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Open Monument. Vergängliche Denkmäler im öffentlichen Raum

von Rebecca Freiwald (09.05.2013)
vorher Abb. Open Monument. Vergängliche Denkmäler im öffentlichen Raum

Delio Jasse, Copyright / Foto Sebastian Dudey

Mitten in Berlin Kreuzberg, an der Waldemarstraße Ecke Adalbertsraße, umgeben von rosablühenden Kirschbäumen, steht ein circa drei Meter hohes steinernes Denkmal. Seine geschichtliche Herkunft ist nicht genau geklärt: Der „Japanische Pavillon” - unter diesem Namen soll das asiatisch anmutende Monument wohl im Kiez bekannt sein - erklärt Marta Jecu, die Kuratorin der Ausstellung „Open Monument“, die derzeit im Kreuzberger Kunstraum Bethanien zu sehen ist. In ihrer Begleitung begeben wir uns zu Fuß durch Kreuzberg, um verschiedene Kunstwerke zu besichtigen, die von Künstlern der Ausstellung in den öffentlichen Raum integriert wurden. Doch ist es nicht der offene Pavillon selbst, der auch Passanten stehenbleiben lässt, sondern das was er beherbergt - ein urbanes Fotoarchiv des angolanischen Künstlers Delio Jasse (geb. 1980 in Luanda, Angola, lebt in Lissabon, Portugal), das zur Interaktion einlädt.

Delio Jasse ist gerade dabei, in den japanischen Pavillon die letzten großformatigen,auf transparente Folien gedruckte Diabilder, die in Holzrahmen gespannt wurden, in ein quadratisches Holzgestell zu schieben. Die alten Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen Gebäude, Fassaden und Ruinen aus der Stadt Luanda in Angola. Teilweise handelt es sich dabei um Fehlinvestitionen der ehemaligen portugiesischen Kolonialherren, die heute in völlig anderer Weise genutzt werden. Die Diabilder stammen von Flohmärkten und Basaren in Angola und Europa. Acht große Holzrahmen in Metallschienen, zeigen jeweils zwei verschiedene Gebäude oder Fassadenelemente, die der Betrachter nach Belieben verschieben kann. So entstehen immer wieder neue Seheindrücke. Mit seinem beweglichen Fotoarchiv bringt Delio Jasse die kulturellaufgeladenen Szenen aus vergangenen Zeiten wieder zurück auf die Straße.

Im Kunstraum Bethanien befindet sich eine weitere Arbeit des Künstlers, der „Dark Room“, eine Diaprojektion, die das Thema der Überlagerung städtischer Bilder Luandas aufgreift. Diente die Diaprojektion in der Vergangenheit häufig der Familienunterhaltung, avanciert sie bei Jasse zu einem Medium, das die Überlagerung verschiedener Wahrnehmungseindrücke ermöglicht.

Sinta Werner, Copyright / Foto Sebastian Dudey

Einen völlig neuen Wahrnehmungseindruck erzeugt auch Sinta Werner (geb. 1977 in Hattingen, arbeitet in Berlin) mit ihrer Arbeit „Mise en cadre“. Der Titel entspricht einem Begriff aus der Filmtechnik und beschreibt ein Verfahren, bei dem Teile der Kulisse in Form eines Miniaturmodells gebaut und in die reale Umgebung integriert werden. Betrachtet man ihre Schwarz-Weiß-Fotografie im Kunstraum Bethanien, meint man auf den ersten Blick eine monoton gegliederte Balkonfront eines mehrstöckigen Gebäudekomplexes in moderner Bauart zu erkennen. Bei genauerem Hinsehen ergeben sich allerdings kleine Unstimmigkeiten bezüglich des Raums und der Perspektive. Man erkennt ein exakt nach dem Vorbild konstruiertes Modell, dass Sinta Werner eben nur „beinahe“ nahtlos in die reale Architektur integriert hat. „Ihrem fotografischen Augentrug liegt dabei keinerlei Fotomontage zugrunde“, erzählt uns die Künstlerin zu Beginn der Führung, „sondern er basiert einzig und allein auf der richtigen Positionierung des Modells vor der realen Fassade sowie auf der Kameraeinstellung.“ Das circa 90 Zentimeter große Modell, das sich auf einem Stativ vor dem „Cafe Kotti“ am Kottbusser Tor befindet, ist die nächste Station unserer Führung. So imposant das filigran gearbeitete Miniaturgebäudestück auch erscheinen mag, für die Künstlerin ist es nur eine Requisite. Die Hauptarbeit liegt für sie in der fotografischen Dokumentation und damit in der Inszenierung einer Wirklichkeit, in der die Grenzen zwischen Realraum und Kulisse verschwimmen.

