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Geistiges Eigentum und Datenklau - Zwei Ausstellungen im Rahmen der Transmediale

von Dr. Inge Pett (29.01.2015)
vorher Abb. Geistiges Eigentum und Datenklau - Zwei Ausstellungen im Rahmen der Transmediale

Tobias Revell, Mercenary Cubiclists, © Tobias Revell

Bin ich drinnen? Bin ich draußen? Wer ist der Beobachter? Und wer das Objekt der Betrachtung? „Capture all“ lautet der Titel einer Ausstellung, die seit dem 28. Januar im Rahmen der Transmediale im Berliner Haus der Kulturen der Welt zu sehen ist. Bereits die Ausstellungsarchitektur, konzipiert von dem Büro Raumlabor Berlin, greift den Titel metaphorisch auf. Ein undefinierter ambivalenter Raum mit diversen Kojen, getrennt durch Schichten und Netze, tut sich auf. Voller Sperrigkeiten, aber auch Transparenz und Verbindlichkeiten.

Die Kuratoren Daphne Dragona und Robert Sakrowski haben elf Künstler eingeladen, die in ihren Arbeiten der Frage nach dem ambivalenten, oft asymmetrischen Verhältnis von Usern und Algorithmen nachgehen. Wo liegen die Tücken einer datenerfassten Welt? Wo die Verlockungen? Und sind wir wirklich „alle eingefangen“?

So hat das Künstlerduo „Art is open Source (AOS)“ – dahinter stehen der italienische Ingenieur, Künstler und Hacker Salvatore Iaconesi sowie die Kommunikationswissenschaftlerin Oriana Persico - die Installation „Stakhanov“ erschaffen, die als „Data Oracle“ für ein neues Zeitalter fungiert. Stakhanov analysiert persönliche Daten – eingegeben von Usern in soziale Netzwerke – und erstellt daraus Prognosen für die Zukunft.

In ihrer Arbeit „Networked Optimization“ haben Sebastian Schmieg und Silvio Lorusso Selbsthilfe-Bücher aus den Bestsellerlisten ausgewählt und die Schrift auf den Seiten weiß übermalt – mit Ausnahme der sogenannten „öffentlichen Highlights“, den Textpassagen, die Kindle Nutzer unterstrichen haben. Sobald eine Textstelle markiert ist, wird diese nämlich in den Amazon Datenzentren gespeichert. So kann das Leserverhalten analysiert und eine algorithmische Optimierung erzielt werden. Mehr noch: Verlage und Autoren können bei späteren Publikationen gezielt auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Leser reagieren.


LaTurbo Avedon, © LaTurbo Avedon

Um geistiges Eigentum und Datenklau, um Schnappschüsse medialer Intimität und um Atavare geht es in allen Installationen: Diese korrespondieren miteinander, ergänzen sich und bilden so ein Ganzes, das allerdings genauso verwirrend und fragmentarisch ist wie die mediale Realität.

Neben „Capture all“ ist auch die Gastausstellung „Time & Motion: Redefining Working Life“ im Haus der Kulturen von der Foundation for Art and Creative Technology in Liverpool zu sehen. Thema der von den Kuratoren Mike Stubbs and Emily Gee entwickelten Ausstellung ist der Entwicklung der Arbeitswelt seit der Industrialisierung.
„8 Hours labour, 8 Hours Recreation, 8 Hours Rest” prangt es auf einem mit einer Strickmaschine hergestellten Wandteppich. Ehemals war dies eine Forderung der britischen Arbeiter, die allerdings längst von der Wirklichkeit eingeholt wurde. Der aus Manchester stammende Künstler Sam Meech hat die realen Arbeitszeiten der Jetztzeit analysiert und die Ergebnisse fragmentarisch in das Strickwerk eingefügt, das den Namen „Punch Card Economy“ trägt.

Um reale Arbeitszeiten geht es auch in Oliver Walker´s Videoinstallation „One Euro“. Auf sechs Bildschirmen werden Menschen gezeigt, die rund um den Globus, Produkte herstellen, die in irgendeiner Form mit Duschen in Zusammenhang stehen. Der jeweilige Clip ist dann beendet, wenn die gefilmte Person in Realzeit einen Euro verdient hat. Im Falle eines Top Managers des Konzerns Procter & Gamble erhascht man das Bild daher nur knapp eine Sekunde, über eine Stunde hingegen läuft der Film eines Baumwollpflückers an der türkisch-syrischen Grenze. So simpel diese Idee ist, so überzeugend ist sie in ihrer Anschaulichkeit.


Revital Cohen & Tuur Van Balen, Time and Motion: Redefining Working Life | 75 Watt, © Revital Cohen & Tuur Van Balen

Von dem Video quasi hinaus in den Ausstellungsraum führt eine weitere Arbeit von Tuur Van Valen und Revital Cohen. Die Produkte, die chinesische Fließbandarbeiter an einem Tag fertigen, werden auf einem langgezogenen weißen Podest dem Ausstellungsbesucher präsentiert. Marx lässt grüßen.

Doch natürlich bilden die beiden Ausstellungen nur einen kleinen Bestandteil des umfassenden Transmediale-Programms, die von der Kulturstiftung des Bundes und den Kultur Projekten Berlin maßgeblich gefördert wird. Ferner gibt es ein Filmprogramm, eine Konferenz, zahlreiche Performances sowie Workshops und Diskussionen - zwei Wochen lang ist Berlin das Zentrum der intermedialen Kunstwelt.


CAPTURE ALL-Ausstellung
Künstler_innen: Timo Arnall, Art is Open Source (AOS): Oriana Persico + Salvatore Iaconesi, LaTurbo Avedon, Zach Blas, Heather Dewey-Hagborg, Eastwood - Real Time Strategy Group, Jonas Lund, Jennifer Lyn Morone, Tobias Revell, Sebastian Schmieg & Silvio Lorusso, Erica Scourti
Ausstellungsdauer: bis 1.2.2015

Time & Motion: Redefining Working Life
Künstler_innen: Tuur Van Balen, Revital Cohen, Ellie Harrison, Tehching Hsieh, Sam Meech, Oliver Walker
Kuratoren: Mike Stubbs and Emily Gee, FACT, Liverpool
Ausstellungsdauer: bis 03. Mai 2015

Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
D-10557 Berlin
http://transmediale.de/

Dr. Inge Pett

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