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Berlin Daily 25.04.2024
Künstlerinnengespräch

19 Uhr: moderiert von Helen Adkins imRahmen der Ausstellung "approaching world" mit Arbeiten von Birgit Cauer, Nathalia Favaro, Kati Gausmann, Juliane Laitzsch und Muriel Valat-B. Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten | Turmstr. 75 | 10551 B

Die Braut trug Gehäkeltes – Ausstellung im PalaisPopulaire erinnert an den Sommer der Liebe

von Inge Pett (26.10.2019)
vorher Abb. Die Braut trug Gehäkeltes – Ausstellung im PalaisPopulaire erinnert an den Sommer der Liebe

Birgitta Bjerke (100% Birgitta) (*1940), Hochzeitskleid, 1972, Wolle gehäkelt, Collection of Barbara Kayfetz, Foto: Image Courtesy of the Fine Arts Museums of San Francisco, Copyright: © 100 % Birgitta (Bjerke)

Es war ausgerechnet die bürgerliche Erziehung der 1950er-Jahre, die vielen Hippies den Nährboden bot, ihre Kreativität auszuleben und ihre eigene Mode zu kreieren. „Etwa 85 Prozent der jungen Frauen in San Francisco beherrschten die Handarbeit“, erklärt Colleen Terry, Kuratorin für Kostüme und Textile Kunst am Fine Arts Museums of San Francisco. So fertigten die Kinder der Flower Power Bewegung ihre Mode selber – von den Hosen mit farbigem Einsatz, geweiteten Jeans bis hin zu Kitteln in psychodelischen Farben.

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Jill D´Alessandro hat Terry die Ausstellung Summer of Love. Art Fashion, and Rock and Roll realisiert. Im Berliner Palais Populaire Unter den Linden erinnern sie damit an den legendären Sommer 1967, als Hunderttausende junger Menschen nach San Francisco strömten, um sich Musik, Drogen und der freien Liebe hinzugeben. Aber auch der Vietnamkrieg, die Bürgerrechtsbewegung und der Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei prägten diese Zeit des Aufbruchs.

Doch nicht die politischen Ereignisse stehen im Fokus der Berliner Schau, sondern die ästhetischen Ausdrucksformen der Hippie-Bewegung. Dass deren Lifestyle einmal Einzug in einen musealen Kontext nehmen würde, hat sich im Sommer der Liebe wohl niemand träumen lassen. Und erst recht nicht, dass der Ort ein aufwändig hergerichtetes, herrschaftliches Palais sein würde, betrieben von Deutschlands größtem Kreditinstitut.


N.N., Sammlung von Buttons, ca. 1967, Plastik und Metall, Courtesy of Mickey McGowan, San Raphael, CA, Foto: Image Courtesy of the Fine Arts Museums of San Francisco

Tatsächlich ist es nicht alleine die auf Hochtouren arbeitende Klimaanlage – die Außentemperaturen in Berlin toppten zur Eröffnung jene in San Francisco –, die einen unterkühlten ersten Eindruck vermittelt. Während vor dem Palais lautstark eine gewerkschaftliche Demonstration vorbeizieht, wirken die 150 Relikte der 1960er-Ära seltsam befremdlich auf ihren Podesten und in ihren Vitrinen.

Hier braucht es etwas Zeit und Vorstellungskraft, bis der Summer of Love seine Magie entfacht. Zumindest den etwas älteren Semestern beschert die Ausstellung dann aber doch einige sentimentale Erinnerungsmomente. Bereits im Foyer erinnert eine Diaprojektion an die beliebten Buttons, die die Weltanschauung der Hippie-Bewegung plakativ wiedergaben. „Peace“ etwa fordern diese und „Free Love“. Die in den Sechzigern aufgekommene Pille bot vor allem den Frauen eine neue sexuelle Selbstbestimmtheit.

Selbst wenn sie sich letztendlich doch für die Ehe entschieden, geschah dies auf unkonventionelle Weise. Eine Schaufensterpuppe am Fuße der Treppe trägt das Hochzeitskleid der Schwedin Birgitta Bjerke aus dem Jahre 1972, in dem diese den folkloremäßig angehauchten Hippieflair mit den eher dezenten Farben des Nordens verband. Auch Eric Clapton und Roger Daltrey von der Band The Who wurden von Bjerke behäkelt, während Joni Mitchell in die Kunst der Handarbeit einführte.

Ebenso wie das Häkelbrautkleid zählt die mit Perlen im Kettenstich bestickte Ziegenlederhandtasche, die Linda Gravenites 1967 für ihre Mitbewohnerin und Freundin Janis Joplin nähte, zu den Highlights der Schau.

Retro-Flair in Zeiten des digitalen Downloads verbreiten die zahlreichen Schallplattencover. Teils eine regelrechte Kunstform, die der Besucher in die Hand nehmen darf. Auch haben die Kuratorinnen eine Reihe kunstvoller Veranstaltungsplakate zusammengetragen, deren Informationen sich aufgrund der fließenden, unleserlichen Schrift dem Betrachter nicht sofort erschließen. Vielmehr sollte das Plakat die Betrachter auf eine Art Selbstverwirklichungstrip mitnehmen, wie Wes Wilson, dem die Entwicklung des psychodelischen Plakatstils zugeschrieben wird, 1967 erläuterte.


Bill Ham (*1932), Kinetic Light Painting, 2016–2017, Vier Farbfilme, Dauer: 64 Minuten, Courtesy of the artist, Copyright: © Bill Ham Lights

So wie das Kinetic Light Painting, das der Lichtkünstler Bill Ham eigens für die Ausstellung geschaffen hat. Seit 1964 experimentiert dieser mit projizierten Bildwelten und gilt als Urheber der psychodelischen Light-Shows in den USA. Seine Werke waren Teil einer Theaterperformance, die auch Musik und Tanz einbezog. Als „Ultimative der partizipatorischen Kunst“ feierte Ham diese Praxis. In einer separaten „Disco“ im Erdgeschoss des PalaisPopulaire wirken die wirbelnden und pulsierenden Lichtprojektionen hingegen irgendwie zu brav – so gereinigt und mit ganz viel Sicherheitsabstand zu Sex and Drugs and Rock´n Roll. Die 60er sind domestiziert. Als Retro-Mode und im Museum ...

Ausstellungsdauer: 20. Juni bis 28. Oktober 2019

PalaisPopulaire
Unter den Linden 5
10117 Berlin
Täglich außer Dienstag 11–18 Uhr, Donnerstag bis 21Uhr
www.db-palaispopulaire.de

Inge Pett

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