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Berliner Messen Teil 4: Interview mit Edmund Piper, Leiter des Berliner Kunstsalons

von Christiane von Gilsa (17.10.2005)


Berliner Messen Teil 4: Interview mit Edmund Piper, Leiter des Berliner Kunstsalons

Messe oder Nicht-Messe, das ist die Frage, die sich in Bezug auf den Berliner Kunstsalon aufdrängt. Einerseits handelt es sich um eine Veranstaltung, bei der sich Galerien in Kojen dem Besucherpublikum präsentieren, um Kunstwerke zu verkaufen. Andererseits scheint dies keineswegs das Hauptziel des Kunstsalons zu sein. Vielmehr wird ein "offensiver Beitrag gelebter Kunstpraxis in Berlin" angestrebt, wie es in der Pressemitteilung heißt. Konkret bedeutet das für den Organisator, Edmund Piper, zusätzlich zu den Galerien auch unkommerzielle Projekträume, freie Kuratoren und Kunst-Institutionen auf dem Salon zu präsentieren und das Programm durch abendliche Diskussionsrunden und Videoscreenings zu erweitern. Betont wird, daß diese Veranstaltung im Vergleich zu anderen Messen eher als eine kuratierte Ausstellung zu begreifen ist.

Auf dem in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindenden Berliner Kunstsalon im Magazin und Glashaus der arena-Berlin waren vom 30. September bis 6. Oktober 51 internationale Aussteller und zwei kuratierte Sonderschauen zu sehen. Im Bereich der künstlerischen Leitung ließ sich Edmund Piper von Spunk Seipel und Asim Chughtai unterstützen. Ein besonders großer Raum wurde der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) zugeteilt, wohl auch um die Aussage zu untermauern, der Kunstsalon interessiere sich mehr für die inhaltlichen Qualitäten der Teilnehmer als für hohe Verkaufszahlen der Galerien. Der Berliner Kunstsalon wurde in diesem wie im letzen Jahr von Galerist Michael Schultz unterstützt, der selbst allerdings nicht mit einem Stand vertreten war.

art-in-berlin: Guten Tag Edmund Piper. Die folgenden Interviewfragen drehen sich um den zeitgenössischen Kunstmarkt mit Schwerpunkt auf diesjähriger Messe-Situation in Berlin. Sie betonen in Ihren Pressemitteilungen allerdings, daß der Berliner Kunstsalon keine reine Verkaufsveranstaltung ist. Kann man den Kunstsalon überhaupt eine Kunstmesse nennen?

Edmund Piper: Sicherlich ist der Kunstsalon eine Veranstaltung mit messeähnlichem Charakter, darüber hinaus werden jedoch noch andere Punkte angesprochen, beispielsweise bei unserem recht umfangreichen Diskussionsprogramm. Grundsätzlich ist das Profil des Kunstsalons ein anderes als das einer Messe, denn unser Hauptanliegen ist nicht, uns lediglich an den Verkäufen im Bereich der jungen zeitgenössischen Kunst zu beteiligen. Es handelt sich vielmehr um einen emanzipatorischen Ansatz in der Art und Weise der Kuration, der sich nicht nur auf das Rahmenprogramm bezieht, sondern bereits die Auswahl der Ausstellungen beeinflußt und in diesen mitwirkt. Das gezielte Filtern der teilnehmenden Galerien und Projekte unterscheidet den Kunstsalon sicherlich von den anderen „kleinen“ Messen in Berlin, die dies nur in geringem Maße tun. Bei uns möchten die Teilnehmer dabei sein, weil ihnen wichtig ist, eine Aussage mitzutragen. Aus diesem Grund nehmen Institutionen am Salon teil, die nicht am Kunstverkauf interessiert sind. Die Galerien, die verkaufen möchten, müssen in das kuratorische Programm passen. Es geht um ein ganzheitliches Konzept, in das beispielsweise auch die Architektur einbezogen wird, anstatt herkömmliche Messekojen zu bauen. Am Ende soll ein inhaltlicher „Meta-Sinn“ sichtbar sein, der sich eben nicht darin erschöpft, daß im Salon die Verkäufe an erster Stelle stehen. Der Kunstsalon ist mehr als eine Messe.

aib: Welche Rolle spielt denn der Messebetrieb überhaupt für den zeitgenössischen Kunstmarkt?

