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Von geteilter Arbeit und geteiltem Glück: ROSAS, Part One – Marinella Senatore bei Peres Projects

von Vivi Kallinikou (24.09.2012)


Von geteilter Arbeit und geteiltem Glück: ROSAS, Part One – Marinella Senatore bei Peres Projects

„Wer wird demnach aber der Künstler der Zukunft sein? Der Dichter? Der Darsteller? Der Musiker? Der Plastiker? – Sagen wir es kurz: das Volk“, formulierte Richard Wagner 1849. Während Wagner aus dem Volk Erinnerung und Erfahrung schöpfte, bezog sein bekanntes Verständnis des Gesamtkunstwerkes eine Komponente der Kunst nicht ein: den Zuschauer. In ihrer ersten Berliner Einzelausstellung debütiert die italienische Künstlerin und Filmemacherin Marinella Senatore (*1977) mit einem überaus komplexen, partizipativen Projekt: „ROSAS“ ist ein Gesamtkunstwerk, bestehend aus der Produktion einer eigens für den Bildschirm gedachten Operntrilogie und sozialen, kulturellen und intellektuellen Verflechtungen, die sich während des Projektes und danach entwickelt haben.

In einem Zeitraum von zwölf Monaten mobilisierte Senatore über 20.000 Freiwillige und Laien in Berlin, Derby und Madrid und dokumentierte den Entwicklungsprozess der viersprachigen (dt., eng., spa. und brit. Zeichensprache) Oper „ROSAS“ von Beginn an. Am vergangenen Samstag, 15. September 2012, eröffneten Peres Projects in ihren Räumen in Berlin-Mitte den ersten Teil von zweien. In „ROSAS, Part One“ erzählt die Künstlerin in Fotografie, Video und Gezeichnetem über die Entstehung und Entwicklung der Trilogie. Die Teilnehmer sind an der Gesamtproduktion nicht nur beteiligt, die Produktion hängt maßgeblich von ihnen ab: Sie schreiben das Libretto, führen Regie, filmen, installieren Technik und Licht, entwerfen das Bühnenbild, sie choreografieren, tanzen und schauspielern. Das Ergebnis ist nicht nur ein Endpunkt, sondern ein Teil eines viel größeren Ganzen: Es ist eine soziale und politische Dynamik, die von der Gemeinschaft angeführt wird. Senatore war für den gesamten Ablauf verantwortlich, sie schuf ein Netzwerk, das Teilnehmern eine gemeinschaftliche und arbeitsteilige Produktion ermöglichte.

Eine eigens für die Ausstellung installierte Tee-Bar dominiert die Galerieräume beim Eintritt: „ROSAS: Working is networking“ (2012) heißt die 300 x 280 cm große Mixed Media Installation mit eingebautem Bildschirm. Sie soll der Tee-Bar huldigen, die von Teilnehmern während der englischen Produktion in Derby genutzt wurde. Der Ausstellungsbesucher wird zum Gast, er darf in den Räumen verweilen, die Dokumentation verarbeiten, während ihm frisch gebrühter Tee serviert wird.

„ROSAS: The division of labor“ (2012), eine zweite Installation, zeigt auf zehn 14-Zoll-Monitoren Ausschnitte der einzelnen Arbeitsbereiche, die für die Realisierung der Opern nötig waren. Im Loop und über Kopfhörer hört man Gespräche unter Darstellern, Regieanweisungen, technische Erklärungen und schaut Tanz- und Konzertproben zu. Der Zuschauer wird Teil des gesamten Prozesses, er nimmt aus der Entfernung an den Vorbereitungen und Workshops teil, er selbst könnte einer von den Teilnehmern gewesen sein.

Die übergroße, gezeichnete „ROSAS´ MAP“ (2012) dokumentiert als retrospektive Mindmap die einzelnen Standorte, Interaktionen und Verbindungen der Produktion. Ihr liest sich ein kompliziertes Geflecht an Abhängigkeiten ab: 2011 begann Senatore das Projekt in ihrer Künstlerresidenz im Künstlerhaus Bethanien, Berlin. Das erste Kapitel der Opern-Trilogie „Perfect Lives“ wurde dort produziert. In Zusammenarbeit mit lokalen Zeitungen und Radiosendern suchte Senatore Schulen, Schauspieler, Tänzer, Profis und Amateure, aber auch Gruppen und Verbände in Kreuzberg und Neukölln. Mehr als 500 Teilnehmer ließen sich für das Projekt begeistern, unter anderem das Orchester pensionierter BVG-Mitarbeiter. Während ihrer zweiten Künstlerresidenz am Quad in Derby, Großbritannien, produzierte Senatore das zweite Kapitel „The Attic“. Derbys Bewohner waren eingeladen an kostenlosen Workshops teilzunehmen – von lokalen Fachkräften, Lehrern und Technikern geleitet –, um für verschiedene Rollen in der Entstehung des Films vorbereitet zu werden. In ihrer dritten Künstlerresidenz im Matadero in Madrid, produzierte Senatore das letzte Kapitel der Trilogie „Public Opinion Descends Upon The Demonstrators“. Auch hier vertraute sie dem sozialen Engagement der lokalen Teilnehmer. Das Publikum konnte in Madrid einen Film über die Abläufe in seiner Gesamtheit erleben: Vom Drehbuchschreiben bis zu dem aus tausenden Teilnehmern bestehenden Endprodukt, war der gesamte Prozess für Museumsbesucher zu sehen.

Die Ausstellung eröffnete am Samstagabend mit einer Performance im Innenhof der Galerie. Ausschnitte der Oper wurden als Stummfilm an eine Hauswand projiziert, auf einer Bühne gaben das Junge Ensemble Berlin und die Künstlerin ein Konzert. Im zweiten Teil der Ausstellung „ROSAS, Part Two“ im November folgt die Vorführung der gesamten Oper. Das Gesamtkunstwerk ist damit aber noch lange nicht abgeschlossen. Senatore hinterlässt technisches Equipment und Sets der Produktionen in den einzelnen Städten, das Interessenten für eigene Projekte nutzen sollen. Es entsteht eine Reaktionskette aus sich fortsetzenden kreativen Prozessen, die durch die Vernetzung der Beteiligten langfristig am Leben gehalten werden könnte.
Bis zum 20. Oktober 2012 ist „ROSAS, Part One“ für die Öffentlichkeit zugänglich, ein Essay von Stefan Heidenreich begleitet die Ausstellung. Bei diesen Temperaturen dürfte der angebotene Earl Grey auch verlockend klingen.

ROSAS, Part One – Marinella Senatore
Peres Projects Berlin
Große Hamburger Straße 17, 10115 Berlin
Ausstellungsdauer: 15.9. – 20.10.2012
Öffnungszeiten: Di – Sa 11 – 18 Uhr
http://www.peresprojects.com/

Vivi Kallinikou

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Daten zu Marinella Senatore:


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- 5th Thessaloniki Biennale of Contemporary Art
- abc 2015
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- Bangkok Art Biennale 2020
- Berlin Biennale 1998
- Bienal de Cuenca, 2014
- Biennale de Lyon 2015
- Biennale Venedig 2011
- Göteborg Biennale 2013
- Moscow Biennale for young art 2012
- Peres Projects - Gallery
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