"Ich bin der dreifache Weltmeister der Narretei aller freien Künste, des Irrtums und der Täuschung." Der Maler, Zeichner und Literat Friedrich Schröder-Sonnenstern feierte in den 1950er Jahren große Erfolge. Sein Werk polarisiert bis heute, gebraucht die Kunst und deren Protagonisten als Weg in und aus dem Irrsinn LEBEN.
Wie ein Code durchzieht der Mond das Werk des 1892 in Ostpreußen geborenen Emil Friedrich Schröder. Als lachender Beobachter am oberen Rand der Zeichnungen - mit Augen, breit geöffnetem Mund, dem männlichen Geschlechtsteil als Nase -, auf denen sich die Figuren seiner künstlerischen Welt begegnen. Löwen und Frösche, Könige und Teufel, weibliche und männliche Körper und Körperteile füllen die Blätter, in Formen und Farben erzählen und erleben sie Geschichten, Szenen eines "ver-rückten" Lebens.
Das Leben des Autodidakten Schröder, der sich bald auch "Sonnenstern" nannte, war ein unstetes, anstrengendes und einsames Dasein: Aushilfsarbeiten als Stalljunge im Zirkus, Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft und Postzustellung, Teilnahme am 1. Weltkrieg und Aufenthalte in sogenannten Besserungs- und Irrenanstalten, Gefängnisstrafen. Ab 1920 lebte Schröder-Sonnenstern in Berlin, hier war er als Heiler, Astrologe und Graphologe unterwegs. Erste Zeichnungen entstanden Anfang der 1930er Jahre in der Irrenanstalt Neustadt. Ab 1952 vertrat Rudolf Springer den Autodidakten, die erste Einzelausstellung fand 1961 in der Hamburger Galerie Brockstedt statt. Ausstellungen in Düsseldorf, Hamburg und Hannover folgten. Doch zu dieser Zeit entstanden schon fast keine Werke mehr, einige Jahre lang ließ er mehrere Kunststudenten für ihn arbeiten.
In der aktuellen Ausstellung der Galerie in Berlin, geleitet von Boris Brockstedt, sind nun 50 Arbeiten aus dem Bestand des Hauses zusammengestellt, die zu einem erneuten und konzentrierten Einblick in das Werk des Künstlers einladen. Die Zeichnungen entziehen sich nach wie vor einer Einordnung, jedoch nicht der Wertschätzung der Kunstwelt. Schröder-Sonnenstern spielte mit seiner Außenseiterrolle, konnte sein Anderssein wohl bewusst nutzen. So bezeichnet er sich als "Salutor", eine Wortschöpfung aus "Spinnen auf Leben und Tod ohne Rücksicht".
Sein Formenkanon ist intensiv, doch trotz der Fülle der Arbeiten durchaus eingeschränkt, die Figuren und ihre Attribute wiederholen sich: Ein Esel mit den drei Säcken Glaube, Liebe und Hoffnung auf dem Rücken, Affen als Sinnbild für den Spiegel des Menschen. Seine Sprachschöpfungen - Dr.hc. Linolau, König Biskorabhört, Zuptalfasuezor, Lochunder – ergänzen die kolorierten Zeichnungen. Fast wirken die Blätter wie Porträts einer Ahnenreihe. Er zieht über Akademiker, Wissenschaftler und Beamte her, nicht nur ironisch, manchmal fast böse. Sich selbst bezeichnet er als "Stern überm Firmament", verortet sich über und außerhalb der Gesellschaft. Schon zu Lebzeiten entzog sich Sonnenstern der Vereinnahmung durch Künstler wie Jean Dubuffet, Hans Bellmer oder André Breton, die ihn in ihre Kreise der "Art Brut" und der Surrealisten einreihen wollten.
Seine Dämonen und Geister sind nicht von dieser Welt und doch unter uns: "Weckt mich, wenn ich tot bin." 1982 starb Friedrich Schröder-Sonnenstern in Berlin.
Bis zum 24. November 2013 sind in Venedig im "Enzyklopädischen Palast" im Rahmen der Biennale der Outsider zehn großformatige Farbstiftzeichnungen von Schröder-Sonnenstern zu sehen. Ende August erscheint das neue Buch von Klaus Ferentschik und Peter Gorsen: Friedrich Schröder-Sonnenstern und sein Kosmos im Parthas Verlag Berlin.
Galerie Brockstedt
Friedrich – der Einzige Schröder-Sonnenstern
10. August – 05. Oktober 2013
Mommsenstraße 59
Di – Fr 10 – 18 Uhr
Sa 10 – 14 Uhr
brockstedt.com
Titel zum Thema Schröder-Sonnenstern:
König Biskorabhört, Zuptalfasuezor, Lochunder ...
"Ich bin der dreifache Weltmeister der Narretei aller freien Künste, des Irrtums und der Täuschung." Der Maler, Zeichner und Literat Friedrich Schröder-Sonnenstern feierte in den 1950er Jahren große Erfolge.
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