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Wohnträume in kaltem Grau – Cécile B. Evans im Wiener mumok

von Anna Wegenschimmel (30.06.2018)
vorher Abb. Wohnträume in kaltem Grau – Cécile B. Evans im Wiener mumok

Cécile B. Evans
Production Still: AMOS‘ WORLD, 2017
Credit: Yuri Pattison


Noch bis 1. Juli zeigt das Wiener mumok Cécile B. Evans´ aktuelle Arbeit „AMOS´ WORLD: Episode One“. Die amerikanisch-belgische Künstlerin ist längst keine Unbekannte mehr in der internationalen Kunstszene, wurden ihre Arbeiten doch bereits in zahlreichen Institutionen und auf Großausstellungen gezeigt – darunter auch die 9. Berlin Biennale im Jahr 2016. In den KW aufwändig installiert, reflektierte ihre Arbeit „What the Heart Wants“ in einer nicht-linearen Erzählung der Protagonistin Hyper, was Menschsein in der digital-technologischen Gegenwart bedeutet.

Auch in „AMOS’ WORLD“ bleibt Evans als eine der erfolgreichsten Positionen innerhalb der mit dem sperrigen Begriff „Post-Internet-Art“ bezeichneten Bewegung dem Thema der virtuellen Welt und deren Einflüsse auf menschliches Empfinden treu. Die erste von drei geplanten Episoden erzählt im Duktus einer Telenovela (inklusive Intro und Cliffhanger) von Amos, einem überheblichen Architekten in Form einer animierten Puppe mit errechnetem Gesicht. Als vermeintlich großer Visionär seiner Zeit entwirft er ein progressives Wohnprojekt – „I want to change the world“ lässt der wenig sympathische Protagonist zu Beginn des 25-minütigen Videos wissen. Man betrachtet die Leinwand von einer grauen, wuchtigen Konstruktion aus, die an die Beton-Architektur im Video erinnern soll. Fünf kleine Kabinen, die mit eingezogenem Kopf betreten werden müssen und jeweils Platz für nur eine Person bieten, schotten die Betrachter*innen voneinander ab. Lediglich das Geräusch einer sich bewegenden Person neben, unter oder über einem erinnert daran, dass man diesen Komplex nicht alleine „bewohnt“.


Cécile B. Evans
Video Still: AMOS‘ WORLD: Episode One, 2017
Courtesy the artist and Galerie Emanuel Layr, Vienna


Um Isolation innerhalb einer übergeordneten Struktur dreht sich auch der Plot von „AMOS’ WORLD“: Im Laufe dieser ersten Folge werden weitere Charaktere eingeführt, allesamt Mieter*innen des von Amos entworfenen, brutalistischen Wohnkomplexes. Laut Wandtext hat sich Evans in der Ausstellung unter anderem an Le Corbusiers sogenannten Unités d’Habitation orientiert. Da ist zunächst The Secretary (verkörpert von der kanadischen Schauspielerin Anna Rose Hopkins), die mit drei lebensgroßen Narzissen (The Nargis) in einem Apartment zusammenlebt, bis diese weglaufen, um sich der Organisation „Rainbow Connection“ anzuschließen. Außerdem lebt in dem Gebäude Gloria (Xiao Wei), die mit ihrer Mutter in Gestalt eines animierten blauen Vogels über Konstruktionen von Zeit philosophiert: „She doesn´t know what time it is. Like a tooth in a mouth. How does the tooth know of the mouth’s existence? They are part of the same reality.“

Eine wichtige Rolle für das inhaltliche Verständnis spielt eine Stimme aus dem Off, die sich mit Amos in seinem Architekturbüro unterhält. The Weather stellt Amos kritische Fragen zu seinem Gebäude und offenbart das Scheitern seiner architektonischen Struktur, die er selbst als perfekt empfindet: Es macht ihn darauf aufmerksam, dass sein Plan die Bedürfnisse der darin lebenden Mieter*innen nicht beachtet oder sogar bewusst ignoriert. Die Künstlerin führt dabei teils abstruse, jedenfalls humoristische Auswirkungen eines fehlgeschlagenen Zusammenlebens ins Treffen: The Weather erzählt, dass die Bewohner*innen ihre Einheiten nie verlassen, weil sie automatisch mit Lebensmitteln versorgt werden, die Mülleimer immer voll sind, im Solarium tote Schwalben liegen und ein Gerät im Fitnesscenter den Gebäudemanager zerquetscht hat. Amos hingegen erklärt diese Unzulänglichkeiten kühl mit der Unfähigkeit seiner Mieter*innen: „The building was never about these people. The building will outlast its first users. You don´t get to choose your first users.“


Ausstellungsansicht / Exhibition view
Cécile B. Evans. AMOS’ WORLD: Episode One, mumok, 23. März bis 1. Juli 2018 / March 23, to July 1, 2018
© mumok/Klaus Pichler


Menschliche Interaktion ist in Amos´ Wohnprojekt Mangelware, vielmehr scheint Einsamkeit sein Konzept zu sein. „Personal solitude… yes. When my own door is shut, I can freely enter whatever world I want.“ Evans persifliert auf überzeugende Weise unseren gegenwärtigen Umgang mit Social Media und der virtuellen Realität im Allgemeinen, in der sich alle zusammen und doch jeder für sich selbst bewegt. Wer aber ist nun Schuld, wenn diese erschaffene übergeordnete Struktur unserer digitalen Welt zu bröckeln beginnt und an ihre Grenzen stößt? Die Struktur oder die Nutzer*innen?
Die erste Folge von „AMOS´ WORLD“ endet mit Aufnahmen von zerstörten Gebäuden und einem weinend in der Badewanne sitzenden Amos. Die entlaufenen Narzissen sitzen in einem Flugzeug und Gloria konnte Kontakt zu einer ehemaligen Bewohnerin des Hauses aufnehmen. „To be continued“ heißt es bevor der Abspann beginnt, die zweite Episode ist bereits in Arbeit.

Cécile B. Evans „AMOS’ WORLD: Episode One“
23. März bis 1. Juli 2018
mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
Museumsplatz 1, 1070 Wien
mumok.at

Anna Wegenschimmel

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Daten zu Cécile B. Evans:


- Art Basel Hong Kong 2018
- art berlin 2017
- artbasel2021
- Berlin Biennale 2016
- Biennale of Sydney 2016
- Glasgow International 2018
- Kunstverein Freiburg 2017
- Kunstverein für die Rheinlande, Düsseldorf 2015
- Moscow Biennial 2017
- Ural Industrial Biennial 2017
- ZEITSPUREN The Power of Now, CENTRE D'ART, Biel


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Titel zum Thema Cécile B. Evans:

Wohnträume in kaltem Grau – Cécile B. Evans im Wiener mumok
Von einem Ausflug nach Wien ... zu Cécile B. Evans „AMOS’ WORLD: Episode One“, mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (nur noch bis morgen zu sehen)

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