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Tür an Tür. Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte

von - Marlen Bonke (01.04.2011)


Tür an Tür. Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte

Der Martin-Gropius-Bau plant zusammen mit dem Warschauer Königsschloss unter dem Titel „Tür an Tür. Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte“ in Berlin eine umfassende Ausstellung, anlässlich der polnischen EU-Ratspräsidentschaft (ab Juli 2011). Sie soll anhand ausgewählter Kunstobjekte die kulturellen Gemeinsamkeiten und historischen Schnittstellen der beiden Nachbarländer skizzieren. Dass es sich dabei um ein ambitioniertes Vorhaben handelt zeigen schon die Zahlen: über 700 Exponate, 3200 Quadratmeter Ausstellungsfläche, verteilt auf 19 Räume, über 60 Katalogautoren, ein wissenschaftlicher Beirat, bestehend aus 12 nahmenhaften Experten, wie beispielsweise Dieter Bingen, Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt oder der polnische Historiker und Staatssekretär Wladyslaw Bartoszewski, und schließlich die aktuelle Vorab-Pressekonferenz sechs Monate vor der Eröffnung.

Ein großes Vorhaben also, dass eine gewisse Behutsamkeit erfordert, denn die Aufarbeitung deutsch-polnischer Geschichte ist ein sensibles Thema. Der historische Hintergrund macht die Kunstausstellung zu einem Akt der Völkerverständigung und wird auf politischer Ebene einige Beachtung finden. Der Beitritt Polens in die EU war zwar ein endgültiges Signal zur Aussöhnung der beiden Nachbarländer, doch die historischen Belastungen sind auch Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch zu schwer, um heute von einem freundschaftlichen Verhältnis zu sprechen. Während der Teilung Deutschlands beäugte man sich in Warschau, Bonn und Ost-Berlin mit gegenseitigem Misstrauen. Seit der deutschen Wiedervereinigung wird der Annäherungsprozess immer wieder gestört durch erhitzte Debatten, um die Verarbeitung traumatischer Ereignisse, wie zuletzt die Planung eines deutschen „Zentrums gegen Vetreibungen“ zeigte.

Die enge Zusammenarbeit mit dem Warschauer Team ist schon mal ein guter Garant für das nötige Fingerspitzengefühl bei der Umsetzung. Aber was wird den Besucher inhaltlich erwarten? Für diese Aufgabe hat man sich die renomierte Kunsthistorikerin und Kuratorin Anda Rottenberg ins Boot geholt. Als langjährige Direktorin der Warschauer Kunsthalle „Zacheta” trug sie viel zur Förderung zeitgenössischer Kunst in Polen bei. Zwischen 1993 und 2001 leitete sie den polnischen Pavillon auf der Venedig Biennale und aktuell ist sie Vorstandsmitglied des Museum of Modern Art in Warschau. Sie sei keine Expertin für alte Kunst, wie sie auf der Pressekonferenz betonte, doch Zweifel an der personellen Besetzung kommen nicht auf. Im Gegenteil, der Leiter des Martin-Gropius Baus Gereon Sievernich wünscht sich einen frischen Blick auf die Geschichte und den kann man, wenn überhaupt, nur durch Abstand gewinnen. Anda Rottenberg sei als Chefkuratorin dafür genau die Richtige.

Eine der Symbolfiguren der Schau wird die Heilige Hedwig von Schlesien sein, deren Vita der Augsburger Hedwigskodex illustriert. Sie hatte zusammen mit ihrem Ehemann, Herzog Heinrich I. der Bärtige, zu Beginn des 13. Jahrhunderts deutsche Ostsiedler nach Schlesien gerufen, um die wirtschaftliche Leistung des Herzogtums zu stärken. Die Migrantenströme von West nach Ost waren zu dieser Zeit gerade auf ihrem Höhepunkt. Heute wird Hedwig von Schlesien als Patronin für die Versöhnug zwischen Deutschland und Polen verehrt.

Und noch eine zweite Hedwig spielte eine wichtige Rolle in der deutsch-polnischen Geschichte: Diese war die Tochter von Kasimir dem Jagiellonen, Großfürst von Litauen und König Polens. Ihre Hochzeit mit dem bayerischen Herzog Georg dem Reichen im Jahr 1475 war nicht nur ein politisches Bündnis gegen die Türken, sondern auch eines der pompösesten Feste des Mittelalters, das man heute noch alle vier Jahre in Landshut begeht. Ihr Porträt wirbt schon jetzt als Galionsfigur für die Ausstellung.

Einer ihrer Zeitgenossen war gleichzeitig Bürger von Nürnberg und Krakau und schuf in beiden Städten einige der großartigsten Werke mittelalterlicher Holzschnitzerei. Die Rede ist von Veit Stoß, der durch eine kurz nach 1500 geschaffene Madonnenskulptur im Martin-Gropius Bau vertreten sein wird.

Neben Werken der bildenden Kunst wird die Ausstellung aber auch Grenzgänger in Kunstgewerbe, Musik und Literatur zeigen. Die Exponate stammen aus den unterschiedlichsten Sammlungen, darunter Internationale wie die Vatikanische Bibliothek und das Victoria & Albert Museum in London. Ein besonderes Ereignis für das Berliner Publikum, dürfte die Präsentation von Jan Matejkos Gemälde „Preußische Huldigung“ von 1882 sein, das man auf Grund seines stolzen Formates (388 × 875 cm) bisher nur an seinem Heimatstandort, dem Nationalmuseum in Krakau sehen konnte. Es zeigt die Beendigung der jahrhundertelangen Auseinandersetzung zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Orden im Jahr 1525. Wie kaum ein anderes Werk spiegelt es in einem einzigen Moment das ambivalente Verhältnis zwischen Deutschland und Polen wider.

Da im Titel 1000 Jahre Geschichte angekündigt werden, darf auch die gegenwärtige Generation nicht fehlen. Hier werden uns u.a. Günther Uecker, Luc Tuymans, Wilhelm Sasnal, Miroslaw Balka, Kzrysztof Wodiczko, Edward Dwurnik und Jochen Gerz begegnen. Die Kuratorin hofft mit ihrer Auswahl, aber auch weniger etablierte Künstler in Deutschland bekannter zu machen. Bis zu Eröffnung haben die beiden Teams östlich und westlich der Oder-Neiße Grenze noch viel Arbeit vor sich, wir düfen gespannt sein, ob die hohen Ansprüche erfüllt werden.

Martin-Gropius-Bau Berlin
Niederkirchnerstraße 7 | Ecke Stresemannstr. 110
10963 Berlin

berlinerfestspiele.de
Ausstellungsdauer: 23. September 2011 bis 09. Januar 2012

- Marlen Bonke

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Titel zum Thema Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte:

Tür an Tür. Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte
Im Zeichen deutsch-polnischer Freundschaft
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