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Mit Licht geschrieben – Jacques H. Sehy porträtiert 100 Berliner Köpfe

von Dr. Inge Pett (02.02.2015)
vorher Abb. Mit Licht geschrieben – Jacques H. Sehy porträtiert 100 Berliner Köpfe

„Es ist eine Verbeugung vor den Köpfen Berlins.“ Derjenige, der das sagt, ist ein Hamburger. Das ist beachtlich, weiß man doch, dass der Rest der Republik die sperrige Hauptstadt bisweilen mit Skepsis betrachtet.

Doch der 1945 geborene Jacques H. Sehy hat selber lange in Berlin gelebt. Von 1965 bis 1975, als hier die gesellschaftlichen Umbrüche der Zeit so zutage traten wie kaum in anderen Städten. Als gerade von der Kultur wesentliche Impulse ausgingen, diesen Umbruch voranzutreiben, zu deuten, zu gestalten. Etliche jener ‚Alt-Achtundsechziger‘, die damals den Kulturbetrieb revolutionierten, sind immer noch aktiv. Andere Kulturschaffende folgten ihren Spuren. Das bilde den „Humus, der die Stadt oben hält“, erklärt Sehy, der viele dieser kreativen Geister auf eine sehr eigene Weise ins Bild gesetzt hat.

Das Resultat, die Ausstellung „Berliner Köpfe – 100 Lichtzeichnungen“, ist bis zum 1. März 2015 in der Galerie am Lützowplatz zu betrachten. Der Theaterregisseur Thomas Ostermeier nahm ebenso Platz vor Sehys Objektiv wie die Kulturpolitikerin Monika Grütters, der Architekt David Chipperfield, der Kunsthistoriker Horst Bredekamp oder die Verlegerin und Stiftungsvorsitzende Friede Springer. Auch der Autor und Kurator Bernd Hüppauf hat Modell gesessen. Ebenso wie die PR-Agenturinhaberin Ute Weingarten oder der Ausstellungsmacher René Block, den Sehy noch aus seiner Berliner Zeit kennt und schätzt. Sehy lag daran, auch Akteure zu zeigen, die im Hintergrund wirken - oft in mehr als einem Genre. So ist der bekannte Schauspieler Hanns Zischler zudem gleichermaßen Autor, Verleger, und Fotograf.

„Die Berliner sind äußerst kommunikativ und unprätentiös“, staunt Sehy. Ein Kontakt hätte den anderen ergeben, einem Schneeballsystem gleich. In Hamburg, New York oder Paris sei eine solche Offenheit kaum denkbar.

Um die Persönlichkeiten einzufangen, hat Sehy eine spezielle, in der Kunstgeschichte bislang einzigartige Technik entwickelt. Er bittet seinen Gast, die Schultern freizumachen und sich in einem dunklen Raum aufrecht auf einen Hocker zu setzen, den Kopf an die Wand gelehnt. Ein unbequemer Zustand – Kokettieren mit der Kamera fällt da schwer. Dementsprechend sind auch fast alle Gesichter konzentriert und ernst. Lediglich Monika Grütters behält ein verbindliches Lächeln bei.

Während der Aufnahme fährt Sehy mit einem Lichtstrahl über das Gesicht des Modells. Die Belichtungszeit beträgt lediglich zwölf Sekunden. Das Ergebnis ist verblüffend. Nicht zuletzt für die Abgebildeten selber. Der Kulturmanager Ulrich Schreiber etwa beschreibt die Lichtzeichnungen als einzigartig: „Selbst dem Porträtierten gibt sie Zeichen über ungeahnte Facetten der Person, einen völlig neuen Blick auf das ´Ich`“.

Gänzlich fremd etwa wirkt der Anblick des Juristen und Kunstförderers Peter Raue. Dessen energetischer Umtriebigkeit scheint hier für einen Moment Einhalt geboten. Nahezu griechisch mutet Raues Profil an; ernst und tief ist der Blick. Gewohnt intensiv hingegen blitzt das rechte Auge der Regisseurin Shermin Langhoff. „Ich sehe das, was Du nicht siehst“, kommentierte der Maler Nikolai Makarov seine Sitzung bei Sehy, während die Kunsthistorikerin Gabriele Muschter konstatiert: „Auf den Bildern sehe ich mich – anders“.

Hier liegt die künstlerische Leistung des Fotografen, der sich vor allem im Bereich der Modefotografie einen Namen gemacht hat. Diesem Metier entgegengesetzt jedoch ist nun sein Ansatz zu den Berliner Köpfen: Während bei der Mode die äußere Schönheit in den Fokus gerückt wird, versucht Sehy mit seinen Lichtbildern, in Sitzungen von nur knapp einer Stunde eine Persönlichkeit intuitiv zu erfassen. „Ich suche eine Zentrierung, eine Rückbesinnung auf das Elementare“, sagt Sehy. „Schließlich heißt Fotografieren wörtlich übersetzt: Mit Licht schreiben.“

Tatsächlich ist dem Künstler eine einzigartige Hommage an die Dichter, Denker, Kreativen Berlins gelungen. Doch Unterstützung von offizieller Seite hat er bislang nicht erhalten; das Projekt ist eigenfinanziert. Eine solche Arbeit sollte jedoch in der Stadt gehalten werden. Möge die dafür verantwortlichen Köpfe ein Strahl der Erleuchtung treffen.

Haus am Lützowplatz
hal-berlin.de/
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.
Lützowplatz 9
10785 Berlin

Das Projekt wird begleitet von einer Publikation im Nicolai-Verlag mit dem Titel „KULTURHUMUS: 100 Berliner Köpfe“ mit Texten von Enno Kaufhold, Jeannot Simmen, Bernd Hüppauf und Thomas Oberender.

Dr. Inge Pett

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