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Körper und Seele, Bild und Maske - Wiedereröffnung des Georg Kolbe Museum

von Dr. Barbara Borek (10.06.2016)
vorher Abb. Körper und Seele, Bild und Maske - Wiedereröffnung des Georg Kolbe Museum

Auguste Rodin, Hanako, Typ E Gips, 1907-1910, Agence photographique du Musée Rodin, Bild Pauline Hisbacq, Ausschnitt

In den letzten Monaten wurde das Georg Kolbe Museum umfassend und sorgfältig saniert und umgestaltet. Ein sehr gelungenes Projekt, das private Haus feiert seine Wiedereröffnung nun mit einer Doppelausstellung: Gezeigt wird eine Auswahl von Werken des Bildhauers aus der Sammlung sowie eine Ausstellung zu Auguste Rodin und seinem letzten wichtigen Modell, der japanischen Tänzerin Hanako. Eine inspirierende Begegnung im ehemaligen Atelier Georg Kolbes mit bekannten Werken und Neuentdeckungen.

Die junge Frau stützt das Kinn auf ihre Hände, die Konturen des Oberkörpers angedeutet, der Blick nach innen gerichtet. Im Porträt von Hanako (um 1906-07, Aquarell und Graphitstift auf Velinpapier, Musée Rodin, Paris) gibt Rodin dem Gesicht der Tänzerin einen zarten, zugleich kraftvollen Ausdruck. Auch der kleine Bronzekopf Hanako (Typ D, 1907-1908, Musée Rodin, Paris) zeigt die zierliche Japanerin hoch konzentriert, den Mund leicht geöffnet, die Augen zusammengezogen. Beide Exponate gehören zum Hanako-Zyklus, einer Serie von Porträts und Masken sowie Zeichnungen, die der französische Bildhauer zwischen 1906 und 1911 schuf. In Kooperation mit dem Musée Rodin präsentiert das Kolbe Museum erstmals diesen in Deutschland bisher wenig erforschten Werkzyklus.


Ausstellungsansicht: Auguste Rodin und Madame Hanako, Foto Enric Duch


Madame Hanako, wie sich die Tänzerin Hisa Ôta (1868-1945) nannte, zog Anfang des 20. Jahrhunderts durch Europa, begeisterte in den Theatern von Paris und Moskau, London und Berlin das Publikum. Ihr Selbstbewusstsein als eine Frau, die aus dem asiatischen Kulturraum und einer engen Gesellschaft kam sowie nachdrücklichen Auftritten wie der berühmten Hara-Kiri-Szene, u.a. aufgeführt 1908 in Berlin, inspirierten Rodin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit ihrer Tanz- und Theaterkunst. Fast 60 Büsten, Köpfe und Masken schuf Rodin nach Hanko sowie eine große Anzahl von Zeichnungen. Rund 50 Exponate aus dem Musée Rodin in Paris führen noch bis zum September im Kolbe Museum in die Welt der Bühne und des Tanzes, der Emanzipation und der Moderne.

Beide, Rodin und Hanako waren, so die Ko-Kuratorin der Ausstellung, die Münchner Tänzerin, Choreographin und Autorin Brygida Ochaim, „auf der Suche nach innerer Schönheit und äußerer Freiheit“. In dem Zyklus und einer Vielzahl von historischen Dokumenten (z.B. Filmplakat: Maurice Lalau, La Petite Geisha, La Fondation Jérome Seydoux-Pathé, Paris), Korrespondenzen und Fotografien (z.B. Hanako mit Fächer, Theaterwissenschaftliche Sammlung Köln), die ebenfalls gezeigt werden, begegnen sich die Kulturen, die Künste und die Körperbilder, treffen sich Rodins Interesse für Asien und Hanakos Inszenierungen. August Rodin (1840-1917) sah die Japanerin erstmals im Juli 1906 auf der Kolonialausstellung in Marseille. Er „entdeckte etwas im Gesicht der zierlichen Person“, so Julia Wallner, das ihn „für lange Zeit nicht mehr loslassen sollte.“ Der Bildhauer schuf, erläutert François Blanchetière, Sammlungskustos vom Musée Rodin, inspiriert und „fasziniert von der Präsenz der Tänzerin“, in den folgenden Jahren seinen größten thematischen Zyklus.


Auguste Rodin: Porträt von Hanako 1906 -1907, Musée Rodin Paris, Bild: Jean de Calan


Die intensive Auseinandersetzung Rodins mit Hanako und ihren für europäische Augen sehr fremde Tanz- und Theaterdarbietungen, in denen ihr Körper als Träger der Bewegung und ihr Gesicht als Spiegel ihrer Seele zum Publikum sprach, wird in einer Vielzahl von Porträts sichtbar. Vom Musée Rodin einzelnen Typen zugeordnet, zeigt die Ausstellung Bildnisse als Maske, Porträtkopf oder –büste aus den Materialien Gips oder Terrakotta sowie der schon erwähnten Bronze. Das Gesicht in Überlebensgröße (Hanako, Typ C, 1907-08, Gips, Musée Rodin, Paris) ist eher eine asymmetrische Maske als ein Porträt. Die Terrakotta-Maske, vorgestellt in der Ausstellung als Fotografie von Edward Steichen (Maske von Hanako, 1908, Fotografie, Platinotypie, Marmordepot Paris, Musée Rodin, Paris) lässt erahnen, über welche Ausdruckskraft das schmale Gesicht der Tänzerin verfügte.


Historische Postkarte von Hanako, versandt an einen Freund am 08. 10. 1913, Hanako Postkarte 1913, Bildarchiv Georg Kolbe Museum


Auguste Rodin und Madame Hanako beleuchtet ein Kapitel des kunstgeschichtlichen Dreiecks Paris-Japan-Berlin, führt folgerichtig auch zu Georg Kolbe in seine Bildhauerwerkstatt. Seine bei einem Atelierbesuch 1909 von Rodin erworbene Zeichnung Kambodschanische Tänzerin (aquarellierte Zeichnung, 1908) eröffnet die Ausstellung, weitere Zeichnungen und Skulpturen zum Thema Tanz ergänzen den Hanako-Zyklus.

Ein umfassender Ausstellungskatalog mit Beiträgen von François Blanchetière, Gabriele Brandstetter, Cyrielle Durox, Christiane Meister, Brygida Ochaim, Julia Wallner, Beate Wonde sowie einem historischen Text von Mori Ôgai ist im Wienand Kunstbuch Verlag erschienen.

Öffentliche Führungen finden am Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag, jeweils um 14.00 Uhr statt. Erfreulich sind die neuen Öffnungszeiten des Hauses, täglich von 10 bis 18 Uhr.

Auguste Rodin und Madame Hanako. Der französische Bildhauer und die Emanzipationsgeschichte der japanischen Tänzerin

Sammlungspräsentation Georg Kolbe. Ausgewählte Werke
bis 18. September 2016

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25
14055 Berlin
georg-kolbe-museum.de/

Dr. Barbara Borek

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