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Auf der Suche nach dem Vater - Father Figures are hard to find in der nGbK

von Inge Pett (30.04.2016)
vorher Abb. Auf der Suche nach dem Vater - Father Figures are hard to find in der nGbK


Aleksandra Mir, Astronaut #09-054, 2009, © Aleksandra Mir

„Goodbye Familie als Reproduktionsverband, goodbye Väter der Moderne, goodbye Vaterschaft nur für heterosexuelle Männer“. Es ist das traditionelle Bild des Vater und Patriarchen, von dem sich die Kuratoren Alicia Agustin, Raoul Klooker, Markues, Tucké Royale und Vince Tillotson verabschieden. Und dabei nach „queeren“ Alternativen suchen … „Father Figures are hard to find“ haben sie daher eine Ausstellung betitelt, die bis zum 30. April in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) in Kreuzberg zu sehen ist.

Ein Song von George Michael aus dem Jahr 1987 hatte den Impuls gegeben, sich mit dem Thema der Vaterfigur zu beschäftigen. „I will be your father figure“, sang Michael damals, „I will be the one who loves you till the end of time“. Doch wer kann heute eine Vaterfigur darstellen? Sind diese wirklich so schwer zu finden, wie der Titel suggeriert.

„Wir wollen das Klischee humorvoll umwandeln, wobei wir uns im Spannungsfeld von Affirmation und Rebellion bewegen“, betont Alicia Agustin, „Doch wir nehmen die Wunde mit“. Die Ausstellung startet ironisch, nämlich mit mehreren Paaren ordentlich aufgehängter „Dad Jeans“. Was das ist? „Hosen, die oben zu hoch sind und unten zu kurz, typische Vater-Jeans halt“, klärt Agustin auf. Weltberühmt wurde die mehr bequeme als hippe Dad Jeans durch Barack Obama, auch wenn dieser entgegnete, in Blue Jeans „very sharp“ auszusehen. In Denim-Blau ist daher auch durchgehend die Wandbespannung der Ausstellung gehalten, deren Aufteilung im Übrigen einer Gemäldegalerie des 19. Jahrhunderts nachempfunden ist.

Mit seinem wirklichen Vater, Ulrich Mühe, hat sich dessen Sohn Konrad Mühe posthum in dem sensiblen Film „Fragen an meinen Vater“ auseinandergesetzt. Er hat Filme des berühmten Schauspielers gesichtet und Ausschnitte zusammengeschnitten, die ihm scheinbar seine Fragen beantworten. „Ich glaube, Du kannst nicht anders“, äußert Mühe oder „Dafür bin ich nicht zuständig“, aber auch „Der Tod legt alle Geheimnisse offen“. Am Ende des Films schlägt eine Tür hinter Mühe zu und die Leinwand verdunkelt sich. Konrad Mühe selber kommt, anders als der Filmtitel vermuten lässt, an keiner Stelle zu Wort. Der Film ist Hommage und Abschied zugleich. Welche Fragen Konrad Mühe an den 2007 an Krebs verstorbenen Vater hatte, erfährt der Zuschauer jedoch nicht.

Seinen ebenfalls an Krebs erkrankten Vater hat der Maler Timothy Archer kurz vor dessen Tod porträtiert. Das Gesicht ist von Zerbrechlichkeit gezeichnet. Mit expressiven Farben und Formen hält Archer den Vater als eine Art Grundenergie fest. Vor dem Dilemma, zwei und gleichzeitig keinen Vater zu haben, steht hingegen steht Sean Crossley, der sich in einem großformatigen Triptychon, in die er u.a. persönliche Dokumente eingearbeitet hat, mit seiner eigenen künstlich erfolgten Zeugung auseinandersetzt.


Rotimi Fani-Kayode, Nothing to Lose IX (Bodies of Experience), 1987, © Rotimi Fani-Kayode, Courtesy of Autograph ABP

Homoerotische Fantasien hingegen lebt der nigerianische Rotimi Fani-Kayode aus, der Masken und andere rituelle Artefakte aus ihrem Kontext löst. Gleichzeitig spielt er damit auf die Heroen der Klassischen Moderne an, die religiöse Objekte der „primitiven“ Völker auf das Formalästhetische reduziert haben.

Für eine Kirche geschaffen wurden die Heiligenfiguren Michaela Meises. Dabei stellt eine der beiden Andachtsfiguren aus Keramik die eher unbekannte heilige Marta dar, die gemeinsam mit Maria Magdalena über das Mittelmeer in Südfrankreich kam und dort einen Drachen besiegte. Überhaupt erinnert Meise daran, dass die ersten Christen in einem Boot übers Meer setzten. Ist es, so suggeriert die Künstlerin dem Betrachter, angesichts einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, nicht an der Zeit, neue Heilige zu finden?

Ebenfalls mit der christlichen Ikonographie spielt Aleksandra Mir in ihrer „Ikone“. Über einer Gruppe männlicher Astronauten – alle in silberner Ausrüstung mit Helm, dem Synonym für Männlichkeit und Entdeckertum schlechthin – wacht eine goldene, von Engeln flankierte Muttergottes mit dem Kind.


Lili Benson/Cassandra Guan, The Filmballad of Mamadada, 2013, © Lily Benson Cassandra Guan

Äußerst feminin hingegen erscheint eine fünfteilige Arbeit von Heike-Karin Föll, die nach eigenen Worten „getrocknete Blumen in Buchstaben gezwungen hat“. ´Douglas Crimp` steht auf einer der Leinwände geschrieben. Dem homosexuellen Theoretiker gegenüber stellt Föll, die sich bewusst für die kleinteilige manieristische Arbeitsweise entschieden hat, Anita Pallenberg, ein berühmtes Groupie der Rolling Stones. Als dritte Möglichkeit bietet die Künstlerin zudem eine „Miss Nietzsche“ an. Mit „And“ bzw. „Or“ können ein oder mehrere Vorbilder gewählt werden. Gleichzeitig könnte das Motto die gedankliche und gefühlte Grundströmung dieser Ausstellung sein, die sich vielschichtig, teils tiefgründig auf die Suche nach alternativen Vaterbildern macht.

19. März - 1. Mai 2016

nGbK neue Gesellschaft für bildende Kunst
Oranienstraße 25
10999 Berlin

Ausstellungsraum:
Täglich 12–19 Uhr
Mi–Fr bis 20 Uhr

Inge Pett

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