Yikihiro Taguchi / Chiara Ciccarallo, Copyright Kunstraum Kreuzberg/Bethanien / Marta Jecu

Eine weitere Station der Führung war ein Kunstwerk des japanischen Künstlers Yikihiro Taguchi (geb. 1980 in Osaka, Japan, lebt in Berlin), das in Zusammenarbeit mit seiner Künstlerfreundin Chiara Ciccarallo (geb. 1986 in Sizilien, Italien, lebt in Berlin) entstanden ist. Auf dem besetzten brachliegenden Gelände an der Cuvrystraße hat das Künstler-Duo das „Dis-Cuvry“ konstruiert. Das überwiegend aus Holzresten bestehende, circa sechs Quadratmeter große Haus, das die beiden Künstler momentan selbst bewohnen, besteht ausschließlich aus Fundstücken, die sie auf den Straßen Berlins zusammengetragen haben. Ein ästhetisch ansprechendes Patchworkmuster aus unterschiedlich gefärbten Holzstücken zieht sich an den Wänden im Inneren des kleinen Hauses entlang, die darüber hinaus von einem hölzernen Ruder und ein paar Spiegelfliesen geziert werden. Im Innenraum befinden sich ein Hochbett und sogar ein selbstgebauter kleiner Ofen, der aus Konservendosen besteht und mit Holz beheizt wird. „Weißkäse in Salzlake“ befand sich wohl einmal in der größeren Hauptdose des Ofens, von dem ein Abzugsrohr aus aneinandergefügten silberfarbenen Dosen in die Wand führt. Das liebevoll gestaltete Haus, das durch eine Arbeit im Kunstraum Bethanien ergänzt wird, ist ein ausbaufähiges Projekt, das sich, in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, weiter und unvorhersehbar entfalten kann. Geplant sind mehrere Erweiterungsbauten auf dem Gelände, dass Niemandem und zugleich Allen gehört.

David Maranha, Copyright Kunstraum Kreuzberg/Bethanien / Marta Jecu

Allen im Kontext der Ausstellung entstandenen Arbeiten ist gemeinsam, dass sie in das Berliner Stadtbild eingreifen und eine temporäre Funktion innehaben. Sie sind den Stadtbewohnern frei zugänglich und können zum Teil benutzt, verändert oder zerstört werden. Letzteres Schicksal widerfuhr der Holzarbeit „Pergilissolo“ (portug. „Permafrost“) von David Maranha (geb. 1969 in Figueira da Foz, Portugal, lebt in Lissabon, Portugal), die sich auf dem Gelände der Yaam Bar, am Ufer der Spree befand. Einzig ihre „fossilen“ Überreste, ein bootsförmiger Graben im Boden mit ein paar Holzresten, zeugen bei unserer Ankunft noch von ihrer Existenz, die nicht einmal eine Nacht lang währte.

Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Juni 2013 im Kunstraum Bethanien zu sehen.

Folgende KünstlerInnen sind in der Gruppenausstellung „Open Monuments“ vertreten: Carlos Bunga, Delio Jasse, Hironari Kubota, Matias Machado, David Maranha, Luca Pozzi, Cristian Rusu, Sancho Silva, Yukihiro Taguchi, Nuno Sousa Vieira und Sinta Werner.

Kunstraum Kreuzberg/Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin (U-Bhf. Kottbusser Tor)
Öffnungszeiten: täglich 12-19h
Führung auf Anfrage
Eintritt frei
kunstraumkreuzberg.de/

Rebecca Freiwald

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Open Monument. Vergängliche Denkmäler im öffentlichen Raum
Ausstellungsbesprechung: Mitten in Berlin Kreuzberg, an der Waldemarstraße Ecke Adalbertsraße, umgeben von rosablühenden Kirschbäumen, steht ein circa drei Meter hohes steinernes Denkmal.

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