Anzeige
Boris Lurie

logo art-in-berlin.de
Berlin Daily 20.04.2024
Künstlerinnengespräch

17 Uhr: im Rahmen der Ausstellung Luise Marchand & Laura Schawelka »All Beauty Must Die« Villa Heike | Freienwalder Str. 17 | 13055 Berlin

Auf der Suche nach Ingmar Bergman. Film von Margarethe von Trotta

von Daniela Kloock (11.07.2018)
vorher Abb. Auf der Suche nach Ingmar Bergman. Film von Margarethe von Trotta

Gunnel Lindblom / Margarethe von Trotta, © Börres Weiffenbach
„Auf der Suche nach Ingmar Bergman“

R.: Margarethe von Trotta
D 2018

Das aktuelle Kino erinnert mit Margarethe von Trottas Dokumentarfilm an den weltberühmten Filmemacher, der am 14. Juli vor ein Hundert Jahren in Uppsala geboren wurde. Ingmar Bergman gilt noch heute als einer der besten Filmregisseure aller Zeiten. In Europa wie in den USA wird er gleichermaßem verehrt. Mit Filmen wie „Wilde Erdbeeren“, „Szenen einer Ehe“ oder „Fanny und Alexander“ schrieb er sich in das kollektive Gedächtnis ganzer Generationen ein. Margarethe von Trotta hatte Bergmans „Das siebente Siegel“ in Paris der späten 1950er Jahre für sich entdeckt.. Der Film beeindruckte sie dermaßen, dass sie daraufhin beschloss, selbst Regisseurin zu werden. Und auch Ingmar Bergman seinerseits wertschätzte die Regisseurin viele Jahrzehnte später. „Die bleierne Zeit“ (1981) rangierte ganz oben auf seiner Liste der Lieblingsfilme für das Göteborger Filmfestival 1994.
Es wundert also nicht, dass ausgerechnet Margarethe von Trotta gefragt wurde, ob sie nicht einen „Geburtstags“-Film machen wolle.

Doch die Hommage ist ihr leider misslungen. Vielleicht liegt der Regisseurin das Dokumentarische nicht, vielleicht war ihr auch der Respekt „Bergman war der große Gott des Kinos für mich“ im Wege. Oder die zahlreichen Produzenten sorgten für eine konzeptionelle Verwirrung. Denn es bleibt unklar, was überhaupt gesucht wird. Will Margarethe von Trotta erforschen, wo sie selbst in ihrem künstlerischen Schaffen von Bergman beeinflusst war? Dieser Ansatz wird zumindest anfänglich suggeriert, wenn sie langatmig dozierend die ersten Einstellungen des „siebenten Siegels“ kommentiert. Oder ging es darum, wie sich Filmemacher, die nie mit dem schwedischen Genie gearbeitet haben, heute von ihm beeinflusst fühlen? Das wäre die Suche nach dem filmischen Erbe Bergmans. In diese Richtung gehen die Interviews mit Ruben Östlund (The Square) oder Mia Hansen-Love und ihrem Ehemann Olivier Assayas.

Es kommen aber noch so viele andere Interviewpartner vor - Schauspieler, Drehbuchautoren, Familienmitglieder etc. –, so dass letztendlich nur ein disparater und fast oberflächlicher Einblick in das Werk und das Schaffen Bergmans entsteht. Kollegen etc. dürfen ein paar Sätze sagen, dann wird geschnitten und flux zum nächsten Gesicht übergegangen. Dazwischen sieht man Margarethe von Trotta auf den Dachgärten von Stockholm, auf verschneiten Pariser Straßen, in gepflegten Wohnzimmern, oder auf der Ostsee, um dann schlussendlich dort zu landen, wo Bergman am längsten lebte.


Liv Ullmann und Margarethe von Trotta, © Börres Weiffenbach

Die einsame schwedischen Ostseeinsel Farö war über 50 Jahre lang der Lebensmittelpunkt des Regisseurs. An einer der unwirtlichsten Ecken der Insel baute er in den 1960er Jahren sein Haus. Diese düstere und apokalyptische Landschaft, so ist es in seiner Autobiografie nachzulesen, entsprach seinen innersten Vorstellungen von Farben, Formen, von Licht, Gerüchen und Geräuschen. Hier lebte er mit Liv Ullmann, hier entstanden einige seiner Filme, die ihn berühmt machen sollten, u.a. Personna (1966), und hier starb er 2007. Margarethe von Trotta trifft dort den Bruder und einen der Söhne. Beiden aber weiß sie nichts zu entlocken, was man nicht eh schon wüsste oder ahnte. Ingmar Bergman war kein einfacher Typ, kein Familienmensch, psychisch labil, und ein extremer Womanizer. Fünfmal war er verheiratet, neun Kinder hat er. Doch mit diesen wollte er nicht viel zu tun haben. Sein ganzes Leben lang wollte er wohl selbst Kind bleiben. Ein verlorenes Kind, ein radikales Kind. Radikal in der Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft, der protestantischen Moralvorstellung, ihres Männerbildes, ihrer Erziehung. Auf seinem Nachttisch soll eine kleine Marienstatue gestanden haben zur Abwehr der nächtlichen Dämonen, die ihn in der „Stunde des Wolfes“ immer wieder heimsuchten.


