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19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

Von Tulpen, Kakteen und Stühlen aus Sand – „Gemischte Gefühle“ zeigt aktuelle Kunst aus Brüssel

von Anna Wegenschimmel (05.11.2017)
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Marcel Broodthaers, Fémur d’Homme Belge, 1965

Den Aufhänger für die neue Schau „Gemischte Gefühle. Brüssel / Berlin #1“ bot ein Artikel der New York Times aus dem Jahr 2015, in dem Eimear Lynch Brüssel als das „Neue Berlin“ vorschlägt. Die günstigen Mieten, die offene Atmosphäre und die relative Nähe zu Metropolen wie Paris, London, Köln und Amsterdam locken junge Kunstschaffende nach Brüssel und machen nach Lynch das politische Zentrum Europas zu „one of the continent´s most exciting creative hubs“.


Ariane LOZE, Le Banquet, Detail, 2016, © Ariane LOZE

Hans De Wolf, Professor für moderne und zeitgenössische Kunst an der Vrije Universiteit Brussel, nahm diesen Vergleich zwischen Berlin und Brüssel zum Anlass, die Ausstellung „Gemischte Gefühle“ zu konzipieren. In Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Bethanien präsentiert er im Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof junge Künstler*innen, die in Brüssel arbeiten. 16 Positionen – neben der jungen Generation finden sich auch historische Größen wie Marcel Broodthaers oder James Ensor – setzen sich mit dem großen Themenkomplex Migration und der damit einhergehenden Frage nach Identität auseinander. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Flughafens, die schon aus Denkmalschutzgründen zweifelsohne nicht leicht zu bespielen sind, vertiefen die Thematik der Migration auf anregende Weise. Der Flughafen Tempelhof steht für eine Transitzone – ein Nicht-Ort, dessen einziger Zweck es war, Menschen von A nach B zu bringen – der diese Bestimmung aber abgelegt hat: Bis Ende 2019 werden hier Geflüchtete untergebracht, danach soll das Areal zu einem großflächigen Kulturstandort umgebaut werden.


Ivo Provoost und Simona Denicolai, To be here (happy, 2010, © Ivo Provoost und Simona Denicolai

Auf diesen ungewöhnlichen Ort nimmt Douglas Eynon in seiner Installation Bezug: eine Sandskulptur in Form eines Wohnzimmer-Stuhles lockt mit der Aussicht auf das riesige Flugfeld. Über dem Stuhl hängt eine Uhr, wie sie in Bahnhöfen oder Flughäfen zu finden ist. Daneben steht ein Eimer, in den stetig Wasser von der Decke tropft und damit das Verstreichen der Zeit während des Wartens hörbar macht.
Um die Konstruktion von Identitäten geht es in Ariane Lozes Filmserie „MÔWN (Movies on my own)“. In der gezeigten Arbeit „Le Banquet“ aus dem Jahr 2016 lässt Loze zwölf Personen für ein Dinner zusammenkommen, wobei sie jede einzelne Rolle selbst verkörpert. In der sozialkritischen Arbeit sprechen die Frauen weniger miteinander als vielmehr über sich selbst und aneinander vorbei.
In eine ganz andere Kerbe schlägt das junge Künstlerinnen-Duo „The Fine Art Collection“: Es ist mit einer vielschichtigen, auf tiefgehender Recherche basierenden Arbeit zur Migrationsgeschichte der Tulpe vertreten, die ursprünglich aus dem mittleren Osten stammt und erst später in die Türkei und die Niederlande eingeführt wurde, wo sie eine identitätsstiftende Rolle spielen sollte.
Ebenfalls einer Pflanze als Protagonisten begegnet man in der humorvollen Arbeit von Ivo Provoost und Simona Denicolai. In ihrem Film „To be here (happy)“ bringen sie einen Kaktus an seinen natürlichen Heimatort, den amerikanischen Kontinent, zurück und pflanzen ihn inmitten der kalifornischen Wüste ein.

Durch die gesamte Ausstellung hindurch lassen sich Bezüge zwischen den einzelnen Werken, zur umgebenden Architektur und zur Beziehung Berlin-Brüssel entdecken. Eine Landkarte von Belgisch-Kongo verweist beispielsweise auf Belgiens Kolonialgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die frühen Beziehungen zu Berlin: Fand doch die sogenannte Kongo-Konferenz im Jahr 1884 in Berlin statt, bei der die Aufteilung Afrikas unter den europäischen Kolonialstaaten beschlossen wurde. Dieser Abschnitt der Geschichte ist auch zentral für die Videoarbeit von Peter Krüger, in der kongolesische Kinder mit einer belgischen Eisenbahn im verwachsenen Urwald spielen.


Peter Krüger, 0-6-0T, 2008, © Peter Krüger

„Why Brussels Is The New Berlin“? Bleibt abzuwarten, was sich aus dieser Ansage noch Fruchtbares ergeben wird — die Berliner Antwort in Brüssel sei bereits in Planung, wie Hans De Wolf versichert. Jedenfalls macht die Ausstellung Lust auf den nächsten Brüssel-Besuch, um dort der These selbst auf den Grund zu gehen.


GEMISCHTE GEFÜHLE
BRÜSSEL / BERLIN # 1
9. Oktober bis 9. November 2017

Ein Ausstellungsprojekt mit:
Douglas EYNON (°1989), Roberta GIGANTE (°1986), Younes BABA-ALI (°1986), Ariane LOZE (°1988), Léonard PONGO (°1988) und The Fine Art Collection (°1990 / °1991)

Und mit Arbeiten von:
Marcel BROODTHAERS, Raffaella CRISPINO, James ENSOR, Kendell GEERS, Peter KRÜGER, Ivo PROVOOST & Simona DENICOLAI, Koen THEYS, Francis ALYS and Kris VERDONCK

Flughafen Tempelhof
Tempelhofer Damm 1 – 7, GAT C
12101 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstags bis sonntags 11:00 - 17:00 Uhr
Eintritt: frei

Anna Wegenschimmel

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Titel zum Thema Gemischte Gefühle:

Von Tulpen, Kakteen und Stühlen aus Sand – „Gemischte Gefühle“ zeigt aktuelle Kunst aus Brüssel
Nur noch bis Donnerstag, den 9.11.17, im Flughafen Tempelhof ...

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