E.P.: Ich denke, daß sich der Messebetrieb langsam überlebt hat. Es scheint, als könne heutzutage jeder eine Messe ins Leben rufen und das macht diese Art der Veranstaltung zu beliebig. Bei diesen jungen Messen, die nur zu oft von frustrierten Kleingaleristen organisiert werden, geht es lediglich darum, auch einen Anteil am florierenden Kunstgeschäft zu ergattern. Mit dem nötigen Background kann an der Organisation einer Messe hervorragend Geld verdient werden, wenn es darauf angelegt wird. Gerade für junge Sammler, die das Label "Kunstmesse" noch als Garant für qualitätsvolle Kunst verstehen und als Möglichkeit einer guten Investition, ist die Situation verwirrend. Ich könnte bei dem Großteil des Angebots auf diesen jungen Messen nicht guten Gewissens zu einem Kauf anraten.

aib: Sie erklären, daß der Kunstsalon ein Beitrag gelebter Kunstpraxis in Berlin sein soll. Wie schätzen Sie die Rolle Berlins innerhalb der internationalen zeitgenössischen Kunstszene ein?

E.P.: Im Ausland hat Berlin einen sehr guten Ruf, auch wenn ich persönlich der Meinung bin, daß London nicht nur in Bezug auf Kunstmessen die spannendere Stadt ist. Viele Künstler kommen wegen der niedrigen Lebenshaltungskosten nach Berlin, und eine hohe Fluktuation sorgt für einen regen künstlerischen Austausch. Insgesamt glaube ich allerdings, daß sich die Berliner im Vergleich mit der internationalen Szene oft zu wichtig nehmen.

aib: Zurück zu den Berliner Messen: Wie stehen Sie mit Ihrem "emanzipatorischen Konzept", wie Sie es nennen, zum etablierten Art Forum? Und, was halten Sie von den anderen beiden jungen Messen?

E.P.: Durch das Art Forum kommen spannende Leute in die Stadt, weswegen wir den Salon zeitnah organisieren. Sabrina van der Ley stand dem Kunstsalon von Anfang an wohlwollend gegenüber. Ansonsten interessieren mich die anderen Messen kaum. Da es mir nicht vorrangig darum geht, eine Verkaufsmesse zu organisieren, sondern eine Veranstaltung, die darüber hinaus geht, sehe ich die anderen jungen Kunstmessen nicht als Alternativ- oder Konkurrenzveranstaltungen an.

aib: Braucht Berlin überhaupt so viele gleichzeitig stattfindende Kunstmessen? Ich würde gerne erfahren, wie Sie die Zukunft dieser Messen prognostizieren.

E.P.: Ich glaube nicht, daß sich die jungen Messen auf Dauer tragen können. Zwar bringen diese Veranstaltungen einen angenehmen PR-Erfolg für die organisierenden Galeristen mit sich und sind in dieser Beziehung für deren Galerien lohnenswert. Ich bezweifele jedoch, daß sich diese Kunstmessen langfristig durchsetzen und international profilieren können.

aib: In anderen Städten wie Köln, Basel, London, New York und Miami sprießen neben den "Hauptmessen" ebenfalls weitere junge Avantgardemessen hervor...

E.P.: Diese Messen haben mit Avantgarde wenig bis gar nichts zu tun. Ich würde sie nicht so nennen.

aib: Dann nennen wir sie "Nebenmessen", da diese jungen Messen meist zeitgleich zu einer etablierten Kunstmesse stattfinden. Wie beurteilen Sie diesen neuen Trend des Kunstmarktes? Ist der Kuchen größer geworden, da es mehr Künstler und Sammler gibt? Oder meinen Sie, daß sich der Markt gerade überhitzt?

E.P.: Der Kuchen, um bei diesem Bild zu bleiben, wird immer größer, aber die Art und Weise, wie die Stücke verteilt werden, wird sich ändern. Ich glaube, daß die Sammler bald nicht mehr auf Messen einkaufen werden. Es gibt statt dessen große kuratierte Ausstellungen mit einem hohen Qualitätsniveau, auf denen spannende neue Positionen entdeckt werden können und Käufe möglich sind. Eine Messe wird dann unrelevant werden.

aib: Diese großen Überblicksausstellungen zeitgenössischer Kunst gibt es ja bereits in Form von Biennalen. Aber meinen Sie nicht, daß die Kunst, die dort gezeigt wird, teilweise zu sperrig ist für den "Heimgebrauch"? Es gibt immerhin genügend Privatleute, die auf Kunstmessen für ihr eigenes Wohnzimmer einkaufen, nicht für eine professionelle Sammlung oder gar Institution. Würden diese denn auf den kuratierten Ausstellungen überhaupt fündig werden? Eine Biennale mit Preisschildern an den Werken?

