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Wie das Meer begreifen? „dark, liquid.“ in der Galerie Nord

von Anna Wegenschimmel (13.12.2017)
vorher Abb. Wie das Meer begreifen? „dark, liquid.“ in der Galerie Nord

Raumansicht mit Arbeiten von von Reiner Maria Matysik und Rona Lee (und ganz hinten an der Wand von Jenny Michel)

Das Meer. Neben dem Strand als Urlaubsdestination spielt das Meer im medialen Diskurs vor allem eine ethisch-politische Rolle, wenn es im Zusammenhang mit ertrunkenen Geflüchteten, der Plastikverschmutzung oder dem steigenden Wasserspiegel aufgrund des Klimawandels ins Treffen geführt wird. Diese Themen verhandelt die am Freitag eröffnete Schau in der Moabiter Galerie Nord jedoch nicht. Stattdessen steht das Meer als dem Menschen fernste und unzugänglichste Umgebung auf unserem Planeten im Zentrum, wie auch der Titel – bestehend aus zwei Eigenschaften einer schwer fassbaren Materie – andeutet: „dark, liquid.“. Die Ausstellung konzentriert sich auf die wissenschaftliche Erforschung des Meeres und die Frage, wie wir Wissen über dieses allgegenwärtige und dennoch dunkle, flüchtige Phänomen generieren.

Julia Heunemann hat dafür als wissenschaftliche Volontärin der Galerie Nord und Kuratorin der Ausstellung Werke von Angela Glajcar, Rona Lee, Reiner Maria Matysik, Jenny Michel, Gregor Peschko und Roger Wardin ausgewählt. Die Werke stehen wissenschaftlichen Exponaten gegenüber wie einem Handlot, einem Strömungsmessgerät, einem Tauchroboter oder Tierpräparaten, wodurch die Schau an eine maritime Wunderkammer erinnert, in der Kunst und Wissenschaft gleichwertig präsentiert werden. Bei den Exponaten handelt es sich um Leihgaben des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel. Schon die Schaufenster mit Seekarte, Schiffskompass, Haigebiss und Sedimentgreifer zur Gewinnung von Gesteinsproben mögen so manchen vorbeischlendernden Menschen verwundern, wird in der Galerie doch sonst zeitgenössische Kunst gezeigt.


Raumansicht mit Arbeiten von Angela Glajcar, Rona Lee

Die ist in den inneren drei Räumen auch zu sehen, und zwar in 14 Werken der genannten sechs Künstler*innen, die sich auf vielschichtige Weise und in unterschiedlichen Medien mit der Beschaffenheit des Meeres auseinandersetzen. Die Tiefe des Meeres stellt etwa die britische Künstlerin Rona Lee in den Vordergrund, wenn sie einen schwarzen Faden von 11.000 Meter Länge und damit der Tiefe des Marianengrabens um eine Säule wickelt. Das Meer als Raum, in dem spezifische physikalische Gesetze gelten, thematisieren die Gemälde des Berliner Künstlers Roger Wardin, der mittels Salz chemische Prozesse auf der Leinwand auslöst, die Eigenständigkeit entwickeln und sich seiner Kontrolle entziehen. Direkt gegenüber setzt Heunemann einen akustischen Auslöser für Tiefseeverankerungen damit in Beziehung, der dem Druck in einer Tiefe von 4.800 Metern nicht standgehalten hat und implodiert ist. Reiner Maria Matysik hingegen widmet sich den Bewohnern des Meeres und schafft Skulpturen aus Wachs, die wie stark vergrößerte Modelle von surrealen Organismen anmuten. Auf einem weißen Podest wie in einem Diorama platziert, treten sie in einen Dialog mit Präparaten eines Igelfisches und einer Steinkrabbe.


Raumansicht, "Traps" von Jenny Michel

Alles was wir über die Tiefen des Meeres wissen, ist punktuelles Wissen, das von Messgeräten zu Tage gefördert wird und das sich meist in Zahlen manifestiert, wie Heunemann erklärt. Übersetzungsvorgänge des Kartierens, des Visualisierens oder des Hörbar-Machens finden dabei statt. In einem mittels schwarzen Vorhängen zur Black Box umfunktionierten Raum zeigt Rona Lee ihre Videoarbeit „Ama“, in der das Lesen von Blindenschrift mit der Kartierung des Meeresbodens in Verbindung gebracht wird. Daneben ist in einer Vitrine ein sogenannter „Echolotstreifen“ zu sehen, ein Aufzeichnungsgerät für Schallimpulse, der Schall sichtbar macht und damit, ebenso wie die Blindenschrift, den Zweck einer Übersetzung von Unsichtbarem in Wahrnehmbares erfüllt. In eine ähnliche Kerbe schlägt die in Berlin arbeitende Künstlerin Jenny Michel mit ihrer Installation „Traps“, die in Form eines riesigen Netzwerkes mit Kupferdrähten versehen die Signale des Raumes aufnimmt und akustisch hörbar macht.

Insgesamt stellt „dark, liquid“ eine sehr kluge Ausstellung dar, die sowohl durch die Auswahl der Werke, der gelungenen Präsentation als auch durch die inhaltlich gut nachvollziehbare Gegenüberstellung von künstlerischen mit wissenschaftlichen Exponaten überzeugt. Große Empfehlung – nicht nur für Meeresforscher*innen!

„dark, liquid.“
Galerie Nord / Kunstverein Tiergarten
Turmstraße 75, 10551 Berlin
Öffnungszeiten: Di – Sa, 13 – 19 Uhr
Eintritt frei

Anna Wegenschimmel

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