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Yutaka Makino, The Conditions of the Process, daadgalerie, 10.12.11 - 22.01.12

von Verena Straub (15.12.2011)


Yutaka Makino, The Conditions of the Process, daadgalerie, 10.12.11 - 22.01.12

Yutaka Makino, The Conditions of the Process, daadgalerie, 2011, © Yutaka Makino

In der weißen Zelle

So muss es sich anfühlen unter einer Lawine begraben zu sein. Gleißend weißes Licht von allen Seiten, ein stechender Schmerz in den Augen. Was ist oben, was unten? Und dann dieser unerträglich hohe Ton, ein pfeifendes Dröhnen, von dem man nicht weiß: kommt es von außen oder entsteht es im Innern meiner Ohren?

Nein, die daadgalerie ist nicht unter einem Schneeberg verschwunden. Stattdessen präsentiert sie Yutaka Makinos Sound- und Lichtinstallation “The Conditions of the Process”. Der japanische Künstler hat den Ausstellungsraum in eine weiße Zelle verwandelt, die durch drei Lichtpaneele von oben beleuchtet wird. Mit hellblauen Schuhüberziehern aus Plastik machen wir uns auf den Weg durch einen schalldichten dunklen Gang, der schließlich in der sterilen Höhle mündet. Auf einmal stehen sich die Besucher wie hilflose Schneewanderer gegenüber, die unverhofft gestrandet sind. Die geblendeten Augen suchen vergeblich nach Halt. Und auch das nicht lokalisierbare elektronische Summen verwehrt einem jeglichen Sinn für Orientierung. Bei jedem Schritt, bei jeder Kopfbewegung scheint sich der schrille Ton fast unmerklich zu verändern, als lote er die Position des Körpers im Raum aus.

Es ist ein Spiel mit der eigenen Wahrnehmung, eine Übung für Raum, Licht und Körper. Auf eine Art fühlt man sich an James Turrells “Skyspaces” erinnert. Auch hier finden sich die Besucher in einem weiß abgedichteten Raum wieder, mit Licht-Öffnungen in der Decke. Während Turrell jedoch den Himmel als quadratisches Rechteck freigibt, sind Makinos Lichtfenster nichts als blinde Leuchten. Statt sich nach außen hin zu öffnen, verschließt sich der Raum zu einer innerlichen Kapsel, in der man nichts wahrnimmt bis auf den eigenen Körper. Seh- und Hörsinn scheinen sich nach innen einzustülpen.

Neben dem Bezug zu Installationskünstlern, die sich mit solch phänomenologischen Erlebnissen beschäftigen, kann man in Makinos Arbeit auch Anleihen aus der modernen Musiktradition erkennen. Man denke an Le Monte Younges “Dream House” in New York, das den Besucher in eine Landschaft aus elektronischen Frequenzen eintauchen lässt. Die subtil berechneten Intervalle und Tonveränderungen zwischen den einzelnen Lautsprechern sind auch dort erst nach einer Weile wahrnehmbar und die eigene Bewegung wird im Raum akustisch spürbar. Doch im Gegensatz zu Le Monte Younges Frequenzen, die einen meditativen Effekt erzeugen und die Besucher schließlich zu einer Art Hippie-Zusammenkunft auf Bodenkissen führen, sind die schrillen Töne in Makinos Installation schmerzhaft und befremdlich - wie die gesamte Weißzelle.

Das verleitet einen schließlich zu der Frage: Wozu diese ganze Besucher-Quälerei? Warum die unerträgliche Sterilität, die mit Schuhüberziehern geschützt wird und nichts Menschliches, nichts Natürliches mehr übrig lässt? Fühlt man sich da nicht an unbehagliche Behördenräume, an artifizielle Stadtstrukturen oder Operationssäle erinnert, die eine gewisse Autorität verströmen, uns mit ihrer Kälte und Distanz jedoch Angst machen? Vielleicht könnte man hier so weit gehen und in Makinos Installation einen Kommentar lesen, der über die rein phänomenologische Selbsterforschung unserer Sinne hinausgeht und die White Cubes unserer Gesellschaft befragt. Der Galerieraum hat sich für ein paar Wochen in einen un-menschlichen Ort verwandelt, der uns körperlich weh tut. Doch vielleicht sind wir alle schon längst unter Lawinen begraben und haben es nur noch nicht bemerkt.

daadgalerie
Zimmerstr. 90/ 91
10117 Berlin

Öffnungszeiten:
Di-So: 12-19 Uhr
Geschlossen: 24. bis 26.12.2011, sowie 31.12.2011 und 1.1.2012

Berliner Künstlerprogramm des DAAD
berliner-kuenstlerprogramm.de

Verena Straub

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Yutaka Makino, The Conditions of the Process, daadgalerie, 10.12.11 - 22.01.12
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