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Eine irrwitzig schöne Geschichte. Chris Newman bei Alexander Ochs Private

von Inge Pett (14.06.2016)
vorher Abb. Eine irrwitzig schöne Geschichte. Chris Newman bei Alexander Ochs Private

, Chris Newman, 2012/16, 2016, Gesso, Graphit, Acryl auf Leinwand, 50 x 40 cm, Courtesy Alexander Ochs

Die Surrealisten liebten ihn, das zeitgenössische Publikum hingegen verriss seine Werke. Der französische Schriftsteller Raymond Roussel (1877-1933) konnte sich minutenlang in der Beschreibung eines Mineralwasseretiketts verlieren oder ein imaginäres Afrika entstehen lassen, das er nie besucht hatte. Auch entwickelte Roussel eine ausgetüftelte Lesemaschine, die helfen sollte, seine Schreibtechnik, der Wortspiele und Klangassoziationen zugrunde liegen, zu entschlüsseln. Ein ungewöhnliches Werk und ein ungewöhnliches Leben…

Der in Berlin lebende Komponist, Schriftsteller und Bildende Künstler Chris Newman ist fasziniert von diesem Exzentriker aus reichem Hause, der eines Tages beschloss, in einem selbst gestalteten Wohnmobil um die Welt zu reisen. In Rom präsentierte er es Papst Pius XI. und Mussolini. Roussel führte das Leben eines unverstandenen Genies zwischen Angstzuständen und Ekstase, und er setzte ihm 1933 mit seinem Freitod ein Ende, auf einem Bett im „Grand Hôtel et des Palmes“ in Palermo.

Ein vergessener Text Roussels - „How I wrote certain of my books“ - bildet die Vorlage für zwölf Arbeiten Chris Newmans. Die 2015/16 entstandenen Bilder werden bis zum 21. Juli 2016 bei Alexander Ochs Private zu sehen sein. Es sind nahezu monochrome, weißlich bis leicht pastellfarben grundierte Leinwände, auf die der Künstler mit Pinsel und Graphit in durchgehender Linie filigrane Figuren gezeichnet hat.

„Bilder ausräumen/ einräumen“ ist bereits die dritte Solo-Präsentation des international renommierten Allround-Künstlers im Charlottenburger Salon von Alexander Ochs und Kathrin Barwinek. Doch die Zusammenarbeit geht noch weiter: Derzeit schreibt Newman im Rahmen des von Ochs initiierten Kunstprojektes „Sein.Antlitz.Körper“ eine vierzig-minütige Komposition, die im November von der Schola des Berliner Doms in der Erlöserkirche in Jerusalem uraufgeführt werden soll.

„Es ist eine irrwitzig schöne Geschichte, die sich in den Bildern verbirgt“, verrät der Galerist. Und tatsächlich offenbaren sich nach genauerem Hinschauen ikonographische Details, die auf das Leben und Werk Roussels hinweisen. Das ist das stets wiederkehrende Motiv kastenförmiger Autos, ein Bett sowie eine nackte männliche Figur, manchmal mit erigiertem Glied, die sich stets am Rande befindet, mal auf einer Weltkugel sitzend, mal die Szene mit einem Soldaten flankierend.

Und auch ein handschriftlicher Text – Newman verfasst übrigens auch sämtliche seiner Aufsätze mit der Hand - zieht sich durch die Serie: „I think people live in a more or less positive way. There are variants, but less than you think.” Selten lassen sich die Szenen entschlüsseln. Vielmehr bewahren sie ihre Rätselhaftigkeit: Eine Darstellung erinnert an Wilhelm Tell, das Motiv eines Hundes taucht mehrfach auf. Der katholische Geistliche hingegen lässt sich mit ein wenig Vorwissens als Papst Pius identifizieren.


Chris Newman, 11.30 pm (Christopher), 2016, Gesso, Graphit, Acryl auf Leinwand, 150 x 120 cm, Courtesy Alexander Ochs

Einige Bilder tragen im Titel erst eine Uhrzeit und dann den Namen Christopher, so etwa „7 am (Christopher)“. So stellt Newman bereits durch die Titelwahl einen Bezug zu seinem eigenen Leben her, verknüpft dieses mit der Gedankenwelt des phantasiebegabten französischen Schriftstellers. Die beiden Leben scheinen durch die Farbschichten hindurch miteinander zu korrespondieren, nehmen einen Dialog auf, überlappen einander, scheinen durch. Wer ist wer? Was ist was? Eindeutige Antworten gibt es nicht – und dies macht den Reiz dieser in mehrfacher Hinsicht vielschichtigen Arbeiten Newmans aus. Newman selber nennt die Kombination von eigentlich nicht zusammengehörenden Dingen durch schiere Vorstellungskraft eine „Vermählung von Himmel und Hölle.“ Der Künstler schaffe sich dadurch ein Operationsfeld im Sinne einer spirituellen Geographie:

„Es bedarf der Imagination allein schon, um dessen gewahr zu sein – und diese Einsicht entstammt eigentlich dem Kontext deiner Situation, wenn du so willst, sie entstammt sogar deren Verzweiflung und der Erkenntnis, dass der einzige Ausweg aus ihr die eigene Lächerlichkeit ist, das heißt: Gehe in deiner eigenen Region innerhalb des Kontextes der Welt zu Werke.“

Ausstellungsdauer: 8. JUNI – 29. JULI 2016

ALEXANDER OCHS PRIVATE
Schillerstraße 15
10625 Berlin
alexanderochs-private.com/

Inge Pett

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Eine irrwitzig schöne Geschichte. Chris Newman bei Alexander Ochs Private
Ausstellungsbesprechung: Der in Berlin lebende Komponist, Schriftsteller und Bildende Künstler Chris Newman ist fasziniert von Raymond Roussel, der eines Tages beschloss, in einem selbst gestalteten Wohnmobil um die Welt zu reisen.

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