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19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

Musikalisch pervers, historisch verdreht und politisch unkorrekt

von Inge Pett (12.05.2015)
vorher Abb. Musikalisch pervers, historisch verdreht und politisch unkorrekt

Courtesy Alexander Ochs Private

Das Rosenberg Museum zu Gast bei Alexander Ochs Private

Was wiegt schwerer? “Le Sacre de Printemps” von Igor Stravinsky oder Kate Bushs „Running up that Hill“? Hans W. Koch kann das exakt ermitteln. Der Düsseldorfer Dozent für Hybrid Sound Composition hat die „Leichte Muse“ entwickelt, einen „Apparat zur relativen Bestimmung des Gewichts von Musik“. Auf der computergesteuerten Waage fällt Stravinsky übrigens mehr ins Gewicht.

Heino gegen Mozart, Blockflöten gegen Heavy Metal … Koch vergleicht und wiegt alles - unter begeisterter Anteilnahme der geladenen Gäste, die sich am 6. Mai zur Eröffnung „Rosenberg Museum“ bei Alexander Ochs Private eingefunden hatten. Für gut zwei Wochen hängt die großzügige Charlottenburger Altbauwohnung des Kunsthändlers Alexander Ochs und seiner Frau Kathrin Barwinek sozusagen voller Geigen. Hat sich verwandelt in ein kunstvoll arrangiertes, begehbares Sammelsurium von absurd montierten Violinen à la Duchamp, wie etwa einer Doppelgeige mit gemeinsamem Griffbrett, einer Blechblasvioline oder einer von der Decke hängenden Kamikaze-Geige. Oder auch von Fidel-Kitsch jeglicher Couleur: Vom bunt zusammengewürfelten Engelchen-Orchester bis hin zu einer Galerie pinker Plastikgeigen-Wanduhren. Fotografien, Videos, gestapelte Schallplatten, Fundstücke aller Art wie Briefmarkenalben, Postkarten ... wohin man sich wendet, Streichinstrumente spielen das Leitmotiv.

Was nicht verwundert, ist doch eine Violinisten-Dynastie Namensgeber des „Rosenberg Museum“. Die Rosenbergs stammen aus Wagga Wagga, Australien. Zu ihren bedeutendsten Vertretern zählen der Komponist, Musikforscher und „Dekomponist“ Dr. Johannes Rosenberg, der legendäre Bebop Geiger Jo 'Doc' Rosenberg und zuletzt Jimmi Rosenberg, der vom Country & Western-Star zum Hard Core Heavy Metal-Musiker mutierte ….


Courtesy Alexander Ochs Private

Dem Berliner Publikum ist das vom britischen Improvisationskünstler Jon Rose ins Leben gerufene Rosenberg-Museum schon lange vertraut. So präsentierte der ausgebildete Geiger, der mit seinem Violinbogen zuweilen auch Zaundrähte streicht, seine Museumsbestände etwa 1986 im Künstlerhaus Bethanien oder 1998 im Podewil. Unter dem Titel „Dysfuntionalismus“ ist die Sammlung der Violinen-Artefakte, „die all das zelebrieren, was musikalisch pervers, historisch verdreht und politisch unkorrekt ist“, nun bei Alexander Ochs Private ein letztes Mal in Berlin zu sehen. Dann will Rose das Museum nach Australien verschiffen.

Ein „dysfunktionales Museum für eine dysfunktionale Spezies“, betonte Ben Patterson, der die Einführungsrede hielt. Neben Yoko Ono ist er der letzte große Fluxus-Künstler und zudem intim vertraut mit der Geschichte der Rosenbergs. Einer seiner Urururur-Ahnen habe bereits auf einer Plantage der Familie gearbeitet, so der Afroamerikaner. Auch wusste Patterson Absurdes aus der 80-Seelen Stadt Violin in der Slowakei zu berichten, wo das Museum ursprünglich ansässig war. Doch nach einem verlorenen Fußballspiel des Lokalclubs gegen ein internationales Team von Geigern (3:1) bedrohten die Bürger das Leben des Direktors. Das Museum zog fort.
„Einige mögen denken, ich erfinde das alles“, erriet Patterson beim Blick auf die amüsierten Gesichter seiner Zuhörer. Nichts jedoch läge ihm ferner, beteuerte er und deutete in die Ausstellung. Schließlich sei die unzweifelhaft wahre Historie der Rosenbergs und ihres Museums hier penibel dokumentiert.


Courtesy Alexander Ochs Private

Den Abschied des Rosenberg-Museum von Berlin beging Jon Rose dann mit einer Weltpremiere: Einem Konzert für Data Violin Robot und Streichquintett. Dafür arrangierte Rose einen Filmschlager aus den 1930er Jahren: „Pennies from Heaven“. Die Partitur für die zweisaitige, von Martin Riches
und Sukanda Kartadinata gebaute und programmiert Roboterbratsche stammt von Google, Facebook, der Grillhähnchenkette El Pollo Loco und noch sieben anderen Unternehmen, deren Aktien an der Wallstreet gehandelt werden. Über das Internet wurden die Kurse in Echtzeit zum Takt- und Tongeber des Konzerts bei Alexander Ochs Private. Jede Transaktion ein Ton. So korrespondierte die musikalische Installation mit dem Ensemble um Jon Rose und Hollis Taylor (Violine), Shasta Ellenborgen (Bratsche), Nora Krahl (Cello) und Meinrad Kneer (Kontrabass). Musik, so wunderbar bizarr wie das gesamte Rosenberg-Museum.

Jon Rose – The Rosenberg Museum in Berlin
Noch bis zum 21.5. bei
Alexander Ochs Private
Schillerstraße 15, Berlin-Charlottenburg
alexanderochs-private.com
Anmeldung unter: 030-450 868 78

Inge Pett

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Titel zum Thema Rosenbergmuseum:

Musikalisch pervers, historisch verdreht und politisch unkorrekt
Ausstellungsbesprechung: Das Rosenberg Museum zu Gast bei Alexander Ochs Private

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