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“Erdglas - Natur und andere städtische Täuschungen”: Tue Greenfort in der Berlinischen Galerie

von Inka Humann (07.11.2012)
vorher Abb. “Erdglas - Natur und andere städtische Täuschungen”: Tue Greenfort in der Berlinischen Galerie

Ausstellungsansicht Tue Greenfort. GASAG Kunstpreis 2012, Foto: Jirka Jansch


Historische Gaslaternen, aufgestellte Glasscheiben mit Berichten über Knut und eine Versuchsanordnung für eine Biogasanlage, als deren Treibstoff Kot des Berliner Bären dient.
Dies alles ist in der derzeitigen Ausstellung des dänischen Künstlers Tue Greenfort in der Berlinischen Galerie zu sehen. Anlass ist die Verleihung des GASAG Kunstpreises, der zum zweiten Mal in Kooperation mit der Berlinischen Galerie an einen Künstler vergeben wird, der an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft arbeitet: eben jenen Wahlberliner Tue Greenfort, der Ökologie als ein „Systemmodel für soziale, ökonomische und kulturelle Phänomene und Zusammenhänge“ versteht.

In seinen raumgreifenden Installationen konzentriert sich Greenfort hauptsächlich auf zwei Materialien: zum einen Glas, ein künstlich hergestellter, doch zum größten Teil aus Sand bestehender Werkstoff, der opak aber auch transparent sowie fest und zugleich zerbrechlich ist. Zum anderen Gas, das in der Ausstellung durch seine Umwandlung in Licht und Wärme erfahrbar ist und dessen Verbrennung CO2 freisetzt. Der Documenta-Teilnehmer Greenfort demonstriert damit seine ortspezifische Gestaltung. Er stellt einen direkten Bezug zum Standort der Berlinischen Galerie her, in deren Räumen sich ehemals ein Glaslager befand. Zudem bindet Greenfort die benachbarte Glaser-Innung ein, in deren Zusammenarbeit die Glasobjekte der Ausstellung produziert wurden.

Historische Gaslaternen, die in Bezug auf den Klimaschutz zum Teil auf LED-Beleuchtung umgerüstet sind, erhellen den Raum und erinnern nostalgisch an Straßenzüge im alten Berlin. Als Symbol für die Industrialisierung und Modernisierung Ende des 19. Jahrhunderts verweisen sie auf die Bedeutung der GASAG für die Beleuchtung der Stadt. Zugleich wird ein Bezug zur Stadt Berlin mit ihrem weltweit größten Bestand an Gaslaternen hergestellt, um deren ‚Überleben‘ Liebhaber hartnäckig kämpfen.

In diesem Rahmen wirft Greenfort die Frage auf, inwiefern Sehgewohnheiten mit modernem Umweltbewusstsein zu vereinen sind. Hieran anknüpfend regt die Ausstellung zum Nachdenken über unser Verständnis von Natur an: auf einer Glasplatte angebrachte Artikel aus Boulevardzeitungen rund um die Geschichte des Eisbären Knut verdeutlichen das problematische Verhältnis der Presse, aber auch der Zoobesucher zum Tier. Eine ebenso angebrachte Werbeanzeige der Firma GASAG macht auf die eigentliche Ironie aufmerksam, dass gerade ein Energiekonzern einen Polarbären als Werbefigur hat. Hier zeigt sich Greenforts kritischer Umgang mit seinem Sponsor, was durch seine Aussagen über die Konstellation Konzern – Künstler – Kunstinstitution noch verstärkt wird. So sieht er die Institution Museum als Teil der heutigen Erlebnisökonomie, in der Firmen die Möglichkeit gegeben wird, Preise an junge Künstler zu verleihen und dadurch Eigenwerbung zu betreiben. Die heutigen Künstler beschreibt er als Manager ihrer selbst, die Teil der serviceorientierten Leistungsgesellschaft geworden sind.
Zu seiner Arbeit gehört auch ein begleitende Katalog, mit dessen besonderer Gestaltung sich der Däne dem vorgegebenen Design widersetzt und das Problem, dass Kataloge schon Wochen vor Ausstellungsbeginn fertig sein müssen, umgeht. Greenfort schafft eine Do-it-yourself-Lösung, indem der Katalog mit Wendeumschlag, im Ausstellungsraum hängenden ergänzenden Katalogseiten und beigelegten Schrauben individuell sortiert und aktualisiert werden kann. Die Selbstgestaltung führt so weit, dass Kameras für eigene Installationsfotos ausgeliehen und vor Ort ausgedruckt und eingeklebt werden können. Alle Fotos erscheinen auf der Website des Künstlers (tuegreenfort.net). Man darf also gespannt sein, wie der individuelle Konsument mit der Ausstellung umgeht.

Schlussendlich eröffnen sich innerhalb des sehr kritischen künstlerischen Konzepts der Ausstellung, die durchaus ihre ironischen Momente hat, immer wieder neue Sehweisen und Denkansätze, die herausfordern. Doch bleibt zuletzt die Frage, ob sie sich nicht in ihren zahlreichen Anspielungen verliert.

Tue Greenfort - GASAG Kunstpreis 2012
Berlinische Galerie
Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin
Ausstellungsdauer: 02.11.2012–08.04.2013
Öffnungszeiten: Mittwoch - Montag 10 - 18 Uhr
berlinischegalerie.de

Inka Humann

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