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Die kaiserliche Villa Katsura. Fotografien von Ishimoto Yasuhiro im Bauhaus-Archiv Berlin

von Vivi Kallinikou (19.01.2012)
vorher Abb. Die kaiserliche Villa Katsura. Fotografien von Ishimoto Yasuhiro im Bauhaus-Archiv Berlin

Die kaiserliche Villa Katsura übte auf viele nach Japan gereiste europäische und amerikanische Architekten eine große Faszination aus. Walter Gropius, Bruno Taut oder Le Corbusier sahen die Idee der westlichen Moderne im 17. Jahrhundert Japans vorweggenommen: Die Kombination aus effizientem Gebrauch von Material und differenzierter Raumgestaltung, Standardisierung, Vorfertigung und Einfachheit.

Das Bauhaus-Archiv zeigt nun in Kooperation mit The Japan Foundation Ishimoto Yasuhiros Schwarz-Weiß-Fotografien der im 17. Jahrhundert erbauten kaiserlichen Villa Katsura bei Kyôto. Im Dezember erhielt die Sammlung eine wertvolle Schenkung durch den Fotografen und konnte die Ausstellung mit 30 der 55 geschenkten Aufnahmen erweitern.

Ishimoto Yasuhiro, 1921 in San Francisco geboren, Sohn japanischer Einwanderer, wird am Institute of Design in Chicago, ehemals New Bauhaus, als Fotograf ausgebildet. 1953 erhält er vom MoMA den Auftrag japanische Architekturdetails für die Ausstellung „Das japanische Haus“ zu fotografieren. Er reist mit Arthur Drexler, damals Kurator der Abteilung Architektur und Design im New Yorker MoMA, zunächst als Dolmetscher nach Japan. Dass der Mann fotografiert, war eine Zugabe, die sich erst in zweiter Linie als wertvoll erwies. Ein Ziel ist die kaiserliche Villa Katsuro westlich von Kyôto. In seiner heutigen Form ist der Komplex aus Villa, Garten und Pavillons 1650 nach einer dritten Bauphase vollendet worden und nimmt 50.000m² ein.

Ishimoto tritt seine Reise ohne relevante Erfahrung als Architekturfotograf an, findet an seiner Aufgabe so großen Gefallen, dass er 1954 ohne Auftrag zurückkehrt und eine erste Serie von Katsura fotografiert. Eine Serie, die das westliche und japanische (!) Bild japanischer Architektur entscheidend prägen sollte. Er selbst steht lange in einem Spannungsfeld zwischen seiner japanischen Herkunft und den amerikanischen Einflüssen seiner Heimat – seine Aufnahmen dagegen sind zweifellos ein westlicher Blick auf die Architektur des alten Japan.

1954 ist die heute so bekannte Villa noch unentdeckt. In der japanischen Architekturentwicklung gibt sie den besonderen Außenseiter, spricht den westlichen Geschmack nach den Entwicklungen der Moderne dafür umso mehr an. Der japanische Architekt Kenzo Tange ist von Ishimotos moderner Inszenierung der alten Architektur fasziniert und leitet eine Zusammenarbeit ein. Der Grafikdesigner und Fotograf Herbert Bayer gestaltet das 1960 publizierte Fotobuch „Katsura“, es enthält Texte von Walter Gropius und Kenzo Tange. Der Katalog zeigt als wichtiger Bestandteil der Berliner Ausstellung, welchen bis heute unerreichten Standard Ishimotos Aufnahmen gesetzt haben.

Ishimoto fotografiert mit einer Großformatkamera. Ihm gelingen kontrastreiche Bilder, häufig bestimmt von Rechteckrastern, seltener von nach hinten kippenden Linien oder Ornamenten. Ein präziser Blick für Details und Strukturen und ein sauberes Komponieren machen die Aufnahmen aus. Er nimmt den Bau in seine Einzelteile auseinander, weicht von den Einstellungen der traditionellen Architekturfotografie ab, verzichtet auf repräsentative Ansichten, zeigt stattdessen Details und Aufsichten. Abstrakte Kompositionen aus Linien, Texturen, Flächen und Muster, komplexe, grafische Gebilde also organisieren die Fläche, lassen Material und Objekte aber deutlich erkennen. Er reizt die gesamte Schwarz-Weiß-Palette aus. So erinnert die eine oder andere Aufnahme seiner Unterteilung in schwarzen, weißen oder grauen Linien, Flächen und Farben an konstruktivistische Malerei und übt auf den westlichen Betrachter einen noch größeren Reiz aus. Einen Einfluss alter japanischer Architektur auf die westliche Moderne zu vermuten, wäre indes voreilig. Vor 1935 sind keine Publikationen von Katsura bekannt, Le Corbusier oder Gropius kamen erst in den 50ern nach Japan.

Nichtsdestotrotz stellt das Bauhaus-Archiv mit seiner ersten Sonderausstellung 2012 eine faszinierende Verbindungen her: Ishimoto steht durch seine Ausbildung am ehemaligen New Bauhaus in Chicago dem Bauhaus inhaltlich nah. Er pflegte auch persönliche Kontakte zu maßgeblichen Bauhäuslern. Man denke an die Zusammenarbeit von Bayer, Gropius, Kenzo und Ishimoto am 1960 publizierten Fotobuch, dann ist klar: Ishimotos Schwarz-Weiß-Fotografien sind am richtigen Ort.

Das Bauhaus-Archiv sammelt und forscht als einzige Institution außerhalb der USA auch die Geschichte der Bauhausnachfolge. Die Ausstellung ist ab dem 18. Januar bis zum 12. März 2012 im Bauhaus-Archiv zu sehen. Eine 32-seitige Broschüre, „Katsura. The Photographs of Ishimoto Yasuhiro“, mit den Schwarz-Weiß-Fotografien und ein Veranstaltungsprogramm begleiten die Ausstellung.


Die kaiserliche Villa Katsura. Fotografien von Ishimoto Yasuhiro
Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
Klingelhöferstr. 14, 10785 Berlin
Ausstellungsdauer: 18. Januar 2012 bis zum 12. März 2012
Öffnungszeiten: täglich außer dienstags 10-17 Uhr
bauhaus/ausstellungen

Vivi Kallinikou

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Daten zu Ishimoto Yasuhiro:


- 8. Yokohama Triennale 2024
- MoMA Collection


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Titel zum Thema Ishimoto Yasuhiro:

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