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Oh Weh! Zur SCHMERZ - Ausstellung im Hamburger Bahnhof und dem Medizinhistorischen Museum d. Charité

von Stefanie Ippendorf (08.04.2007)


Oh Weh! Zur SCHMERZ - Ausstellung im Hamburger Bahnhof und dem Medizinhistorischen Museum d. Charité

Ob viszeral oder somatisch, akut oder chronisch, klopfend, brennend, stechend, bohrend, quälend, marternd oder einfach "nur" in der Form von Herzschmerz - jeder wird ihn schon auf die eine oder andere Weise erfahren haben: den Schmerz. Schmerz, auch "Dolor", oder veraltet "Pein", "Weh" ist eine komplexe Sinneswahrnehmung, die aufgrund einer physischen oder psychischen Verletzung auftritt und von den meisten Menschen als unangenehm empfunden wird. Die Ausstellung >SCHMERZ.PAIN<, die sowohl im Hamburger Bahnhof, als auch im Medizinhistorischen Museum der Charité gezeigt wird, thematisiert eben jene intensive Empfindung und deren Äußerungen.

In fünfzehn Kapitel unterteilt, versucht die in Kooperation mit der Praxis für Ausstellungen und Theorie [ Hürlimann | Lepp | Tyradellis ] entwickelte Ausstellung den Schmerz in all seinen Facetten zu erkunden und möchte "durch ungewohnte Konfrontationen und Kombinationen [...] irritieren, eindeutige Einordnungen verwischen und damit einen Mehrwert für Augen und Kopf schaffen". Dementsprechend vielseitig sind die Exponate in der Ausstellung. Nicht nur künstlerische Arbeiten, auch volkskundliche, religiöse und alltägliche Objekte sowie pathologische Präparate sind hier zu sehen. "Medizinisch korrekt" tragen die Ausstellungskapitel lateinische oder griechische Namen wie "placebo", "pharmakon", "seco" oder "extasis" und konzentrieren sich auf die vier Schwerpunkte "Ansichten des Schmerzes", "Reiz des Schmerzes" (Hamburger Bahnhof) sowie "Die Zeit des Schmerzes" und "Ausdruck des Schmerzes" (Medizinhistorisches Museum). Die beiden Ausstellungshäuser werden außerdem durch einen aus einem aus Bildtafeln bestehenden "Passionsweg" entlang der Invalidenstraße und dem Kanal zum Humboldthafen miteinander verbunden.

Nicht nur der Schmerzensweg, auch viele der Ausstellungskapitel verweisen auf das Christentum. So hätte es laut Peter Klaus Schuster (Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin) kaum einen besseren Eröffnungstermin für die Ausstellung als so kurz vor Ostern geben können. Schließlich stelle die Kreuzigung Christi doch die Wiederherstellung der Gottesebenbildlichkeit dar, deren Verlust den Beginn des theologischen Schmerzes markiert habe. Zwar ist der Schmerz ein durchaus wichtiger Aspekt im christlichen Glauben, doch leider haben sich die Ausstellungsmacher auf der Suche nach dem Schmerz ausschließlich der abendländischen Kultur mit der Betonung auf dem Christentum zugewandt. Die Ausstellung umfaßt Kreuzigungsdarstellungen von Albrecht Dürer bis zu Francis Bacon und illustriert die Leiden des Heiligen Sebastian (von Pfeilen durchbohrt) oder der Heiligen Agatha(...). Dabei wären doch gerade die Untersuchung des Schmerzes in anderen Kulturkreisen und Religionen ein spannender Beitrag zu diesem Thema gewesen.

Doch gibt es in beiden Ausstellungshäusern beeindruckende zeitgenössische künstlerische Positionen zur Thematik. So zeugt Bill Violas >Observance< vom schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen, Aya Ben Ron verewigt in >Still Under Treatment< den intimen Moment während des Narkotisiertwerdens im OP und Valeska Grisebach spürt in Interviews den Schmerzerfahrungen und -ursachen verschiedener Menschen nach. Ebenso wird die Lust am Schmerz nicht außen vor gelassen. Polizeiphotographien dokumentieren autoerotischen Unfälle mit Todesfolgen oder bilden sadomasochistische Vorrichtungen ab. Weiterhin wird der Hochleistungssport als bis an die Schmerzgrenzen des eigenen Körpers führende Tätigkeit gezeigt und die sogen. >Painstation< lädt zum Spiel mit Stromschlägen ein.

SCHMERZ operiert mit ihrem interdisziplinären Ansatz auf dem Terrain von Kunst und Medizin, Kunst und Wissenschaft und es wird deutlich wie unklar die Grenzen zwischen den Disziplinen bisweilen scheinen. So könnte eine in den Hamburger Bahnhof verfrachte Vitrine mit ca. 200 medizinischen Instrumenten auch als Kunstwerk missverstanden werden. Auf der anderen Seite wirken die sorgfältig präparierten und arrangierten Exponate auf ihre Art fast schon ästhetisch.


Abbildungen:
- "Passionsweg"
- Bill Viola >Observance<, 2002, Videostill, Courtesy of the artist
- Vitrine mit medizinischen Instrumenten

SCHMERZ. PAIN
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin
Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
05.04. – 05.08.2007

Di. - Fr., 10-18h; Sa. 11-20h; So. 11-18h

Hamburger Bahnhof
Invalidenstraße 50/51,
10557

Berliner Medizinhistorisches Museum
Charitéplatz 1
(ehemals Schumannstr. 20/21)
10117 Berlin

Stefanie Ippendorf

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