E.P.: Es müssen keine Preise an den Bildern kleben, denn meistens sind die Galeristen und Händler bekannt, die bei Kaufinteresse angesprochen werden können. Die Situation wird in jedem Fall einen neuen Weg gehen. Irgendwann werden die Sammler die Messen als Richtungswert des Marktes nicht mehr nötig haben. Gerade weil die Organisation von Kunstmessen mittlerweile so beliebig geworden ist, kann man sich nicht mehr an ihnen orientieren.

aib: Was hat Sie persönlich im letzten Jahr motiviert, den Berliner Salon ins Leben zu rufen und ihn dieses Jahr ein zweites Mal zu realisieren?

E.P.: Der letzte Teil dieser Frage ist einfach zu beantworten: Weil der Salon im vorigen Jahr sehr gut aufgenommen und äußerst positiv beurteilt wurde. Darüber hinaus war das Konzept im letzten Jahr nicht vollständig ausgereift. Da ich Dinge gerne zu Ende bringe, war es notwendig, in diesem Jahr weiter daran zu arbeiten. Die ursprüngliche Idee für den Kunstsalon 2004 ist aus meinen vorherigen Projekten heraus erwachsen. Die Organisation eines Ausstellungsraums mit wöchentlich wechselndem Programm zusammen mit Andreas Engler, und die Herausgabe des Kunstheftes Kondensat haben mir zu einem guten Überblick der zeitgenössischen Kunstszene verholfen. Die inhaltliche Herangehensweise an eine Kunstmesse habe ich dabei als unbesetzte Stelle entdeckt und wollte zunächst einfach nur ausprobieren, wie mit diesem Ansatz umgegangen werden kann. Mittlerweile hat es den Anschein, als würde die Grundidee gut funktionieren, wenn es auch wahrscheinlich noch eines weiteren Jahres bedarf, um das Konzept vollends auszureizen.

aib: Das Angebot im Berliner Kunstherbst ist sehr vielfältig. Haben Sie eine Strategie, wie die Besucher und Sammler trotz der vielen anderen Kunstveranstaltungen gerade zu Ihnen kommen?

E.P.: Nein, es gibt keine bestimmte Strategie. Wir verlassen uns vielmehr darauf, daß sich eine bestimmte Qualität durchsetzt und herumspricht. Einige Menschen werden das Angebot des Kunstsalons spannend finden und einige werden es anders empfinden. Ehrlich gesagt denke ich wenig über derartige Fragen nach, da es sich nicht um eine marketinggesteuerte Veranstaltung handelt, bei der nur der Gewinn im Vordergrund steht. Es geht mir nicht darum, mit dem Kunstsalon Geld zu verdienen.

aib: Die Veranstaltung muß sich doch sicherlich tragen?

E.P.: Nein, sogar das ist mir vorerst unwichtig. Die Hauptsache ist zunächst, daß der Kunstsalon stattfindet. Alles weitere ist eine ständige Vermittlung zwischen unseren Vorstellungen und der nackten Realität. Dank der positiven Wirkung des vorherigen Salons haben wir in diesem Jahr einige neue Grundlagen gewonnen. In diesem Sinne handelt es sich bei dieser Veranstaltung um einen Prozeß und wir arbeiten uns langsam vor. Außerdem arbeiten viele Menschen deswegen für uns, weil sie es gerne möchten und nicht, weil wir sie so gut bezahlen. Es geht allen darum, eine bestimmte Idee umzusetzen und wenn sie funktioniert, ist es gut.

aib: Es ist also purer Idealismus?

E.P.: Aus der Perspektive wäre auch jeder Maler ein Idealist, der ein Bild anfertigt, ohne vorher schon den Verkäufer zu kennen. Vielleicht ist es eine Selbstbeschäftigungsmaßnahme (lacht).

aib: Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Piper, und wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre Vorhaben. Haben Sie für die Zeit nach dem Kunstsalon schon einen Entspannungsurlaub geplant?

E.P.: Vielen Dank. Nach dem Salon werde ich natürlich einige „spannende junge Avantgardemessen“ besuchen und außerdem unser Konzept schreiben.

aib: Für nächstes Jahr?

E.P.: Nein, für dieses Jahr! Ich bin vor lauter Diskussionen im Vorfeld noch nicht dazu gekommen. Es wird demnach eine Nachbereitung werden und natürlich auch ein Ansatz für das nächste Jahr.

Christiane von Gilsa

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