Urinale, Suppen-Dosen oder Staubsauger im Museum längst kein Grund mehr zur Aufregung. Ist also das nahezu hundertjährige Readymade immer noch nicht zur Genüge bearbeitet und diskutiert worden?

Im August 2007 änderten drei slowenische Künstler gleichzeitig ihren Namen in Janez Janša. Zum damaligen Zeitpunkt hieß so auch der für seine Medien- und Kulturpolitik stark kritisierte slowenische Ministerpräsident. Von diesem Moment an führten die drei neuen Janšas konsequent ihr gesamtes öffentliches wie privates Leben unter diesem Namen. Sämtliche offiziellen Dokumente wurden geändert und der neue Name im Familien- und Freundeskreis fest etabliert. Nicht zuletzt aufgrund der Öffentlichkeitswirksamkeit des gewählten Namens erweckte die Aktion mediales Aufsehen.
Im Jahr 2008 fand dann in Graz die Ausstellung NAME Readymade statt, in der die geänderten Dokumente wie Personalausweise, Geburtsurkunden, Kreditkarten und Schriftverkehr als zertifizierte Kunstobjekte ausgestellt wurden.

Bei einer Namensgebung handelt es sich um die willkürliche Verknüpfung eines frei gewählten Eigennamens mit einer Person. Privat verbindet er einen Menschen mit seinen Eltern und seiner persönlichen Lebensgeschichte. Im öffentlichen Bereich ist er ein wichtiges individualisierendes Instrument, das die Registrierung und Verwaltung einer Person ermöglicht. Dient ein Name also, so fragen die neu getauften Janez Janšas, nur einer sprachlichen Identifizierung oder steht die Identität damit im Zusammenhang? Sind wir noch wir selbst, wenn wir plötzlich wie der Ministerpräsident heißen und unter seinem Namen heiraten, Geld abheben und den Kinderwagen schieben? Im Grunde schon, möchte man antworten. Dennoch waren die Medien alarmiert, die Eltern verletzt und die Freunde irritiert, angesichts dieser vermeintlichen Selbstaufgabe und einer erzwungenen Umstellung auch von ihrer Seite.

Der Bezug zum Readymade steckt im Umgang mit dem Konzept eines Namens selbst. Die später als künstlerisch qualifizierte Aktion bestand zunächst in der offiziellen Aneignung eines fremden Namens. In der Taufe erschöpft sich jedoch die Idee des Namens nicht. Vielmehr muss er danach auch ins tägliche Leben übergreifen, indem er in ständiger privater und öffentlicher Performation bei jeder Benutzung neu als zur Person gehörend bestätigt wird. Die Avantgarde-Idee, Kunst und Leben zu verbinden bekommt so eine neue Facette. Es ist nicht wie bisher die Alltäglichkeit, die in den Olymp der Kunst und die Ausstellungshallen Eingang findet, sondern das künstlerische Konzept entwickelt und verändert sich gemeinsam mit dem gelebten Leben.

Auf dieser Grundlage scheint es folgerichtig, dass die drei Künstler die durch die Namensänderung generierten Spuren wie Personalausweise und Kreditkarten ebenso als Kunstwerke deklarieren und ausstellen. Bei genauem Hinsehen besteht die Provokation hier aber weniger in der Infragestellung ästhetischer Grenzen als vielmehr in der Tatsache, dass in dem Personalausweis die private, die öffentlich-administrative und die künstlerische Sphäre konkurrieren und kollidieren, weil sie alle in gleichem Maße ihr Recht an dem Objekt beanspruchen können. So haben sich jetzt die Künstler beispielsweise ihre Personalausweise als Kunstobjekte versichern lassen und warten gespannt darauf, wer den Versicherungsschaden begleicht, wenn die Ausweise nach Ablauf des Gültigkeitszeitraumes eigentlich entwertet werden müssten.

Stellen wir uns also der Herausforderung und konfrontieren wir uns noch einmal mit dem bekannten, aber in anderer Form bearbeiteten Problem des Kerns von Ästhetik: Können wir unseren Kunstbegriff so erweitern, dass das abstrakte Konzept eines Eigennamens und dessen Spuren im Künstlerleben hinzugehören können?
Wenn sich der Betrachter diese Frage stellt, gerade weil er sie vom Kunstgeschehen bereits beantwortet sieht, lachen sich die Janšas ins Fäustchen: sie haben ihr Ziel erreicht.

Abbildung: Copyright Janez Janša

ArtLoboratoryBerlin
Prinzenallee 34
13359 Berlin
artlaboratory-berlin.org

Anna Heckmann

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