Ingmar Bergman JR, Margarethe von Trotta und Daniel Bergman, © Börres Weiffenbach

Wer sich also dem Großmeister des Kinos nähern will, ist gut beraten beispielsweise auf YouTube „a conversation with Ingmar Bergman“ aufzurufen oder noch besser, einfach einige seiner Filme anzuschauen, die jetzt hoffentlich in vielen Kinos gezeigt werden.
Im deutschsprachigen Fernseh-Raum widmet einzig 3-Sat am 14. Juli Ingmar Bergman einen Abend.
In Berlin jedoch hat man das Glück im Babylon Kino bis zum 12.8. eine umfassende Retro zu goutieren. In Kooperation mit der nordischen Botschaft wurde hier ein tolles Programm zusammengestellt. Über 60 Bergman Filme werden gezeigt, frühe, relativ unbekannte Reklamefilme, ebenso wie der selten zu sehende letzte Kino-Film „Saraband“ (2003). Außerdem gibt es Live-Veranstaltungen mit vielen Gästen, u.a. wird auch Liv Ullmann erwartet. „Der Hundertjährige, der nicht verschwand“, so lautet das Sommer-Programm des Kinos, welches am 12.7. mit einer Ausstellung der schwedischen Performancekünstlerin Anna Berndtson beginnt.

Das genaue Programm ist unter
Babylonberlin.de zu finden.

Daniela Kloock

weitere Artikel von Daniela Kloock

Newsletter bestellen




top

Titel zum Thema Filmbesprechung:

ANSELM - oder warum der neue Film von Wim Wenders über Anselm Kiefer Kitsch ist
Filmbesprechung von Daniela Kloock

In den Uffizien - ein Dokumentarfilm von Corinna Belz und Enrique Sánchez Lansch
Heute auf 3SAT | 22.20 Uhr: Unsere Filmbesprechung

Die Frau des Dichters. Über die Malerin Güler Yücel.
Filmbesprechung von Daniela Kloock

Vorsichtshalber sollten wir davon ausgehen, dass wir alle in Gefahr sind
Filmbesprechung: „Wir könnten genauso gut tot sein“ ist der erste Langfilm und Abschlussfilm (HFF) der Regisseurin Natalia Sinelnikova. Schon allein der Titel erregt Aufmerksamkeit, das Thema erst recht.

Sag mir, wo die Blumen sind…
Filmbesprechung: „Hive“ – das preisgekrönte Filmdebut der albanisch-kosovarischen Regisseurin Blerta Basholli

MONOBLOC – wie ein Plastikstuhl sein Image verändert
Filmbesprechung: In den Sommermonaten hat der Monobloc seinen großen Auftritt. Beim Grillfest, in der Strandbar, auf dem Campingplatz oder Balkon, vor der Eisdiele oder Fritten Bude, überall begegnet man dem weißen Plastikstuhl.

Jahresrückblick: Unsere besten Filmbesprechungen
Für Kunst+Film ist bei art-in-berlin Daniela Kloock zuständig. Hier eine Auswahl ihrer Filmbesprechungen 2021.

Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit. Ein Film von Julia Lokshina
Filmbesprechung: Um den Bedarf an Steaks, Koteletts und Schinken abzudecken, werden hierzulande 55 Millionen Schweine geschlachtet.

Im Land meiner Kinder
Filmbesprechung: Der Film geht existentiellen Fragen zu Identität, Integration und Selbst- und Fremdwahrnehmung nach. Polemik oder erzieherischer Impetus - welcher so viele deutsche Filme zu dem Thema charakterisiert, bleiben außen vor.

Unsere besten Filmbesprechungen 2020
Besprochen von Daniela Kloock, die sich auf art-in-berlin Fotografieausstellungen sowie Veranstaltungen im Kunstkontext widmet und vor allem leidenschaftlich Filme schaut.

Urlaub in einer ganz anderen Zeit - "Schönheit und Vergänglichkeit“ von Annekatrin Hendel
Filmbesprechung: Schräge Vögel, Individualisten und jede Menge Außenseiter fanden sich in der Subkultur Ostberlins der 1980er Jahre. (Daniela Kloock)

SIBERIA von Abel Ferrara
Filmbesprechung: Seit dieser Woche in den Kinos: SIBERIA.

Undine. Der neue Film von Christian Petzold
Filmbesprechung: „Wenn du mich verlässt, muss ich dich töten“, sagt eine Frau zu dem ihr gegenübersitzenden Mann, in einem idyllischen Straßencafé, an einem Sommertag. ...

Das Wachsfigurenkabinett
BERLINALE Galavorstellung: Das Wachsfigurenkabinett (1924) mit Live-Musik am Freitag 17.30 Uhr einmalig im Friedrichstadtpalast. Unsere Filmbesprechung ...

J´accuse (dt. Verleihtitel „Intrige“) von Roman Polanski
Filmbesprechung: Der Film ist ein Meisterwerk. Ein Film für die große Leinwand, Bilder voller kompositorischer Schönheit - mit Tiefe, mit Stimmung - eine kunstvolle Choreographie, beeindruckende Plansequenzen und ein toller Erzählrhythmus.

top

zur Startseite

Anzeige
Alles zur KI Bildgenese

Anzeige
Magdeburg unverschämt REBELLISCH

Anzeige
artspring berlin 2024

Anzeige
Responsive image

Anzeige
SPREEPARK ARTSPACE

Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
a.i.p. project - artists in progress




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Kommunale Galerie Berlin




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Verein Berliner Künstler




© 1999 - 2023, art-in-berlin.de Kunstagentur Thomessen Hartlieb-Kühn GbR.