Anzeige
Boris Lurie

logo art-in-berlin.de
Berlin Daily 23.04.2024
Depotgespräch 13

19 Uhr: BERLIN 3000. Was kann das Hochhaus für die Stadt? Gespräch über einen kontroversen Bautyp mit Markus Penell und Sabrina Zwach im Gespräch mit Ephraim Gothe und Christian von Oppen. Ortner & Ortner Baukunst | Leibnizstr.60 | 10629 B

Piepenbrock Förderpreis: Felix Schramm: SOFT CORROSION

von Hannah Beck-Mannagetta (06.07.2006)


Piepenbrock Förderpreis: Felix Schramm: SOFT CORROSION

Erfrischend kurz und prägnant waren die Ansprachen auf der gestrigen Pressekonferenz anlässlich der Vergabe des Piepenbrock Förderpreises für Skulptur 2006 im WerkRaum des Hamburger Bahnhofs. Die Ausstellung des diesjährigen Preisträgers Felix Schramm trägt den Titel SOFT CORROSION. Mit seiner neusten orts-spezifischen und raumgreifenden Skulptur "Misfit" sprengt der Künstler die vorgegebenen Wände des Ausstellungsraumes.

Mittels dieser Zerstörung erzeuge Schramm, wie Dr. Friedrich Meschede, Jurymitglied und Leiter der Abteilung Bildende Kunst des DAAD e.V. Berlin, erklärte, einen neuen Raum, einen ambivalenten Zwischenraum, einen, der zwischen Skulptur und Architektur anzusiedeln sei. Schramm breche mit der herkömmlichen Vorstellung von Dimension und Proportion, während er gleichzeitig diese abstrakten Begriffe in eine neue Form überführe.
Die Arbeit, die mehr als den ihr zur Verfügung gestellten Raum beansprucht, besteht aus orthogonal ineinander greifenden Flächen. Auch wenn alles wohl konstruiert ist, wirkt der architektonische Köper aus zerbrochenen Rigipsplatten, Holz und Farbe wie das Überbleibsel aus einer Naturkatastrophe. Als sei er von einer unvorstellbaren, übermächtigen Gewalt durch die Wände getrieben worden. Was zurückbleibt ist ein undefinierbar gewordenes architektonisches Objekt. Bilder von Wasser- oder Lavamassen, die rücksichtslos alles mit sich reißen und sich ihren eigen Weg bahnen, kommen dem Betrachter in den Sinn. Dieser ist einerseits erschreckt, gleichzeitig aber fasziniert davon, was sich ihm nun scheinbar spontan für neue Raumstrukturen, Durchblicke und Ansichten eröffnen. Es ist ein Spiel mit der Schwerkraft und der Balance, mit Konstruktion und Dekonstruktion, das der Künstler hier spielt.


Neben den Assoziationen, die diese und auch andere Arbeiten von Schramm im Bezug auf geologische Phänomene wecken - auch eine Eiszeitmoräne könnte dem Betrachter metaphorisch in den Sinn kommen - zitiert der Künstler unterschiedliche Kunstbegriffe aus der Entwicklungsgeschichte der Moderne: Da erinnert die eine Seitenansicht von "Misfit" mit ihren orange und grün bemalten Flächen an ein Tafelbild von Mark Rothko, da taucht collagenhaft eine Dschungelphototapete als ein Verweis auf die banale Alltagswelt auf und es wird erneut der "white cube" dekonstruiert. An dadaistische Experimente kann der Besucher der Ausstellung bei den kleineren Skulpturen denken. Es sind Konstruktionen, in denen Schramm einerseits die gleichen Materialien, wie bei "Misfit" verwendet hat, aber jeweils noch ein alter Plattenspieler hinzugefügt wurde, dessen eckige, wie die runde Form der Platte in der Gestaltung der Skulptur, die hier auch als Resonanzkörper fungiert, wiederholt wird. Die Schallplatten, die der Plattenspieler abspielt, wurden jedoch verändert. Sie haben eine neue Mitte bekommen. Durch ein weiteres Loch, einige Zentimeter neben dem ursprünglichen, wurde das Zentrum verschoben. Der mechanische Ablauf wird gestört. Der Klang, den die Platte erzeugt, wird so verzerrt. Er erinnert an das Heulen des Windes, Beschwörungsgesänge oder das irritierende Rückwärtsablaufen von Tonbändern. Durch die ungleichmäßige Schwingung der Platte und ein eingebautes Relais springt die Nadel auch immer wieder aus dem Zentrum an den Rand zurück und die Platte setzt zufällig neu ein. Auch hier findet eine Verschiebung des Standpunkts statt. Immer wieder erklingen die bekannten Lieder in ihrer Verfremdung neu.
Adina Popescu schreibt im Katalogtext zur Ausstellung über die Arbeiten von Schramm: "Die Übertragung der Erfahrung von Akustik in eine räumliche Erfahrung sowie die fast musikalisch anmutende Dekomposition der räumlichen Skulpturen bilden ein Spiegelmoment." Der aus der Archäologie stammende Begriff "Corrosion" bedeute in der zeitgenössischen Philosophie die "Offenlegung der Bedingungen von Möglichkeit".
"Sanft zersetzt" Felix Schramm die Vorstellungen von gleichförmiger Funktionalität auf verschiedenen Ebenen.

Der auf 12.500 Euro dotierte Piepenbrock Förderpreises für Skulptur 2006 wird im August offiziell in Anwesenheit des Bundespräsidenten überreicht. Neben der Einzelpräsentation im WerkRaum des Hamburger Bahnhofs ist mit dem Preis auch eine Gastprofessur an der UDK verbunden.
Felix Schramm: SOFT CORROSION bis 3. September 2006 im Hamburger Bahnhof zu sehen.

Hamburger Bahnhof, Invalidenstr. 50-51, Tiergarten. Bis 3. 9., Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 11-20 Uhr, So 11-18 Uhr.

Hannah Beck-Mannagetta

weitere Artikel von Hannah Beck-Mannagetta

Newsletter bestellen

Daten zu Felix Schramm:


- art cologne 2015
- Kunstverein Wiesbaden 2016
- Sammlung zeitgenoessische Kunst der BRD


top

Titel zum Thema Felix Schramm:

Piepenbrock Förderpreis: Felix Schramm: SOFT CORROSION
Ausstellungsbesprechung: Erfrischend kurz und prägnant waren die Ansprachen auf der gestrigen Pressekonferenz anlässlich der Vergabe des Piepenbrock Förderpreises für Skulptur 2006 im WerkRaum des Hamburger Bahnhofs.

top

zur Startseite

Anzeige
artspring berlin 2024

Anzeige
Alles zur KI Bildgenese

Anzeige
SPREEPARK ARTSPACE

Anzeige
Magdeburg unverschämt REBELLISCH

Anzeige
Responsive image

Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Haus am Lützowplatz / Studiogalerie




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Galerie im Saalbau




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
tunnel 19




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Galerie HOTO




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Kommunale Galerie Berlin




© 1999 - 2023, art-in-berlin.de Kunstagentur Thomessen Hartlieb-Kühn GbR.