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Der leise Aufbruch - klassische Moderne aus Lettland in der TVDART Galerie

von (16.09.2005)


Der leise Aufbruch - klassische Moderne aus Lettland in der TVDART Galerie

Der kleine baltische Staat Lettland, der heute gut 2,3 Millionen Einwohner zählt und seit 2004 EU-Mitglied ist, war von 1721 bis 1918 unter der Herrschaft des russischen Zaren. Nach der Proklamation der Unabhängigkeit 1921 entstand hier in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen eine eigenständige Kunst, die Vorbilder der westlichen Avantgarde - vor allem französischer Impressionismus, Postimpressionismus, Fauvismus und Kubismus wie auch Neue Sachlichkeit - zwar adaptierte, sie aber auf die in der russischen Malerei bereits etablierten Sujets wie Porträt, Stilleben, Landschaft, Interieur- und Figurenmalerei übertrug bzw. sie eigenständig weiterentwickelte. Übernommen wurden meist nur Stilelemente, doch neigte die lettische Avantgarde weder zu Extremen in Farbe und Form wie der Westen noch betrieb sie eine Demokratisierung der Kunst wie die russischen Konstruktivisten nach der Oktoberrevolution, die ihre Ideen in den Dienst der industriellen Produktion und in der visuellen Mobilisierung der - analphabethischen - Massen stellten: Wladimir Majakowskis vielzitierter Aufruf von 1918, die Straßen zum Pinsel und die Plätze zur Palette zu machen, fand in Lettland keinen Nachhall; Kunst wurde in der jungen Republik zum Spiegel der eigenen Kultur und Sozialgeschichte.

Neben dieser avantgardistischen Strömung griff in Lettland ein Neoprimitivismus im Sinne einer archaischen Moderne auf das traditionelle Thema der bäuerlichen Lebenswelt oder - besonders in der angewandten Kunst wie die Porzellanmalerei - auf das eigene ethnografische Kulturerbe, die als "primitiv" angesehenen volkstümlichen Bilder der russischen Vergangenheit, zurück, um dem neuen Nationalbewusstsein seinen Ausdruck zu verleihen. Interessante Neuerungen gingen dabei aus der Synthese ethnografischer und moderner Formenelemente hervor. Viele Maler waren zugleich Bühnenbildner oder in der Gebrauchskunst tätig. Mit dem unblutigen Putsch Karlis Ulmanis 1933 und schließlich ab 1940 mit der Etablierung des Sowjetregimes in Lettland versiegte diese kurze Blüte einer lettischen Moderne, die sich nun dem propagierten Sozialistischen Realismus zu beugen hatte: ideologisch übertünchte gewinnende Szenen aus dem Leben der Bauern und Arbeiter. Das Andenken an emigrierte Künstler wurde verunglimpft, Oppositionelle vom staatlichen Mäzenatentum ausgegrenzt oder mit Ausstellungsverbot belegt, andere wurden verhaftet oder gezwungen, in Sibirien en plein air zu malen. Einen künstlerischen Ausweg bot die Flucht in eine malerische Romantik bzw. in unverfängliche Themen wie Stillleben und Landschaft. Das Tauwetter unter Chruschtschow lieferte zwar die Möglichkeit zu größerer künstlerischer Freiheit, doch erst die Generation der ab 1950/60 Geborenen wagte es, den Kontakt zur internationalen Kunstszene wieder aufzunehmen: sie kam, nun im Rückgriff auf die eigene wie ausländische Avantgarde und auf die Alten Meister zu überraschenden Bildlösungen, welche auch surreale, abstrakte und groteske Elemente und Formen verstärkt integrieren. Die Rückbesinnung auf die eigene Kultur der zwanziger und dreißiger Jahre wurde dabei zu einer wichtigen Voraussetzung für die kulturelle Erneuerung des wieder demokratisch gewordenen Lettlands.

tvdart



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