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aus/ gezeichnet/ zeichnen - Akademie der Künste Berlin

von Verena Straub (28.04.2009)


aus/ gezeichnet/ zeichnen - Akademie der Künste Berlin

„aus/ gezeichnet/ zeichnen“. Eine Ausstellung der Sektion Bildende Kunst - Akademie der Künste

Am Anfang steht die große Geste. Selbstbewusst und kraftvoll schmettern sich die farbtriefenden Pinselstriche auf Antoni Tàpies´ expressiven Zeichnungen dem Besucher in der Akademie der Künste entgegen. Weniger als selbstbewusste Geste, vielmehr fragend, tastend entpuppt sich bei weiterem Hinsehen die neu eröffnete Ausstellung mit dem typographisch wie inhaltlich auf-gebrochenen Titel „aus/ gezeichnet/ zeichnen“. Es handelt sich um ein Infragestellen oder vielmehr um eine Neubefragung des „aus-gezeichneten“ Zeichnens, das schon lange nicht mehr nur innerhalb der Grenze von Bleistift und Papier zu suchen ist. Zeichnung kann vieles sein – das zeigen die insgesamt 450 Werke der 66 Akademiemitglieder der Sektion Bildende Kunst.

Natürlich bewegen sich viele der Exponate weiterhin innerhalb der Vorstellung, dass Zeichnen eine Sache von Stift, Griffel oder Feder auf Papier ist – so etwa Joachim Johns grotesk krakelige Federzeichnungen, Hanns Schimanskys subtile Liniengeflechte oder die Portraitzeichnungen von Gerhard Kettner.
Aber was ist mit den Grenzgängern? Wie lassen sich beispielsweise Valie Exports Photographien in den Kontext der Zeichnung einordnen? Ihre Aufnahmen einer Leiter aus verschiedenen Perspektiven fügen sich bruchstückhaft aneinander und ergeben ein rhythmisch grafisches Gesamtbild, welches einen neuen, surrealen Raum erschließt. Die „Analytische Untersuchung zur Perspektive“ (1972) bildet keine Realität ab, sondern eröffnet einen Denkraum – vergleichbar mit der Offenheit eines weißen Blattes.
Auch Thomas Florschuetz´ Aufnahmen eines barocken Kronleuchters („Belgravia 10“, 05/07) zeigen eine Licht-Zeichnung im eigentlichen Sinne. Die von einer natürlichen Lichtquelle von oben beleuchteten Arme und Ornamente des Leuchters „zeichnen“ sich – in Untersicht aufgenommen – schattenrissartig ab und lassen Hinweise auf den realen Ort beinahe vollständig hinter dem abstrakt aufgefassten Bild verschwinden.
Neben diesen Zeichnungen mit dem „Stift“ der Photographie, zeigen viele Exponate Überlappungen mit anderen künstlerischen Disziplinen. Arnulf Rainers expressive Über-zeichnungen beispielsweise lassen einen eher malerischen Impetus erkennen, während Carlfriedrich Claus´ Arbeiten die Grenze zwischen Schrift und Bild ausloten. Seine teilweise gleichzeitig von beiden Seiten bearbeiteten „Sprachblätter“ werden wie Skulpturen in freistehenden Vitrinen präsentiert. Und damit wird eine weitere scheinbare Sicherheit – nämlich die Gewissheit um die Zweidimensionalität der Zeichnung – von den Ausstellungsmachern mit einem Fragezeichen versehen.

Kann sich ein Ort ab-zeichnen? Kann sich Zeit auf-zeichnen? Karin Sander beschäftigt sich in ihren „Gebrauchsbildern“ genau mit diesem Thema, wenn sie weiß bespannte, unbefleckte Keilrahmen ohne Verpackung und Schutz mit der Post auf Reise schickt. Schwarze Schmutzstreifen, ungleichmäßig abgestoßene Kanten, kleine undefinierbare Flecken, Postkleber mit Adressen und Stempeln oder schwarze Verpackungsbänder hinterlassen Spuren auf den Leinwänden. Es entsteht eine ganz eigentümliche „Zeichnung“ der Reise selbst, was zugleich die Autorschaft eines zeichnenden Künstlers brüchig macht.

Von der ältesten Form des Zeichnens, dem Einritzen in Stein (z.B. bei Tacita Dean), über Licht-Zeichnungen der Photographie, das Ab-Zeichnen eines Ortes bis hin zum Auf-Zeichnen von elektromagnetischen Wellen, wie die Arbeit Christina Kubischs zeigt – die Kuratoren bemühen sich um eine Erweiterung des geläufigen Verständnis von Zeichnung, was überraschend neue Perspektiven eröffnet.
Am Ende steht keine endgültige Antwort, was denn nun deren Wesen ausmacht. Aber vielleicht entspricht ja gerade diese Offenheit dem Charakter der Zeichnung am ehesten.

Kuratoren: Robert Kudielka, Michael Schoenholtz, Inge Zimmermann

Abbildungen nach Ablauf der Ausstellung entfernt

Abbildung:
- Richard Serra, Coltrane, 1998,
Ölkreide auf Papier, 100 x 135 cm
Museum Kurhaus Kleve, Foto: Annegret Gossens,
© VG Bild-Kunst, Bonn 2009
- Rosemarie Trockel, Oh Mystery Girl 8, 2006
Mixed Media, 67,5 x 57 x 3,8 cm
Courtesy Sprüth Magers, Berlin/London, Foto: Bernhard Schaub Köln
© Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Bonn 2009

Öffnungszeiten:
Di-So 11-20 Uhr

Ausstellungsdauer: 25.4.-14.6.09

Akademie der Künste
Hanseatenweg 10
10557 Berlin-Tiergarten
adk.de

Verena Straub

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