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Künstlerinnengespräch

17 Uhr: im Rahmen der Ausstellung Luise Marchand & Laura Schawelka »All Beauty Must Die« Villa Heike | Freienwalder Str. 17 | 13055 Berlin

Unbenennung - Fabian Ginsberg in der Kienzle Art Foundation

von Inge Pett (13.11.2015)
vorher Abb. Unbenennung - Fabian Ginsberg in der Kienzle Art Foundation

Ausstellungsansicht, Foto / Copyright: Eric Tschernow

Adam gab allem einen Namen, was er vorfand im Garten Eden: Tieren, Pflanzen, seinen Söhnen. Geschaffen nach dem Ebenbild Gottes, war der erste Mensch auch der erste Namensgeber. „Die Namensnehmerinnen“ – so nennt der Künstler Fabian Ginsberg seine Ausstellung, die bis zum 14. November in der Kienzle Art Foundation zu sehen ist. Er bezieht sich damit auf den ´patriarchalischen Akt` des Urvaters der Menschheit.

So hintersinnig dieser Titel, so rätselhaft erscheint er zunächst auch. Was wird dort rückgängig gemacht? Wer nimmt welche Namen? Weshalb? Und wie? Der Namensgeber hat in Ginsbergs Welt Antagonistinnen. Eva erhielt ihren Namen erst nach dem Sündenfall. Und obwohl alle Dinge schon beim Namen genannt waren, als der Mensch das Paradies verlor, scheint sie der Wortgewalt etwas entgegen halten zu können.

Die Verdinglichung und die ihr oft folgende Entfremdung: das sind auch die Themen, die Ginsberg, ehemaliger Meisterschüler Albert Oehlens, beschäftigen. Benennung schafft Eindeutigkeit, legt fest, eliminiert andere mögliche Bedeutungen, beendet die Debatte. Und so geht einem Subjekt sein Name voraus. Was aus dem Rahmen objektiver Bestimmungen fällt, dem ist das Wort entzogen. Es ist in der vorherrschenden Sprache nicht mehr kommunizierbar.


Ausstellungsansicht, Foto / Copyright: Eric Tschernow

In seiner Arbeit „Alle haben schon einen Namen, nur ich bin noch unsterblich“ hat Ginsberg ziehharmonikaartig aufgereihte, farbig lackierte Holztafeln beschrieben. „ALLEH“ steht in der obersten Zeile, die auf den ersten Blick an einen Sehtest beim Augenarzt erinnert. „ABENS“ in der zweiten … Nur wer das übliche Lesemuster ablegt, kann dem Buchstabenwirrwarr die Begriffe abringen.

„Sie hält sich fest daran“ - „Sie sieht sich nicht darin“ – „Sie hat sich gelöst“. Ginsbergs Vielschichtigkeit wird in seinen Kastenbildern im eigentlichen Sinn anschaulich. Die leicht schief eingefügten Leinwände füllen den Kastenrahmen nicht bis zur Oberkante aus, so lugt immer ein Streifen nackte Wand hervor. Jede Trägerschicht bleibt sichtbar. Die Leinwand zeigt Abdrücke von Ginsbergs Körper, der sich mit Farbe bedeckt und die Leinwand bearbeitet hat. Akkurate schwarze Druckbuchstaben überlagern die Spuren seines Körpers: „OBJEKT“. Mit weißer Schreibschrift sind die Titel der Arbeiten von innen aufgetragen und so nur mit Mühe zu entschlüsseln. Eine spiegelnde Acrylglasscheibe bringt auch den Betrachter ins Bild. Einblick, Ausblick. Werk und Betrachter schauen sich wie durch ein Fenster an.

Der 1983 im Schwarzwald geborene Künstler spielt geschickt mit den Perspektiven. Verbindet Körperabdruck und gedruckten Text sowie Bild und Betrachter - durch seine eigene Handschrift als Mittler.


Ausstellungsansicht, Foto / Copyright: Eric Tschernow

Die Körperabdrücke erinnern an das psychodiagnostische Verfahren der Rohrschach-Tests, bei dem die Probanden benennen sollen, was sie in den symmetrischen Klecksen sehen. Ist eine Assoziation erst einmal ausgesprochen, fällt es schwer, noch etwas anderes in den Bildern zu erkennen. Sie sagen dann nur so viel wie dieses explizite Wort unserer Vorstellungskraft erlaubt. Dabei ist es am Betrachter, das Bild für sich mit Sinn zu füllen, es sich subjektiv anzueignen.

Auf der Papier auf Leinwand-Arbeit „Die Gesellschaft muss bekämpft werden“ prangen in fetten schwarzen Lettern die Wörter Ja und Nein. „NEINNEIN“, so die unterste Zeile. Kommunikation, so wie sie verfasst ist, verlangt uns Entscheidungsfragen ab: ja, nein, null, eins, schwarz, weiß. Vielleicht ist hier deshalb Rot die Farbe von Ginsbergs Körperabdrucken.

Eine programmatische Arbeit ist der Wissenschaftsphilosophin Donna Jeanne Haraway gewidmet. In den USA hatte sie den ersten Lehrstuhl für feministische Theorie inne. Haraway untersucht die Machteffekte sprachlicher Figuren in wissenschaftlichen und historischen Diskursen und nutzt die Sprache, um eigene Wortschöpfungen zu kreieren und wissenschaftliche Aussagen mit Referenzen aus Alltag und Literatur zu verbinden. Einen Kontrapunkt zu Adam setzend, als Namensnehmerin in Ginsbergs alternativer Welt.

Show 14
FABIAN GINSBERG
Die Namensnehmerinnen
1.08.2015–14.11.2015

Öffnungszeiten
Do–Fr 14–19 Uhr
Sa 11–16 Uhr

Bleibtreustr. 54
D–10623 Berlin
Tel. +49(0)30 89627605
Tel. +49(0)30 31507013
Fax. +49(0)30 89642591
E-Mail: office@kienzleartfoundation.de
kienzleartfoundation.de

Inge Pett

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Heute und Morgen - letzte Chance die Ausstellung "Die Namensnehmerinnen" in der Kienzle Art Foundation zu sehen. Hier unsere Ausstellungsbesprechung.

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