15 Uhr: gegen den Ateliernotstand. Endgültiges Aus des Ateliergebäudes in Berlin-Kreuzberg. Adalbertstr. 9.| 10999 Berlin
Zarte Fragmente hängen an kaum wahrnehmbar dünnen Fäden. Es sind Foto- und Leinwandausschnitte, farbiges Papier, feine Holz- und Metallelemente und minimale Silikonpartikel, die da Mobile-artig im Raum herabschweben. Den Hintergrund des Arrangements bildet die Raumansicht der römischen Villa Farnesina, die Anfang des 16. Jahrhunderts von Baldassare Peruzzi erbaut wurde.
„Neubarock“ heißt der Werkzyklus der 1982 in Italien geborenen Künstlerin Diana Siranni. Sie ist die Preisträgerin des mit 3.000 Euro dotierten ersten Preises „Kunst&Konstrukt“ der Leinemann-Stiftung für Bildung und Kunst, den diese zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis der UdK und der Karl Hofer Gesellschaft auslobte. Ziel ist es, jungen Künstlern Anerkennung und Ansporn zu bieten.
Aus der Stadt Berninis stammend, beschäftigt sich Siranni mit der Thematik der Beziehung zwischen originalem Kunstwerk und seinen sich wiederholenden Kopien. Der Barock ist daher weniger als Epoche für die Römerin von Interesse, sondern eher als Ideologie der Dopplung, Aneignung und Multiplikation. Jede Arbeit in ihrem Zyklus stellt die Reproduktion eines vorherigen Raumes dar, dessen Elemente sie vermessen und digital neu zusammengefügt hat.
Einstimmig habe sich die Jury für Diana Siranni entschieden, so Ralf Leinemann, Initiator der Stiftung. Tatsächlich hat das ausgeklügelte philosophische Raumzitat der Künstlerin eine sehr eigene, ansprechende ästhetische Qualität. Siranni ist eine von 80 Künstlern der UDK, die sich um den Preis beworben haben. Fünfzehn von ihnen wurden für die Wettbewerbsausstellung ausgewählt und zeigen ihre Arbeiten noch bis zum 5. Juli im WESTRAUM in Berlin-Wilmersdorf.
Doch es gab noch einen zweiten Preis, der an die 1986 geborene Katharina von Hagenow ging. Sie hatte sich auf Spurensuche nach einem durch den Bergbau veränderten Ort gemacht, dem Haus Etzweiler in Bergheim. Bei ihrer Reise in die Vergangenheit bedient sie sich eines aus der Mode geratenen Mediums: des Dia-Projektors. Dort wo einst das edle Gehöft stand – präsent in Form des ebenfalls antiquierten Kommunikationsmittels der Postkarte - befinden sich nun Brachflächen. Die Künstlerin legt Dias von den Brachen über das Haus Etzweiler und führt dadurch eine Konfrontation zwischen Gestern und Heute herbei – bittersüß und poetisch.
Einige Arbeiten der ansonsten teils brav anmutenden Ausstellung fallen durch ihren originellen Ansatz auf: So führt die Künstlerin Julia Lia Walter in „handling the circumstances“ den Malprozess ad absurdum, indem sie zeitversetzt ein großformatiges Aquarell von einer Videoprojektion überlagert.
Der in Taiwan aufgewachsene Musiquiqi Chihying wiederum stellt ein Bett an diversen absurden Orten auf, so im Supermarkt in einer Tiefkühltruhe, auf einem Hochstand direkt unter einer Straßenlaterne und – wie ein Video zeigt - in einem Reitstall. Während er mit einer Frau dort sitzt, springt unverdrossen ein Pferd über die Matratze … Und übrigens: Ein Bett in einem abgedunkelten Raum innerhalb der Ausstellung lädt tatsächlich ein, sich dort bequem auszustrecken. Es blieb unbenutzt.
Ausstellungszeiten: freitags und samstags 15 bis 19 Uhr, sonntags 11 bis 19 Uhr
WESTRAUM, Nestorstr. 36, 10709 Berlin–Wilmersdorf
karl-hofer-gesellschaft.de
Titel zum Thema Kunst&Konstrukt:
Betten, Dias und Barock - Der Kunstpreis KUNST&KONSTRUKT
Ausstellungsbesprechung: Zarte Fragmente hängen an kaum wahrnehmbar dünnen Fäden. Es sind Foto- und Leinwandausschnitte,...
Verein Berliner Künstler
Kommunale Galerie Berlin
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf
VILLA HEIKE
Galerie im Saalbau