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Wie eine Gardine aus weißem Linnen: Pauline Kraneis in der køniglichen Backstube

von Urszula Usakowska-Wolff (26.01.2021)
vorher Abb. Wie eine Gardine aus weißem Linnen:  Pauline Kraneis in der køniglichen Backstube

Raumansicht, Pauline Kraneis, einszueins (15) einschlagen, Foto: Eric Tschernow

„Kunst geht nach Brot“: Das hat sich die Künstlerin Kati Gausmann gedacht, als sie im Sommer 2016 das Projekt einszueins in der køniglichen Backstube in Rixdorf ins Leben rief. Sie bezweckte damit, „zeitgenössische Kunst im Berliner Alltagskontext zu zeigen und zu vermitteln“, was konkret heißt, dass drei Kunstschaffende im Jahr die Möglichkeit haben, eine Wand in dem Laden zu gestalten, wo laut Eigenwerbung „Backhandwerk aus zertifizierten und regionalen Bio-Zutaten“ produziert und verkauft wird. Wie die Initiatorin des Projekts darüber hinaus schreibt, „tauschen die Künstler*innen während des Ausstellungszeitraums an diesem alltäglichen und sinnlichen Ort ihre Wandarbeit gegen ihr tägliches Brot“, denn einszueins beruht auf Gausmanns Überzeugung, „dass Kunst und Brot gleichermaßen Grundnahrungsmittel sind.“

Eine Besonderheit der kleinen køniglichen Backstube ist ihre rechte Wand. Da es darin einen Versatz gibt, ist sie prädestiniert für künstlerische Interventionen, die einen raumgreifenden und lebendigen Eindruck erwecken. Sie eignet sich deshalb ideal für das temporäre Mural unter dem Titel einschlagen, geschaffen für einszueins Nummer 15 von Pauline Kraneis (* 1970 in London, lebt in Berlin). Sie bedeckte die besagte Wand mit roten und stellenweise grauen Reihen, die wie Stickereien auf einem alten Spruchtuch ohne Spruch oder Muster einer rustikalen gefalteten Gardine aus schneeweißem Linnen aussehen. Und sie scheinen sich wie durch eine unverhoffte Windböe zu blähen.

Diese überraschende Kreation wirkt wie ein Trompe-l’œil. Erst aus der Entfernung betrachtet, entpuppt sie sich als eine Illusion, eine fast perfekte Täuschung. Das, was wie ein in Bewegung geratenes Stück Stoff anmutet, ist in Wirklichkeit eine Wandzeichnung. Ihre Schöpferin spielt mit den Sehgewohnheiten, erschafft eine multidimensionale Arbeit, die ein Textil simuliert, das sich auf den beiden Seiten des Versatzes wölbt. Mit einigen wenigen Farben und Mustern gelingt ihr ein Werk, das sowohl ornamental als auch auf das Wesentliche reduziert ist. Es strahlt Vitalität und Ruhe aus; man möchte sich davor stellen, um die Falten mit der Hand zu greifen, um sie zu glätten.


Raumansicht, Pauline Kraneis, einszueins (15) einschlagen, Foto: Kati Gausmann

Pauline Kraneis ist eine begnadete Zeichnerin, die es vermag, die kønigliche Backstube in einen Kunstraum zu verwandeln. Zugleich weist der Titel ihrer Ausstellung darauf hin, dass sie auch mit Worten spielerisch umgeht, denn einschlagen kann vielerlei bedeuten. In diesem Fall handelt sich wohl um den metaphorischen Einschlag einer Zeichnung in die Wand, dank der sie zum mit einer Gardine verhüllten Fenster mutiert; vielleicht aber auch um das Einbringen von Ornamenten in eine Oberfläche mithilfe von Malutensilien. Unbestritten ist die Qualität des einschlägigen Murals, welches die Fantasie beflügelt und angenehme Illusionen nährt.

Besonders in heutigen Zeiten, in denen man gezwungen ist, auf direkten Kunstgenuss zu verzichten, wirkt die kleine kønigliche Backstube wie ein Lichtstrahl auf dem der Pandemie wegen unzugänglich gewordenen Kunstparkett. Die Erzeugnisse der Bäckerei erfreuen sich einer großen Beliebtheit; jeden Tag harren davor auch bei Regen und Schnee Menschenschlangen. Da sich im Innern nur ein einzelner Mensch befinden darf und der Einkauf schnell über die Ladentheke gehen muss, bleibt wenig Zeit, um das Werk von Pauline Kraneis ausgiebig zu betrachten. Dennoch erregt das Bild Aufmerksamkeit und hallt beim Verlassen der Backstube im Gedächtnis nach.

Pauline Kraneis
einschlagen

bis zum 01. Mai 2021
(im Rahmen des Projekts einszueins – Kunst in der køniglichen Backstube von Kati Gausmann)
kønigliche Backstube
Zwiestädter Straße 10, 12055 Berlin-Rixdorf
Mo–Fr von 9–19 Uhr, Sa von 8–14 Uhr

Am Samstag, den 24. April 2020 um 17 Uhr führt die Zeichnerin Juliane Laitzsch ein Gespräch mit Pauline Kraneis.

Urszula Usakowska-Wolff

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