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Quintessenz der Dekadenz - Yinka Shonibare in der Blain Southern Galerie

von Inge Pett (17.02.2014)
vorher Abb. Quintessenz der Dekadenz - Yinka Shonibare in der Blain Southern Galerie

Yinka Shonibare, MBE, Eden Painting, Detail, 2013, 75 Platten, Acryl auf niederländischem Wachs-Baumwollstoff, Spielzeug verziert mit bunten Strasssteinen, Emulsion, Gesamtgröße: ca. 250 × 1860 × 16 cm. Photo: Christian Glaeser, 2014, © the artist, courtesy the artist and Blain|Southern.

Es sind bestimmt an die hundert bunte Torten, die die gesamte Längswand des großzügigen unteren Loftraums der Blain Southern Galerie bedecken. Die mit bunten Motiven dekorierten Kuchen sind am Rande gespickt mit farbigen Röhrchen, an deren Ende Plastiktiere stecken. So findet sich dort die Familie Elefant, die Familie Tiger und die Familie Affe. Aber auch Polartiere wie der Pinguin und der Eisbär geben ihr Stelldichein und in einer weiteren Torte wechseln sich je eine Giraffe und eine Snoopy-Figur von den Peanuts ab.

Offensichtlich stellt die Wandarbeit „Painting Eden“ Tiere und Bilder aus der Geschichte der Arche Noah dar. Es ist eine perfekte „süße“ Welt, die hier heraufbeschworen wird. Friede und Eintracht, Miteinander und Nebeneinander – ein Paradies.

„Making Eden“ lautet der Ausstellungstitel nicht von ungefähr. Es sei sein Streben als Künstler, immer wieder „Licht ins Dunkel“ zu bringen, erklärt der in London lebende, nigerianisch-stämmige Yinka Shonibare MBE. Es gebe keinen irrationaleren Beruf als den des Künstlers, der unverdrossen nach Erlösung und Schönheit suche. Das Kürzel MBE, das er seinem Namen zufügt, steht übrigens für den Britischen Verdienstorden „Most Excellent Order oft the British Empire“, den er 2004 verliehen bekommen hat.

Der Besucher wird begrüßt durch Ms Utopia (2013), eine überdimensionale Frauenfigur, die einem Friedensengel gleich einen Blumenstrauß aus afrikanischem Batikstoff in die Luft hält. Wie viele seiner Figuren hat der 51-jährige Künstler auch diese in ein Rokokokleid aus jenem Batikstoff gesteckt, den man gemeinhin für typisch afrikanisch hält.

Dabei wurden die Wachsstoffe im 19. Jahrhundert von den Briten aus den holländischen Kolonien in Südostasien nach Afrika eingeführt. Shonibare wiederum kauft seine Stoffe am Brixton Market, einer Gegend in London, in der viele Afrikaner leben. Und der Stoff, der hier als „afrikanisch“ verkauft wird, kommt aus Indonesien. Shonibare setzt ihn ein als Metapher für die Themen Herkunft und Originalität - für hybride Identitäten. Auf die Frage, warum er immer Rokoko-Kostüme zitiere, erklärt der Künstler, er existiere in einem Umfeld der Dekadenz und Rokoko bilde die Quintessenz von Dekadenz.

Yinka Shonibare, MBE, Adam and Eve, 2013, Fiberglasfiguren, afrikanisch-niederländischer Wachs-Baumwollstoff, Draht, Stahlplatte 285 × 230 × 115 cm, Photo: Christian Glaeser, 2014, © the artist, courtesy the artist and Blain|Southern.

Natürlich dürfen auch Adam und Eva im Garten Eden nicht fehlen. Hinter der Ms Utopia stehen sie unter einem prachtvollen Apfelbaum und sind wie alle Figuren des Künstlers sprichwörtlich kopflos. Während das Erdgeschoss der Galerie einen Paradiesgarten verkörpert, öffnet sich dem Besucher die Hölle paradoxerweise im oberen Geschoss. Der „Impaled Aristocrat“, der aufgespießte Aristokrat, und die „Revolution Ballerina“ symbolisieren Chaos und Blutvergießen.

Das „Revolution Kid“ balanciert auf einem durch die Galerie gespannten Seil und droht in den unteren Bereich der Galerie abzustürzen. Seine goldene Pistole ist der von Gaddafi nachempfunden, die dieser bei seiner Verhaftung 2011 trug und das Blackberry erinnert an die über Handys und Social Media initiierten Unruhen in den Londoner Vororten. Das Revolution Kid zitiert den Jungen aus „Die Freiheit führt das Volk an“, der sich in Delacroix´ Gemälde hinter der Marianne befindet.

Yinka Shonibare, MBE, Revolution Kid (Calf), 2012, Fiberglasfigur, afrikanisch-niederländischer Wachs-Baumwollstoff, ausgestopfter Kalbskopf, Blackberry, 24 Karat vergoldete Pistole, Seil, 144,8 × 127 × 127 cm, Photo: Christian Glaeser, 2014, © the artist, courtesy the artist and Blain|Southern.

In seiner Arbeit gehe es ihm um die Reflektion menschlicher Schwäche, um die Revolution, ihre „Helden“ und die Möglichkeit des Neuanfangs, so Shonibare. Der Freiheitskämpfer eines Menschen sei der Terrorist des anderen. So sei Mandela gleichermaßen als Terrorist verfolgt und als Heiliger verehrt worden. Wen wundert es da noch, wenn Shonibare Helden wie Mao Zedong, Jesus Christ, Mahatma Gandhi, Lucky Luke, Börsenkurse und Robin Hood in derselben Papierarbeit zusammenführt?

Er sei kein Pazifist, betont Shonibare. „Aber als Künstler bleibe ich ein Idealist“. Und augenzwinkernd fügt er hinzu: „Wären wir alle Künstler, wäre die Welt okay“.

15. Februar – 19. April 2014
BLAIN/ Southern
Potsdamer Straße 77-87
10785 Berlin
blainsouthern.com/

Inge Pett

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Daten zu Yinka Shonibare:


- African collection of contemporary art
- Art Basel Miami Beach 2013
- art basel miami beach 2014
- Biennale Venedig 2024
- Biennial of Cartagena de Indias 2014
- documenta 11 2002
- MoMA Collection
- Sharjah Biennial 2023


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Quintessenz der Dekadenz - Yinka Shonibare in der Blain Southern Galerie
Ausstellungsbesprechung: Es sind bestimmt an die hundert bunte Torten, die die gesamte Längswand des großzügigen unteren Loftraums der Blain Southern Galerie bedecken.

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