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Ich sehe was, was du nicht siehst

von Eva Biringer (20.07.2010)


Ich sehe was, was du nicht siehst

Alle Jahre wieder (und im Fall der UDK bereits zum zehnten Mal), öffneten die beiden renommiertesten Kunsthochschulen Berlins letztes Wochenende (16. bzw. 17.-18. Juli) ihre Türen. Was sonst größtenteils im Verborgenen stattfindet, wurde nun von interessierten Besuchern, worunter sowohl Künstler und im Kunstbetrieb Tätige als auch Laien zu finden sind, auf den Prüfstand gestellt. Wichtigste Voraussetzung für den Besucher: Ausdauer und Durchhaltevermögen.

Bereits am Donnerstag begann der Rundgang in der UDK mit einem Sommerfest. Dementsprechend gut besucht war das Hauptgebäude in der Hardenbergstraße: Nicht nur Kunstinteressierte, so schien es, sondern auch Feierwillige schoben sich durch die Gänge. Mehrere Bars und Essensstände sorgten für das leibliche Wohl und auf einer Bühne wurden, mal mehr, mal weniger gewöhnungsbedürftige Liveacts gezeigt.

Und dann die Kunst: Man weiß gar nicht, wo anfangen, wo aufhören, es gab von allem etwas und leider auch von allem zu viel. Viel zu lange dauerte das Sichten im Erdgeschoss, wobei es durchaus Interessantes zu entdecken gab: Zum Beispiel die sehr körperlichen, sexuell anspielungsreichen Arbeiten von Lukas Julius Keyser, die sich teilweise gefährlich nahe der Grenze zum Trash bewegten. Seine „Brusthaarpelzjacke“ ist zwar nicht wirklich tragbar, funktioniert dafür als Fetischobjekt und seine „Liebhaber“-Fotoserie macht mit einem Augenzwinkern auf die Austauschbarkeit zwischenmenschlicher Beziehungen aufmerksam.
Als vielversprechend erwies sich auch die Arbeit von Michael Marchand. „NYC 2010“ zeigt scheinbar zufällig ausgewählte Straßenecken in New York, an denen Marchand fragile Konstruktionen aus übereinander gestapelten Gegenständen aufstellt, um deren Zusammenbruch auf Video festzuhalten.
Olafur Eliasson, der aktuell zahlreiche Berliner mit seinem ´Erlebnis-Parcours` im Martin-Gropius-Bau glücklich macht, erfüllte mit seinem „Institut für Raumexperimente“ und den Arbeiten seiner Schüler alle Erwartungen. Im beinahe leeren Raum steht unter weit geöffneten Fensterflügeln eine Leiter, darüber rankt Efeu und nimmt langsam den Raum in Besitz. Hier hätte man gerne eine Auszeit von der Reizüberflutung des Ausstellungsmarathons genommen.

Ein wesentlicher Schwachpunkt dieses vielfältigen, alle Sinne ansprechenden Rundgangs war seine Unübersichtlichkeit: Um nicht völlig die Orientierung zu verlieren und auch, um die Spreu vom Weizen zu trennen (denn die gibt es nun mal auch an der UDK) wäre ein detaillierter Plan oder zumindest eine einheitliche Beschilderung wünschenswert gewesen.

Wie das geht zeigte die Kunsthochschule Weißensee. Beim dortigen Rundgang, der am selben Wochenende stattfand, wurden Arbeiten aus den Bereichen Produkt-Design, Visuelle Kommunikation, Mode-Design, Textil- und Flächen-Design, Bühnen- und Kostümbild und Bildhauerei gezeigt. Die Malerei war mit Außenstellen in den Uferhallen, dem Monbijou in der Oranienburger Straße und dem Fernsehturm vertreten. Alles wirkte aufgeräumter, durchdachter, trotz der momentanen Umbauarbeiten (herrscht an der UDK nicht eine ganzjährige Baustellen-Atmosphäre?). Kleine Schilder begleiteten jede Arbeit und gaben Informationen zu betreuenden Dozenten, den thematischen Vorgaben und oft zusätzliche inhaltliche Erläuterungen.

Lebensnaher wirkten auch die ausgestellten Arbeiten insgesamt: Während an der UDK auffällig wenig politische Kunst gezeigt wurde, ging es hier um Gentrifizierung in Hamburgs Künstlervierteln, Massentierhaltung und Kritik am Facebook-Monopol. Dazu passte das „GreenLab/ Laboratory for Substainable Design Strategies“, eine Plattform für nachhaltige Mode und Einrichtungsgegenstände.
Spaß machte das alles trotz propagierter Verwertbarkeit. Allerdings fanden sich auch Arbeiten, die sich nicht dem Credo der Verwertbarkeit verschrieben hatten, wie das zauberhafte „Ansichtssache“-Memory von Christoph Engelhard oder die berückend-schönen, wenn auch teilweise nicht tragbaren Modeentwürfe.

Auffällig war der häufige Berlin-Bezug der Künstler und ihrer Arbeiten, wie etwa die Fotoserie über Kleingärtner, die Gestaltung des Webauftritts des Radiosenders multicult.fm oder die fotografische Umsetzung des Themas „Einen Flaschensammler im Berliner Winter begleiten“.

Zu späterer Stunde rückte der Fokus dann weg von der Kunst, hin zum Amüsement.
Die Klassenräume in der Hardenbergstraße verwandelten sich in respektable Clubszenerien, inklusive DJ und Barbetrieb. Feiern können sie, die Studenten der UDK!
In Weißensee wird auch gefeiert, aber eben eine Nummer kleiner. Gut versteckt und fernab des vom Studentenwerk betriebenen Grillzeltes gab es Musik und die „Tanzbar unterm Birnbaum“. So bescheiden, wie sich die Hochschule bei der Präsentation ihrer Kunst gezeigt hat, wird hier auch gefeiert.
Manchmal ist weniger eben mehr.


UdK - Universität der Künste Berlin
Hardenbergstraße/Fasanenstraße
10623 Berlin
udk-berlin.de/

Kunsthochschule Weißensee
Bühringstraße 20
13086 Berlin
kh-berlin.de/

Eva Biringer

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Titel zum Thema Rundgänge:

Rundgänge an den Kunsthochschulen Berlin
Am kommenden Wochenende laden die verschiedenen Hochschulen ihre Türen und laden die Öffentlichkeit dazu ein die Studierenden in ihren Ateliers, Probebühnen, Fluren, Werkstätten und Studios zu besuchen.

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Rundgang an der UDK Berlin und an der Kunsthochschule Berlin Weißensee
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