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19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

Australische Kunsttraditionen im Me Collectors Room

von Barbara Borek (30.03.2018)
vorher Abb. Australische Kunsttraditionen im Me Collectors Room

Indigenous Australia: Masterworks from the National Gallery of Australia, 2017, me Collectors Room Berlin, Photo: Lidia Tirri

Die aktuelle Ausstellung in der Auguststraße lädt in den nächsten Monaten zu einem Ausflug in die australische Kulturlandschaft ein. Erstmalig werden in Deutschland Gemälde, Fotografien, Skulpturen und Videoarbeiten aus der National Gallery of Australia/ Canberra gezeigt. Sie verfügt über die weltweit größte Sammlung von Kunstwerken der Völker der Aborigines und der Torres-Strait-Insulaner. Rund 100 Werke aus 200 Jahren vermitteln einen Einblick in die große künstlerische Vielfalt des Kontinents und veranschaulichen einmal mehr: Es gibt nicht die eine Kunst der indigenen australischen Völker.
„Unsere Kunst wird schnell in eine Schublade gesteckt“, so Kuratorin Franchesca Cubillo, NGA Senior Curator of Aboriginal and Torres Strait Islander Art „doch es existieren ganz unterschiedliche Epochen, Kunststile, Techniken.“ Die Auswahl der Werke führt vom 19. Jahrhundert zu zeitgenössischen Arbeiten, von der Darstellung alltäglicher Verrichtungen über traditionelle Bräuche und mythologische Riten bis zu der multimedialen Auseinandersetzung mit sozialen Prozessen, vom kleinen Skizzenbuch bis hin zu großformatigen Leinwänden.

So liegen in einer Vitrine Werke von Tommy McRae (ca. 1835–1901): Die Seite im aufgeschlagenen Heft (Sketchbook of Aboriginal ceremonies and everyday oberservations of Aboriginal, 1890, Füllfeder, Eisengallustinte) zeigt Aborigines und Chinesen, die in einer Goldmine arbeiten. Eine weitere Zeichnung (Meeting the white man, about 1890, Zeichnung, Reißfeder, Eisengallustinte) stellt eine erste Begegnung mit den Kolonialherren dar. Mit feinem, jedoch kräftigem Strich sind hier die Körper in kleine Szenen gestellt, die Einblicke in die Geschichte geben.

Komplexe Muster, bewegte Formen und Strukturen spiegeln die Verbundenheit der indigenen Völker zur Natur sowie mythologische und spirituelle Haltungen wider. Beispielsweise präsentiert die Ausstellung eine Zusammenstellung von Schildern aus Holz und anderen Materialien (Charlie Tjaruru Tjungurrayi (ca. 1925-1999), Schild, 20. Jh., natürliche Erdpigmente auf Holz; William Barak (1824-1903), Schild, 19. Jh., natürliche Erdpigmente auf Holz sowie Schilder unbekannter Künstler aus dem 19./20. Jh., verschiedene Medien). Auch Arbeiten ab den 1950er Jahren sind mit Naturmaterialien gefertigt, zeigen Tiere (Yirawala (1903-1976), Kundaagi, Red Plains Kangaroo, 1962, natürliche Erdpigmente auf Eukalyptusrinde) oder gestalten aus unterschiedlichen Formen und Farben großformatige Erzähl-Muster, die politisch und spirituell zugleich sein können (Paddy Jupurrurla Nelson (1919-1999); Paddy Japaljarri Sims (1917-2010); Kwentwentjay Jungurrayi Spencer (Lebensdaten unbekannt), Ynjilypiri Jukurrp: Star Dreaming, 1985, synthetische Polymerfarbe auf Leinwand).


Emily Kame Kngwarreye, Yam awely, 1995, synthetic polymer paint on canvas, 152 x 490 cm, National Gallery of Australia, Canberra © the artist, VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Die Technik der Acrylmalerei als neues Medium ging von den Künstler_innen der Papunya-Gemeinschaft aus. Auch Emily Kame Kngwarreye (1910-1996), Mitglied des Stammes der Anmatyerre und eine auf dem internationalen Kunstmarkt erfolgreichen Aborigine-Künstler_innen, zieht auf ihrem Werk Yam Awely (1995, synthetische Polymerfarbe auf Leinwand) ein Geflecht aus rotfarbigen Linien über die Leinwand. Alles scheint in Bewegung und untrennbar miteinander verwoben. Die Künstlerin begann im hohen Alter von 80 Jahren mit der Malerei und war vor allem bekannt für ihr Batik-Arbeiten.

Neben den bisher genannten Medien finden sich in der Ausstellung auch Installationen, so die Tierfiguren von Lin Onus (1948-1996). Knapp zehn Dingos, eine Hundeart, die vor Jahrtausenden verwilderte, lässt der Künstler in einer Gruppe aufeinandertreffen. Sie haben sich in einem Zaun verfangen, sind in eine Fußfalle getappt, werden aber auch von einem weiblichen Tier gesäugt. Gestaltet aus Fiberglas und farbig bemalt, transformieren die Tierfiguren zu der Situation der australischen Ureinwohner_innen und ihrer Nachkommen.


Christian Thompson, Heat, 2010, (video still), three channel digital video, sound, durations 5 minutes 52 seconds, collection of the National Gallery of Australia, Canberra

Unmittelbar, fast intim wirkt hingegen die Arbeit von Christian Thompson (geb. 1978) auf die Besucher_innen. Sein Video Heat (2010, digitale Mediendatei, 5:52 Minuten), in einem kleineren Nebenraum zu sehen, zeigt parallel nebeneinander die Gesichter dreier Frauen. Sie blicken ohne Regung aus dem Bild, lediglich ihre Haare wehen, untermalt von Musik, um ihre Köpfe. Eine beeindruckende, leise Arbeit, deren Kraft in der starken Präsenz der regungs-, jedoch nie ausdruckslosen Gesichter liegt.

Vernon Ah Kee (*1967) überführt in seiner Textarbeit Austracism (2003, digitaler Farbdruck aus digitaler Datei) die vermeintlich aufgeklärte Gesellschaft des dritten Jahrtausends in weiterhin rassistisch denkende und handelnde Individuen. Der Künstler, dessen Werke u.a. 2009 auf der Biennale in Venedig und 2015 in Istanbul gezeigt wurden, füllt eine Wand mit Aussagen wie: I´am not racist but … a lot of them can´t read and write. I´am not racist but … what about us White People. I´am not racist but … my family have been here since 200 years. I´am not racist but … Stereotype Phrasen, die in ihren mentalen Vereinfachungen Vorurteile und Klischees offenbaren, die immer wieder und überall auf der Welt zu finden sind, wo Ab- und Ausgrenzung das menschliche Miteinander definieren.

Zu der sehr empfehlenswerten Ausstellung liegt eine Publikation vor (englisch/deutsch), die für 19,90 € zu erwerben ist.

me Collectors Room Berlin / Stiftung Olbricht

Indigenous Australia: Masterworks from the National Gallery of Australia
17.11.2017 – 02.04.2018
Auguststraße 68
10117 Berlin

Mi – Mo, 12 – 18 Uhr

Barbara Borek

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