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19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

„Covered in Time and History“: Die Filme von Ana Mendieta

von Inge Pett (21.04.2018)
vorher Abb. „Covered in Time and History“: Die Filme von Ana Mendieta

Ana Mendieta
Sweating Blood, 1973
Super 8 Film, Farbe, ohne Ton
Foto: The Estate of Ana Mendieta Collection, LLC.,Courtesy Galerie Lelong & Co.




„Don´t leave your passions at home“, überlegte sich Stephanie Rosenthal, folgte ihrer Leidenschaft für die Künstlerin Ana Mendieta und brachte deren Filmwerk in den Berliner Gropius Bau. In dessen unglaublicher Zeitgemäßigkeit seien die Filme noch zeitloser, würdigt die neue Direktorin Mendietas Werk. In ihren Filmen repräsentiere die gebürtige Kubanerin nicht nur den weiblichen Körper, sondern den Körper und die Vergänglichkeit des Menschen schlechthin.

Bis zum 22. Juli zeigt die Ausstellung „Covered in Time and History“ eine Auswahl von 21 Filmen aus dem Werk der Künstlerin. Insgesamt sind es 104 Filme, die gerade erst im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojektes aufgearbeitet und digitalisiert worden waren.

Viele Geschichten und Mythen ranken sich um Ana Mendieta, die mit dem minimalistischen Künstler Carl Andre verheiratet war. Als Ikone der feministischen Kunstszene wird sie oft in einem Atemzug mit Eva Hesse und Louise Bourgeois genannt. Auf tragische Weise trug ihr tödlicher Sturz vom Balkon eines New Yorker Hochhauses im Jahr 1985, dessen Umstände nie geklärt wurden, zu den Legenden um Mendieta bei.

Die von Lynn Lukkas und Hoeward Oransky (Gallery an der University of Minnesota) kuratierte Ausstellung lässt in erster Linie das Werk Mendietas selber sprechen, das zwischen den Disziplinen Body-Art, Land-Art und Performance-Art anzusiedeln ist.

Mendieta, Tochter eines konterrevolutinären Aktivisten aus Havanna, war im Alter von zwölf Jahren gemeinsam mit ihrer Schwester von den Eltern nach Iowa geschickt worden – aus Gründen der Sicherheit. Dort lebten die Mädchen in Waisenhäusern und Pflegeheimen, bis fünf Jahre später die Mutter nachkam. Es war die Zeit der Pubertät, die zudem geprägt war von Heimweh und Orientierungslosigkeit angesichts einer fremden Kultur.


Ana Mendieta
Blood Writing, 1974
Super 8 Film, Farbe, ohne Ton
Foto: The Estate of Ana Mendieta Collection, LLC.,Courtesy Galerie Lelong & Co.


Das Gefühl des Andersseins, Nicht-Dazugehörens setzte sich fort, als Mendieta sich während des Malereistudiums mit einem von weißen Männern dominierten Kunstbetrieb konfrontiert sah. Auch in der überwiegend weißen Frauenbewegung fand die Lateinamerikanerin kein Zuhause. Mendieta fühlte sich „doppelt diskriminiert“ und merkte, dass die Malerei für sie nicht länger das äquivalente Medium war, sich auszudrücken. „Ich habe das Gefühl, dass mein ganzes Leben von Kräften bestimmt wird, die sich meiner Kontrolle entziehen“, schrieb sie damals. „Vielleicht ist mein Wunsch, Kontrolle zu übernehmen, deshalb so groß.“

Diesen Wunsch verfolgte Mendieta mit einer bemerkenswerten Strategie und setzte den coolen Materialien und technischen Praktiken des Minimalismus etwas Organisches, Weiches entgegen: den eigenen Körper.

So arbeitete sie auch mit Blut, dass für sie etwas „sehr Mächtiges und Magisches“ darstellte und nicht negativ besetzt war. Den Arbeiten mit Blut, die zwischen 1972 und 1975 entstanden, ist der erste Raum im Gropius Bau gewidmet. „Sweating Blood“, so der Titel eines Films von 1973. Das Gesicht der Künstlerin mit den streng gescheitelten Haaren und nach hinten gebundenen Haaren ist frontal zur Kamera gerichtet, die Augen sind geschlossen. Während das Gesicht völlig entspannt ist, fließt Blut über die Stirn Mendietas. Erst nach Sekunden nimmt der Betrachter ein minimales Zucken des linken Lids wahr, das Atmen der jungen Frau vollzieht sich fast unmerklich. Es ist ein wunderschönes, ebenmäßiges Gesicht, das uns hier ungeschützt aus nächster Nähe begegnet: ein Madonnenantlitz, eine Ikone.

Doch die „Madonna“ gibt an, auch eine dunkle Seite zu haben: Ein Film von 1974 zeigt, wie Mendieta langsam mit Blut den Schriftzug „The Devil is Inside Me“ an die Wand schreibt. Sie fügt die Buchstaben in eine skizzierte Silhouette ein, das „Me“ in fetten Lettern. Am Ende umarmt sie den weiblichen Umriss ihrer selbst.


Ana Mendieta
Untitled: Silueta Series, 1978
Super 8 Film, Farbe, ohne Ton
Foto: The Estate of Ana Mendieta Collection, LLC.,Courtesy Galerie Lelong & Co.


Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, fühlt in einigen der Arbeiten eine „fast schamanistische Dimension“. Und tatsächlich hat sich Mendieta intensiv mit den Traditionen und Gottheiten lateinamerikanischen Volksglaubens auseinandergesetzt.

So war etwa der Besuch einer überwucherten aztekischen Grabstätte ausschlaggebend für ihre Body-Art. Die Pflanzen auf dem Grab hätten sie „an die Zeit“ erinnert, gibt sie später an. Mendieta hatte spontan weiße Blumen besorgt, sie auf die Grabplatte gelegt und mit den Blumen zudecken lassen: „Es war, als würden sich Zeit und Geschichte über mich breiten.“

Zeitlebens hatte die Künstlerin Sehnsucht nach der verlorenen Heimat Kuba. In einer ihrer letzten Arbeiten, die 1981 am Strand von Key Biscayne in Florida entstand, sieht man den Körperabdruck Mendietas, der in Richtung Kuba weist. Der Titel der Arbeit „Ochún“, bezieht sich auf eine Gottheit der Orishas, die unter anderem für die Liebe, die Schönheit, die Weiblichkeit und die Fruchtbarkeit steht. Obwohl Ochún als die sanftmütigste unter allen Orishas gilt, ist sie die Anführerin der weiblichen Gottheiten, gleichsam akzeptiert von den männlichen Göttern.

Der Hamburger Bahnhof hatte Ana Mendietas Ehemann Carl Andre im vergangenen Jahr eine Retrospektive gewidmet. Dass Stephanie Rosenthal nun mit Mendietas Arbeit ihre Zeit beim Gropius Bau einleitet, hätte der Künstlerin sicher sehr gefallen. Die neue Direktorin hat ihre Leidenschaften nicht zuhause gelassen – und damit einen wunderbaren Start hingelegt.

Öffnungszeiten
Mittwoch bis Montag 10:00 – 19:00
Dienstag geschlossen

Gropius Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin
gropiusbau.de

Inge Pett

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Daten zu Ana Mendieta:


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- A Tale of Two Worlds 2017
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