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Forum expanded auf der Berlinale 2007 - "Expanded Cinema" - was könnte das sein?"

von Hannah Beck-Mannagetta (12.02.2007)


Forum expanded auf der Berlinale 2007 -

Auf der Podiumsdiskussion "Expanding Filmfestivals", die Samstag, den 10.02.2007 im Hamburger Bahnhof stattfand, entbrannte ein Streit zwischen der Filmwelt und der Kunstwelt. Prominente Gäste waren geladen: Roger M. Buergel (Documenta 12) (vertreten durch Rike Frank), Noah Cowan (Toronto International Film Festival), Peter van Hoof (International Filmfestival Rotterdam), Alexander Horwath (Documenta 12 / Österreichisches Filmmuseum) und Gabriele Knapstein (Hamburger Bahnhof), sowie die Moderatoren und Forum expanded-Kuratoren Anselm Franke (Extra City, Antwerpen) und Stefanie Schulte Strathaus (Freunde der Deutschen Kinemathek / Forum, Berlin). Wer kann hier von wem lernen? Ist die Kunstwelt ein Parasit in der Filmwelt, oder hat der Film von der Kunst zu lernen? Ist die traditionelle Form der Filmvorführung, bei der ein Publikum für einen vorgegebenen Zeitraum einer filmischen Narration folgt, der flüchtigen Multiprojektion im White Cube, oder der Black Box vorzuziehen?

Der Begriff des "Expanded Cinema" entstand im Zusammenhang einer neuen erweiterten filmischen Praxis Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre, die in Verbindung mit Performancekunst und einer Medienreflexion stand und den Zuschauer aktiv in die Aktionen mit einbezog. Diese reflektierten das Medium Film in seinen ästhetischen, materiellen, technischen, ideologischen und institutionellen Bedingungen. Bei den verschiedenen Formen der Mehrfachprojektion im Raum können Einzelsequenzen bewegter Bilder gleichzeitig harmonisch interagieren, in Dialog oder Widerstreit miteinander treten. Es sei an Andy Warhols "The Chelsea Girls" von 1966 erinnert. Von ihren Anfängen bis in die Gegenwart werden die verschiedenen Positionen der Projektionskunst parallel zum Forum expanded in der Ausstellung "Jenseits des Kinos" im Hamburger Bahnhof gelungen präsentiert und miteinander in Beziehung gesetzt.

Vielleicht sollte die Erweiterung des Kinos weniger bedeuten eine Konkurrenzsituation zwischen Filmwelt und Kunstwelt heraufzubeschwören, als vielmehr das breite Formenspektrum zu zeigen, in dem das Medium Film seine ästhetische Verarbeitung findet.

Die Forum expanded-Kuratoren Anselm Franke und Stefanie Schulte Strathaus haben verschiedene Orte ausgewählt, an denen Arbeiten gezeigt werden, die das Filmfestival erweitern sollen. Sowohl an klassischen Berlinale Spots, wie dem Arsenal, als auch an den Satellitenstandorten Büro Friedrich und Hamburger Bahnhof, sowie aus vermutlich pragmatischen Gründen in der Kanadischen Botschaft, werden Arbeiten präsentiert.

In der Galerie Büro Friedrich sind unter der Rubrik "Interior Expansion" die Arbeiten von sieben KünstlerInnen zu sehen, die auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Medium Film spielen. Alte Hasen sind ebenso vertreten wie Newcomer.
Bei den Arbeiten von Christoph Girardet, Andrea Cooper und Keren Cytter sind das Kino und seine narrativen Mechanismen Ausgangspunkt. Cooper und Cytter geht es im Besonderen um die Expansionen des Selbst, um ein Wechselspiel aus Realität und Fantasiewelt. Bei Jorge Lorenzo und Michael Snow steht die Reflexion des technischen Medium Films im Vordergrund. Isabell Spengler zeichnet eine telepathische Sitzung auf, während Karø Goldt mit der Abstraktion von Farbsymboliken spielt.

