16 Uhr: zwischen der Künstlerin Cornelia Herfurtner und David Polzin im Rahmen der Ausstellung "Die Kids sind nicht alright!". Galerie Adlershof im Kulturzentrum Alte Schule | Dörpfeldstraße 54-56 | 12489 Berlin
In der neuen Ausstellung NO MATTER HOW BRIGHT THE LIGHT, THE CROSSING OCCURS AT NIGHT in den Kunst-Werken (3.9.-12.11.06) geht es, wie so oft in der Kunst, um Grenzüberschreitungen zwischen Wirklichem und Unwirklichem, zwischen Anwesendem und Abwesendem, um das Sichtbarmachen von Prozessen, die im Dunklen ablaufen. Das Verdrängte unserer Gesellschaft wird hier ans Licht gebracht und es wird ihm ein Platz eingeräumt, an dem es offen bestehen darf.
Das Ausstellungsprojekt, kuratiert von Anselm Franke, führt den Besucher durch eine zunächst irritierende Licht- und Rauminstallation, die die kooperativen Video- und Fotoarbeiten von vier Künstlerinnen: Natascha Sadr Haghighian, Judith Hopf/Deborah Schamoni und Ines Schaber vereint.
So beschäftigt sich Ines Schaber in ihrer Arbeit mit Fotografien des sozialdokumentarischen Fotografen Lewis Hine, die er in den 1910er Jahren für das National Child Labor Committee in Pennsylvania aufgenommen hat. Die Bilder dokumentieren die damals übliche Kinderarbeit in der dortigen Kalksteinminenlandschaft. Ines Schaber hat sich nun zunächst auf Spurensuche in das heutige Pennsylvania begeben. In ihren ländlich, verlassen bedeutungslos erscheinenden Aufnahmen sucht sie nach Zeichen, die auf die Realität der frühren Fotos hinweisen. Bei ihrer Recherche stellt sie fest, das die Minen eine Umnutzung erfahren haben und heute Lagerstätte für eines der größten kommerziellen Bildarchive sind, das Bill Gates’ Firma Corbis betreibt und, das über 70 Millionen Bilder online zum Verkauf anbietet. Dass sich unter den Bildern auch Fotos aus Hine’s Serie finden lassen, stellt eine merkwürdige Überschneidung von Raum und Zeit dar. Fragen nach dem Zirkulieren von Bildern und den verborgenen Botschaften von Fotographien stellen sich. Nach Roland Barthes besitzen Fotografien so etwas wie eine Zeugenschaft, die Gewissheit des "so ist es gewesen" und es ist nun an jedem einzelnem zu beurteilen, ob die Bilder nur eine objektive Wirklichkeit zeigen, oder auch einen Moment, der darüber hinaus geht und sich womöglich nicht jedermann gleichermaßen erschließt.
In der Videoarbeit von Judith Hopf, die sie zusammen mit der Filmemacherin Deborah Schamoni entwickelt und realisiert hat, hinterfragen die beiden bestehende Körperkonzepte einer hedonistischen Gesellschaft. Wir befinden uns in einem Krankenhaus, in dem sich die Kranken und Ledierten anders verhalten, als es von ihnen erwartet wird. Sie beginnen zu tanzen, wir hören eingängige Popsongs, Realistisches vermischt sich mit Horrorphantasien, alles gerät außer Kontrolle, Mumien laufen umher und das absurde Theater nimmt seinen lauf. Es ist seltsam, wie sich hier Gefühle von irritierter Betroffenheit, des Ertapptwerdens mit solchen des begeistert Schmunzelnmüssens abwechseln.
Natascha Sadr Haghighian hat mit Stefan Pente und in verschiedenen Kollaborationen, gesellschaftliche Konstruktion von Ein- und Ausschlüssen untersucht. Wie wird entschieden wann jemand der Mitgliedsstatus einer "zivilisierten Gemeinschaft" zuerkannt wird? Wer hat das Recht zu sprechen? Wann wird jemand mit seiner Stimme, seinem Bild, seinem Anliegen als anwesend und adressierbar wahrgenommen? Wodurch wird einem der Status "Mensch", und die mit ihm verbundenen Rechte, aberkannt? Wer besitzt diesen Status und warum fallen andere aus ihm heraus? Wenn man kein Mensch ist, was ist man dann?
Wie man die verschiedenen Arbeiten auch deuten mag, auf Anhieb vermitteln sie sich dem Besucher sicher nicht. Das bedeutet, dass man sich Zeit nehmen muss und dies sei nicht nur theoretisch angeraten, sondern ist auch praktisch in der Choreographie des Licht- und Raum-Konzeptes so angelegt. Der Besucher wird an lichten und dunklen Orten entlang durch die Ausstellung geführt, wobei genau vorgegeben ist, wie lange man an welchem Ort zu verweilen hat. So sind alle Arbeiten zusammen in dem großen Raum im Erdgeschoß ausgestellt. Während die Videos nur im Dunklen zu betrachten sind, sind es die Fotos nur im Hellen. Hier werden Form und Inhalt der Ausstellung also geschickt verschmolzen und lassen den Besucher in die Welt des Zwielichts eintauchen.
Zur Ausstellung erscheint ein 220-seitiger Reader beim Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, mit Beiträgen und Dialogen von und mit Ines Schaber, Natascha Sadr Haghighian, Stefan Pente, Judith Hopf sowie Avery F. Gordon, Anselm Franke, Nicolas Siepen, Sladja Blazan, Thomas Keenan und Michael Taussig.
Des Weiteren findet parallel zur Ausstellung eine thematisch an die Ausstellung angelehnte Filmreihe im Kino Arsenal (Potsdamer Straße 2, www.fdk-berlin.de/arsenal) statt. Es werden Filme von Luis Buñuel, P.P. Passolini, Jean Cocteau, John Cassavetes u.a. gezeigt.
Abbildungen:
- Ines Schaber, Picture Mining. The Lectur, 2006, Film still
- Judith Hopf / Deborah Schamoni, Hospital Bone Dance, 2006, Film still, Foto: Achim Hatzius
- Gesamtansicht
NO MATTER HOW BRIGHT THE LIGHT, THE CROSSING OCCURS AT NIGHT
Laufzeit: 3. September - 12. November 2006
KW Institute for Contemporary Art
Auguststrasse 69
10117 Berlin
www.kw-berlin.de
Öffnungszeiten: Di - So 12 - 19 Uhr, Do 12 - 21 Uhr
Titel zum Thema Ines Schaber:
"No matter how bright the light, the crossing occurs at night"
In der neuen Ausstellung NO MATTER HOW BRIGHT THE LIGHT, THE CROSSING OCCURS AT NIGHT in den Kunst-Werken (3.9.-12.11.06) geht es, wie so oft in der Kunst, um Grenzüberschreitungen zwischen Wirklichem und Unwirklichem, zwischen Anwesendem und Abwesendem, um das Sichtbarmachen von Prozessen, die im Dunklen ablaufen.
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