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"Maschinerie der Wahrnehmung" in der neuen Produzentengalerie G11 in Berlin

von Teresa Köster (03.05.2010)


"Maschinerie der Wahrnehmung" in der neuen Produzentengalerie G11 in Berlin

Es gibt sie noch, die stillgelegten, heruntergekommen Fabrikgebäude in Berlin, die von Künstlern und Galerien besetzt werden. Was das Kunsthaus Tacheles mal gewesen sein mag, findet man heute in der ehemaligen Patzenhofer-Brauerei in der Landsberger Allee: Spannende und vollkommen unterschiedlich gestaltete Künstlerateliers sind ebenso in dem Gebäudekomplex vertreten wie Galerien; künstlerische Vielfalt, wohin man sieht.

Die neu eröffnete Produzentengalerie G11 möchte dies nun im Kleinen nochmals verwirklichen, denn der „spartenübergreifende Austausch mit internationalen Künstlern und eine lebendige Atmosphäre mit kunstnahen Veranstaltungen sind Programm“ heißt es im Infotext der Galerie.

Zum Auftakt zeigen die Künstler und Initiatoren John Power (IRL), Lexander Prokogh (RUS) und Hendrik Voerkel (D) aber erst einmal ihre eigenen Arbeiten. Die gerade erst aus Leipzig übergesiedelte G(ruppe) 11 setzt bei der In-Frage-Stellung der traditionellen "Maschinerie der Wahrnehmung" ein.

/> Einen Eindruck von der malerischen Herangehensweise Hendrik Voerkels erhält der Besucher sogleich durch die Leinwandarbeit "River Skyline", mit der der Rundgang beginnt. Das Bild zeigt eine bedrückend wirkende Stadtlandschaft. Im Zentrum überlagern sich mehrere Autobahnspuren in einfacher Formgebung, ohne Anfangs- oder Endpunkt. Die Architektur ließe sich in viele moderne Großstädte verorten, doch etwas fehlt: Kein Mensch ist zu sehen, kein Auto, nicht einmal Müll. Auch die dahinter liegenden Hochhäuser strahlen ein steriles Eigenleben aus - frei von jeglicher Funktion als Wohnort. Die Dinge scheinen sich verselbstständigt zu haben, die Macht über den Stadtraum übernommen zu haben. Die untere, braun-bläuliche Farbfläche, durch den Titel als Fluss identifiziert, ist noch rätselhafter: Was hat es mit den auffällig farbintensiven, pastosen Farbflecken auf sich, die zentriert auf der Wasseroberfläche aufliegen? Aus einiger Entfernung betrachtet, erinnern sie an abstrahierte menschliche Formen - die einzige mögliche Spur von Menschen in einer von ihnen geschaffenen Umgebung.

Ähnlich faszinierend, aber wesentlich kleinteiliger und illusorischer schließt sich Lexander Prokoghs großformatiges Gemälde "Beichte" in der Anordnung an. Schicht um Schicht überlagern sich in einem ausdrucksstarken Farbenspiel die Ebenen. Zunächst kann der Blick kaum an einer Stelle verharren, zu viel Formen, Linien und Motive treffen hier aufeinander. Einzelne Inhalte lassen sich erst nach längerem Hinsehen erkennen: Holzbretter im Zentrum des Bildes, anderes erinnert an Mauern und Wasser; ein Mensch wendet sich in der rechten Bildecke vom Betrachter ab. Erzählt wird jedoch keine zusammenhängende Geschichte, sondern jedem Abschnitt haftet ein eigenes Leben an, der die Wahrnehmung des Betrachters herausfordert und sich dieser zugleich entzieht.

In ähnlichen Formaten und Motiven, dazwischen aber auch in sehr kleinformatigen und motivisch reduzierteren Leinwandarbeiten führen die Werke der beiden Künstler die Wände des Raumes entlang. Wird der Betrachter auf unterschiedliche Weise in ihren Werken aufgefordert, seine gewohnte Wahrnehmung zu überdenken, ist es doch ihr gemeinsames Medium, in dem sie harmonieren.

Der dritte Künstler und Produzent, John Power, wählt einen anderen Weg: Anhand von Installationen und Objekten spielt er mit Wahrnehmungs- und Kategorisierungsgewohnheiten. Schaltkästen werden zweckentfremdet ("Chastity of form / Die Reinheit der Form"); in der Installation "Birth and dissolution" wuchern große Grasbüschel in einem alten Messschrank und unter einem nebenstehenden Tisch, der mit verschiedensten Messutensilien bespickt ist. Wie bei Hendrik Voerkel scheinen Erfindungen der Menschen diesen nun zu entbehren und auf ihre Weise eine Naturhaftigkeit anzunehmen.

Der gesamten Ausstellung ist nicht nur anzumerken, dass die Künstler seit langem zusammen arbeiten und eine gegenseitige Einflussnahme nicht ausgeblieben ist, sondern es gelingt ihnen auch eine teils verwirrende, teils spielerische, aber auch bedrückende Harmonie untereinander zu schaffen Die Besucher werden immer wieder überrascht. Dabei wird ihnen gleichzeitig der allzu menschliche Wunsch nach Ordnung und Kategorisierung vor Augen geführt, sei es in Rastern (Prokogh), architektonischen Formen (Voerkel) oder in Maschinen (Power).

Abbildungen:
- Hendrik Voerkel: River Skyline. 2009. Öl auf Leinwand. 120 x 170 cm. © G11 Galerie
- Lexander Prokogh: Beichte. Öl auf Leinwand. 200 x 500 cm. © G11 Galerie
- Lexander Prokogh: Prozess, 2009. Öl auf Leinwand. 150 x 200 cm. © G11 Galerie
- John Power: Birth and dissolution / Geburt und Zerfall. 2010. Maße variabel. Installationsansicht. © G11 Galerie

Ausstellungsdauer:
30.04. – 30.05.2010

G11 Galerie
Landsberger Allee 54
3. Etage
10249 Berlin-Friedrichshain

Öffnungszeiten:
Fr 15 -18 Uhr
Sa – So 13 – 18 Uhr

gruppe11.net

Teresa Köster

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