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Die eigene Süße - Dorothy Iannone in der Berlinischen Galerie

von Inge Pett (20.02.2014)
vorher Abb. Die eigene Süße - Dorothy Iannone in der Berlinischen Galerie

Dorothy Iannone, The Next Great Moment In History Is Ours, 1970, Courtesy die Künstlerin, Air de Paris, Paris, und Peres Projects, Berlin, Foto: Joachim Littkemann

Sie wollte der Welt die „eigene Süße“ zeigen. Bedingungslos „süß“, persönlich und exhibitionistisch sind daher auch die Bilder von Dorothy Iannone, in denen keine Phantasie zu wild ist, keine sexuelle Spielart ein Tabu, keine Obsession unausgelebt. Die Ausstellung „The Sweetness Outside Of Time“ in der Berlinischen Galerie gibt bis zum 2. Juni einen Überblick über Gemälde, Objekte und Bücher aus den Jahren 1959-2014.

Nach ihrem Studium der Literaturwissenschaft und der Heirat mit dem wohlhabenden Maler und Mathematiker James Phineas Upham war Iannone viele Jahre durch die Welt gereist, lebte in Japan, der Türkei und Cap d´Antibes. Als sie mit ihrem Mann sowie dem Künstler Emmett Williams 1967 nach Island reiste, sollte diese Fahrt ihr Leben grundlegend verändern. In Reykjavik lernte sie den Fluxus-Künstler Dieter Roth kennen, dem sie auf Anhieb verfiel. Iannone handelte konsequent. Sie kehrte zurück nach New York und ihrem gutsituierten Leben den Rücken, packte am drauffolgenden Tag wieder die Koffer, um gemeinsam mit Roth in Basel, London und Düsseldorf zu leben.

Obwohl sie sich im Kreis der Fluxus-Künstler um Daniel Spoerri, Robert Filliou und Ben Vautier aufhielt, blieb die Kunst der Autodidaktin davon weitgehend unberührt. Iannone umkreiste in ihren Arbeiten ausschließlich die Themen Sex und Liebe, nutzte leuchtende Farben und naive Formen und stellte die Geschlechtsorgane provokant in den Fokus, auch wenn die Figuren ansonsten vollständig bekleidet waren. So in der Serie „People“ von 1966/67, in der die Künstlerin ihre Zeichnungen auf Holz klebte, aussägte und aufstellte. Pop-Musiker, griechische Götter, japanische Samurai, Adam und Eva und Politiker – sie alle treten auf im „Welttheater“, ausgestattet mit riesigen, ornamental gestalteten Brüsten und erigierten Gliedern.

Dorothy Iannone, People (Figuren aus der gleichnamigen Serie), 1966/67, ahlers collection, © Dorothy Iannone

So ist es auch kein Wunder, dass die Werke der 1933 in Boston geborenen Wahl-Berlinerin lange Zeit regelmäßig der Zensur zum Opfer fielen; in der Stuttgarter Galerie Hansjörg Mayer etwa wurden sie 1967 von der Polizei beschlagnahmt und als Pornographie gebrandmarkt. In einer 1969 von Harald Szeemann kuratierten Gruppenausstellung in Bern forderten Künstlerkollegen sie gar auf, die Genitalien auf den Gemälden zu überkleben – was angesichts von deren ausbordenden Formaten jede Menge Klebeband erfordert hätte. Iannone konnte diese „Prüderie“ nicht fassen und zog ihre Werke zurück.

Wie überhaupt das Thema „Zensur“ für sie von gravierender Bedeutung war. Als sie 1961 mit Henry Millers erotischem Roman „Wendekreis des Krebses“ in die USA einreiste, wurde das Buch beschlagnahmt. Sie prozessierte gegen den Staat New York, gewann und der Roman wurde von der Liste genommen. In dem Buch „Censorship And The Iresspressible Drive Towards Love and Divinity“ reflektierte sie ihre Einstellung zur Zensur.

Vor allem die leidenschaftliche Beziehung zu Roth war immer wieder Fokus ihrer Kunst. In der 48-teiligen „Island Saga“ zeichnete sie die Geschichte ihrer Liebe. „Dieter ist meine Muse“ betonte sie. Dieser wiederum nannte sie „Her Lioness“. Die Rezeption hingegen sah sie lediglich als das Anhängsel Roths. „Well you´ve got tits and the ass but you´re queen and an artist“ heißt es in einer Arbeit der Serie „Dialogues“. Die Schau möchte nun zeigen, dass die Künstlerin in ihrer Arbeit eine „Utopie des Seins“ schuf, in der Spiritualität, Kunst, Liebe, Erotik, Sex und Freundschaft untrennbar verbunden sind, wie es im Ausstellungstext heißt.

Das beim Orgasmus gefilmte Gesicht der Künstlerin mag seinerzeit revolutionär gewesen sein. Doch was will uns im Jahre 2014 die „andere Süße“ in ihrer prallen Direktheit sagen? Iannone mag als starke, selbstbestimmte, sexuell hemmungslos befreite Frau sicherlich ein interessantes Zeitphänomen darstellen. Doch erscheint es nicht reichlich ambitioniert, ihr mit einer teils durchwachsenen Fülle von 150 Werken kunsthistorischen Rang nachzuweisen?

Leicht sehnsuchtsvoll erinnert sich der ermüdete Ausstellungsbesucher vielleicht an die hochkarätige Ausstellung „Wien Berlin. Kunst zweier Metropolen“, die noch bis vor kurzem die Wände des Landesmuseums schmückte.

ÖFFNUNGSZEITEN
Mittwoch–Montag 10:00–18:00 Uhr
Dienstag geschlossen
geschlossen am 24.12. und 31.12.

BERLINISCHE GALERIE
Alte Jakobstraße 124–128
10969 Berlin
www.berlinischegalerie.de

Inge Pett

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Daten zu Dorothy Iannone:


- Art Basel 2013
- Art Basel 2016
- Art Basel Hong Kong 2016
- Art Basel Miami Beach 2013
- art basel miami beach 2014
- daad Stipendiat
- Frieze London 2022
- Peres Projects - Gallery
- Whitney Biennale 2006


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Titel zum Thema Dorothy Iannone:

Die eigene Süße - Dorothy Iannone in der Berlinischen Galerie
Ausstellungsbesprechung: Sie wollte der Welt die „eigene Süße“ zeigen. Bedingungslos „süß“, persönlich und exhibitionistisch sind daher auch die Bilder von Dorothy Iannone, in denen keine Phantasie zu wild ist, keine sexuelle Spielart ein Tabu, keine Obsession unausgelebt.

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