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ROOTS - INDIENS JUNGE KUNST in der Indischen Botschaft, Berlin

von Teresa Köster (22.03.2010)


ROOTS - INDIENS JUNGE KUNST in der Indischen Botschaft, Berlin

Wer hierzulande an indische Kunst denkt, denkt oft noch immer in Klischees: Folklore, Ornamentik und Farbenpracht spielen dabei keine unwesentliche Rolle. Dass die heutige indische Kunst aber weit interessanter und vielfältiger ist, verdeutlichen jüngste Aktivitäten indischer Künstler oder Kuratoren in Berlin. So auch aktuell in der Gruppenausstellung "ROOTS - INDIENS JUNGE KUNST" zu sehen, in der sechs Positionen junger indischer Künstler, die zwischen 1975 und 1981 geboren wurden, gezeigt werden.

Nachdem die Werke bis zum 13. März in der Berliner White Square Gallery hingen, sind sie nun vom 17. März bis 7. April im Foyer der Indischen Botschaft zu sehen.

Indiens raschen Wandel und die damit einhergehende Widersprüchlichkeit zwischen Moderne und Tradition nimmt die indische Kuratorin Sandra Khare (*1976, Mumbai) zum Anlass, um eine Schau zusammenzustellen, deren einzelne Werke um das Thema Erinnerungen kreisen. Auf der Suche nach ihren Wurzeln schlagen die sechs Künstler die unterschiedlichsten Wege ein.

Im Falle der Video- und Fotokünstlerin Nekshan Dabu (*1979) führt die Suche nach den eigenen Ursprüngen zu einer beeindruckenden fotografischen Reflexion über ihr Künstlerdasein. Eine der Fotografien zeigt Kunst als undefinierbare, körperfremde Flüssigkeit, die sich die Künstlerin in den Hals injiziert. Wird Kunst als eine Droge oder als eine lebenserhaltende, unverzichtbare Medizin verstanden? Zweifellos ist sie aber eine von Außen zugeführte Substanz, ein gesellschaftlich beeinflusstes Produkt. In den übrigen ausgestellten Fotografien der Statement-Serie "I am an artist and this is art" setzt sie sich kritisch mit dem Verständnis von Kunst auseinander. Auf verschiedene Weise versucht Dabu dort, ein Blatt Papier, mit dem titelgebenden Satz beschrieben, in einem Waschbecken zu zerstören. Durch ihren Eingriff kann selbst ein Blatt Papier zur Kunst erklärt werden; Kunst entsteht durch seine Proklamation.

Viel intimer ist die Auseinandersetzung von Shruti Mahajan (*1977) mit ihren Erinnerungen. Während sie bei der Eröffnung ihre fotografischen und malerischen Erinnerungsstücke an ihre Familie und dem Ort ihrer Kindheit gezeigt hat, ist sie in der Ausstellung mit Tuschezeichnungen von Sicherheitsadeln vertreten. Lyrisch verfremdend variiert Mahajan das Einfache und Alltägliche. Aus Gebrauchsgegenständen, die vor allem von indischen Frauen genutzt, aber oft übersehen werden, entsteht eine vergängliche Momentaufnahme indischen Lebens. Weit verträumter und verspielter, aber auch unbedarfter wirken dagegen die zarten Blüten und Gegenstände, die Rupali Angre (*1976) kleinformatig auf Bütten zeichnet.

Fast konträr scheinen die getrennt voneinander im geräumigen Foyer installierten, großformatigen Kohlezeichnungen Arun Pejes (*1981). Seine Zeichnungen muten düster an. Sie beschäftigen sich mit der menschlichen Existenz, zeigen Stadtlandschaften mit nicht eindeutig auszumachenden Tieren, Menschen wie Waren in Flaschen oder wie in Särgen umeinander kreisend sowie dem Verlauf der Zeit unterworfen und der gesellschaftlich-großstädtischen Hektik ausgesetzt. Subtiler werden gesellschaftsbezogene Aussagen von Bidyut Singha (*1975) getroffen, dessen Bilder den Besucher beim Betreten in die Ausstellung einführen. Vervielfachte Konturzeichnungen auf transparentem Papier, deren Aufmachung an Storyboards erinnert, wiederholen einen einfachen Arbeiter und eine ältere Frau, die kniend mit Hammer und Meißel den Boden bearbeitet. Individualität unterliegt hier der Gleichheit: der Gleichheit der Menschen, aber auch den gleichbleibenden, starren Formen der Gesellschaft.

In ihrer Deutung unklar, aber dennoch faszinierend, bleiben die Kohlezeichnungen und Skulpturen von Ritesh Meshram (*1975). Die an der Wand angebrachten Skulpturen kombinieren Materialien, die zu ungewohnten visuellen Erfahrungen führen. Sie gleichen unbekannten Maschinen und Geräten, Kleidungsstücken, wirken oft verspielt und lassen sich nicht festmachen.

Die Ausstellung in dem verwinkelten Foyer fügt sich in ihrem Arrangement mühelos in die zurückhaltend-ornamentierte Architektur der Botschaft ein und bestätigt einmal mehr, dass in Indien Modernität und Tradition auf beeindruckende Weise in Harmonie koexistieren. Was zuerst vielleicht gegensätzlich erscheinen mag, überzeugt hier: Eingeleitet wurde die Ausstellung am Eröffnungsabend mit einem Konzert traditioneller indischer Musik; Malerei mit klassisch indischer Motivik, die fester Bestandteil der Botschaft ist, hängt neben den temporär angebrachten Bildern und Skulpturen. In Kooperation mit der White Square Gallery Berlin und der Wegweiser GmbH Berlin ist der Indischen Botschaft eine Ausstellung gelungen, die die Verschiedenartigkeit der indischen Kunst vor Augen führt und zeigt, dass unsere Vorstellungen von Indien überdacht werden müssen. Die sechs Künstler waren mit Ausnahme von Shruti Mahajan bisher vor allem national tätig, sind aber zweifellos längst global geprägt und eingebunden.

Beteiligte Künstler:
Rupali Angre, Nekshan Dabu, Shruti Mahajan, Ritesh Meshram, Arun Peje, Bidyut Singha

Abbildungen:
- Nekshan Dabu: Aus der Serie „I am an artist and this is art“, 2009,
digital print on archived Board, 91,44 x 68,58 cm, © Nekshan Dabu
- Shruti Mahajan: Untitled, 2009, ink on paper, 38,10 x 53,34 cm, © Shruti Mahajan
- Arun Peje, Untitled, 2009, charcoal on paper, 45,72 x 45,72 cm, © Arun Peje

Ausstellungsdauer: 18.03. – 07.04.2010

Embassy of India
Tiergartenstraße 17
10785 Berlin

Öffnungszeiten:
Mo – Fr 9 - 17.30 Uhr
Ausstellung: Mo – Fr 15 - 17 Uhr (außer 2. und 5. April)

indischebotschaft.de

Teresa Köster

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