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Offener Brief des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. zur Umnutzung der Berliner Gemäldegalerie

von chk (04.07.2012)
vorher Abb. Offener Brief des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. zur Umnutzung der Berliner Gemäldegalerie

Der Vorstand des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. hat den nachfolgenden offenen Brief an den Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann gerichtet, um gegen die geplante Zusammenlegung der Berliner Gemäldegalerie und Skulpturensammlung zu protestieren.

"Sehr geehrter Herr Staatsminister,

der Verband Deutscher Kunsthistoriker e.V. protestiert aufs Schärfste gegen die Pläne, die Berliner Gemäldegalerie Alter Meister am Kulturforum in Bälde zu schließen zugunsten einer Nutzung ihres Hauses durch die Neue Nationalgalerie.

Bode-Museum

Die in Aussicht gestellte Zusammenlegung mit der Skulpturensammlung und dem Museum für Byzantinische Kunst im Bode-Museum würde auf unabsehbare Zeit lediglich eine massiv reduzierte Auswahl an Kunstwerken zugänglich halten, bis der notwendige Galerieneubau im Kasernengelände am Kupfergraben, möglicherweise erst in ferner Zukunft, verwirklicht wäre.

Wir halten diese Pläne für verantwortungslos, weil sie eine der qualitativ besten, trotz der Kriegsverluste vollständigsten Gemäldegalerien der Welt ihres Allein­stel­lungs­merk­mals beraubt, nämlich mehr als ein halbes Jahrtausend europäischer Malerei­geschich­te in hochkarätigen Werken in enzyklopädisch umfassender Weise zur An­schau­ung zu bringen. Damit würde der Öffentlichkeit und Fachwelt auf viele Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte, die Möglichkeit genommen, diese Malereigeschichte in ihrer ganzen Dichte und Vielfalt zu studieren und zu genießen. Die von Generationen auf der Grundlage des hohenzollernschen Gemäldebesitzes geschaffene, einmalige Berliner Gemäldesammlung hat bekanntlich unter der tragischen Geschichte des 20. Jahr­hunderts und ihren Folgen besonders zu leiden gehabt: Von beinahe 75 Jahren, seit der kriegsbedingten Schließung 1939, ist sie erst wieder seit 14 Jahren voll­ständig zu sehen.

Die Skulpturensammlung und das Museum Byzantinischer Kunst auf der Museum­sinsel sind nach langen Jahren der Teilung und der Deponierung gar erst seit sechs Jahren in ihrer überall auf der Welt bewunderten Fülle wieder zugänglich. Nir­gend­wo sonst kann man die Bildhauerkunst Europas von weit über tausend Jahren, seit der Spätantike bis 1800, derart differenziert studieren; die Bestände zur ita­lie­nischen und deutschen Skulptur sind von einzigartiger Dichte und Qualität.

Diesen nach größten Mühen und mit sehr erheblichen finanziellen Mitteln als glück­liches Resultat der Wiedervereinigung endlich erreichten, völlig intakten Zustand jetzt wieder zur Disposition gestellt zu sehen – und dies nicht infolge Krieg, Besatzung, Teilung der Nation, sondern durch die Verantwortlichen selbst – macht uns fassungs­los.

Um es deutlich zu sagen: Die Deponierung großer Teile der Sammlungen Alter Meister kann man nicht mit Bodes Konzeption, Malerei und Skulptur gemeinsam zu zeigen, bemänteln. Das in öffentlichen Verlautbarungen in Aussicht gestellte Feigenblatt, nämlich eine rotierende Präsentation der im viel zu kleinen Bodemuseum nicht unter­zu­bringen­den Werke, halten wir auch aus konservatorischen Gründen für un­ver­ant­wortlich. Wäre derlei im soeben neu gestalteten Louvre vorstellbar? Was hätte Bode dazu gesagt?!

Wie die Frage der zugehörigen Restaurierungswerkstätten, die aus guten konser­va­torischen Gründen in den jeweiligen Häusern liegen, bei der von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz geplanten Reise nach Jerusalem berücksichtigt werden soll, ist nicht zu erkennen.

Es besteht kein Zweifel, daß die Heilung der im 20. Jahrhundert schwer versehrten Berliner Museumslandschaft eine große Aufgabe ist. Es kann dabei aber doch nicht im Ernst als auch haushälterisch verantwortliches Tun gelten, zugunsten eines sa­nie­rungs­be­dürfti­gen Hauses zwei soeben mit höchstem Aufwand eingerichtete Samm­lungen von ganz unstrittigem Weltrang auf unabsehbare Zeit dezimiert zusammen­zustopfen und dafür erneut viel Geld auszugeben. Mit nachhaltigem, ressourcen­schonenden Wirtschaften hat dies nichts zu tun.

Wir halten es für unverantwortlich, wenn mit dem Hinweis auf die Schenkungs­bedin­gungen einer Privatsammlung surrealistischer Kunst, deren angeblicher Markt­wert von 150 Millionen Euro angesichts heutiger Auktionspreise auf allenfalls eine Handvoll höchstrangiger Werke schließen läßt, Druck auf intakte Museen von Weltrang auf­ge­baut wird. Eine Handvoll Bilder, die eine schmale Epoche innerhalb des zwan­zigsten Jahrhunderts repräsentiert und an Bedeutung nicht annähernd etwa mit der Sammlung Berggruen zu vergleichen ist, soll eine aus öffentlichen und Stifter­mitteln in generationenlanger Arbeit aufgebaute, ein Halbjahrtausend erlesenster Kunst umfassende Sammlung aus ihrer endlich gewonnenen Heimstatt vertreiben können, ohne daß die Finanzierung eines adäquaten Ersatzes auch nur in Konturen sichtbar wäre? Welcher edle Spender kann derartiges ernsthaft in Kauf nehmen wollen?

Für die Neue Nationalgalerie, ihren erfreulichen Zuwachs und ihren Sanierungsbedarf muß eine vernünftige Lösung gefunden werden, die nicht jahrelang, womöglich jahrzehntelang zu Lasten der Alten Meister geht. Ein Umzug und eine Zusammen­legung von Gemäldegalerie und Skulpturensammlung wäre erst dann akzeptabel, wenn der dafür geplante Neubau der Gemäldegalerie am Kupfergraben steht.

Nochmals: Wir protestieren aufs Schärfste und fordern Sie auf, die Rücknahme der bisherigen Pläne zu bewirken!

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Georg Satzinger
Erster Vorsitzender "

Wer sich dieser Meinung anschließen will, hier geht zur Unterschriftenliste:
kunsthistoriker.org/offener_brief_gemaeldegalerie.html#c3189

chk

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Titel zum Thema Gemäldegalerie Berlin:

Die Kritik am Umzug der Alten Meister geht weiter: Offener Brief an Staatsminister Neumann
Nun kritisieren auch die ehemaligen Generaldirektoren der Staatlichen Museen zu Berlin, Wolf-Dieter Dube und Günter Schade das Vorhaben, die Alten Meister aus der Gemäldegalerie auf die Museumsinsel zu verlegen.

Offener Brief des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. zur Umnutzung der Berliner Gemäldegalerie
Der Vorstand des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. hat den nachfolgenden offenen Brief an den Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann gerichtet, um gegen die geplante Zusammenlegung der Berliner Gemäldegalerie und Skulpturensammlung zu protestieren.

Presse: Wir schaffen hier eine Idealsituation Udo Kittelmann | Welt Online (5.7.2012)

Presse: Was die Museen auf der Insel wollen Bernd Wolfgang Lindemann | Tagesspiegel (5.7.2012)

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