Eine der minimalistischsten und doch eindrucksvollsten Arbeiten stammt von dem Großmeister Michael Snow, der sich nie auf ein Medium der Kunstproduktion beschränkt hat, sondern immer wieder mit neuen ästhetischen Umsetzungen seiner konzeptionellen Ideen überrascht. Für das Forum expanded hat er eine orts-spezifische Arbeit geschaffen, die mit dem Kontext, der topographischen Lage der Galerie an der Spree spielt. Im abgedunkelten Galerieraum befindet sich ein zweistufiges Podest, auf das der Besucher steigen kann und durch ein quadratisches Fenster auf die Spree hinaussieht. Auf das Plexiglasfenster sind Wellen gezeichnet, die das unruhige Wasser des Flusses, des real bewegten Bildes dahinter, auf diese Weise doppeln. "Windowed Water" wird so zu einem endlosen gleichförmigen Film, der immer eine Unsicherheit darüber birgt, was in der nächsten Minute, den nächsten Tagen und Monaten zu sehen sein wird. Es kann nie dasselbe Bild gesehen werden, auch wenn sich die Bilder alle gleichen.

Als "Herzstück des Forum expanded" wird das "Gossip Studio" im Atrium des Filmhauses Arsenal bezeichnet, das von der Künstlergruppe CHEAP (Marc Siegel, Susanne Sachße, Daniel Hendrickson und Tim Blue) initiiert wurde. In Zusammenarbeit mit dem Drag-Künstler Vaginal Davis soll "ein Salon zur Herstellung und Verbreitung von Klatsch im Untergrund" entstehen. Dieser ist mit einer runden Cocktailbar, verschiedenen Sitzgelegenheiten und Friseursaloninterieur im Stil der 50er Jahre, sowie mit Fernsehern, in denen täglich Filme und die Soap "Le Ping Pong d’amour" vom Team Ping Pong gezeigt werden, ausgestattet worden. Das "Gossip Studio" spielt auf den Glamourfaktor und die Klatsch- und Tratsch-Kultur an, die von jeher zum voyeuristischen Moment des Kinos gehörten. Außerdem finden Performances, "Beauty Moments", statt, bei denen Stars des Underground-Glamours von Kreuzberg bis Winnipeg auftreten. Im b_books Buchladen kann sich der Besucher mit Literatur, Kunsttheorie und Kulturkritik versorgen.

Diese interaktive Teilhabe an der Entgrenzung des Kinos mittels einer kulturellen Praktik leidet bedauerlicher Weise an der wenig einladenden Atmosphäre im Foyer des Filmhauses, woran auch der innenarchitektonische Eingriff der Künstlergruppe CHEAP nichts ändert.

Inwiefern das Programm des Forum expanded tatsächlich einen inspirierenden und innovativen Beitrag zur Berlinale und dem "Expanded Cinema" leisten kann, bleibt fraglich, aber für Diskussionspotential ist sicher gesorgt.

Mehr Informationen zu dem umfangreichen Programm des Forum expanded sind unter:
www.fdk-berlin.de/de/forum zu finden.
Gossip Studio (Raum- und Videoinstallationen, TV-Programme, Filme, Fotos und Beauty Moments); Interior Expansion (Ausstellung mit Arbeiten von Andrea Cooper, Keren Cytter, Christoph Girardet, Karø Goldt, Jorge Lorenzo, Michael Snow, Isabell Spengler, sowie Deirdre Logue); "Interzone" Anne Quirynen, "Reverberlin" Michael Snow; Filme von Babette Mangolte und Constanze Ruhm; "Politics of Joy" / "Laborsituationen" (Kurzfilmprogramme mit Filmen von Tim Blue John Price, Olivo Barbieri, Cynthia Madansky, Ken Jacobs, Karø Goldt, Robert Aliaj Dragot, Sabine Schöbel, Aki Nakazawa und Ayse Erkmen; "Underground / Übersee" (Filme von Andy Warhol, Danny Williams, Jack Smith u.a.)


Am Mittwoch, den 14.02.2007, um 15 Uhr findet im Arsenal eine Podiumsdiskussion zu der Reihe "Underground / Übersee" mit Callie Angell, Birgit Hein, Marie Losier, Jackie Raynal und Esther B. Robinson statt. Moderiert wird die Veranstaltung von "Underground / Übersee"- Kurator Marc Siegel.

Hannah Beck-Mannagetta

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