"Liebe Zuschauer,

Ich begrüße Sie heute im öffentlichen Ersatzfernsehen TV Real. TV REAL ist Fernsehen ohne Fernsehen, ohne Übertragung und Kamera. Es versteht sich als nicht inszeniertes oder quotenförderndes Kunstprojekt, vielmehr als realer Fernsehersatz inmitten einer Mediendemokratie. Es gibt hier weder Tabus noch Mache. Das Leben im Fernseher wird inszeniert. Die hübschen Bilder führen uns nur einen Teil der Wirklichkeit vor Augen. Um dem Zuschauer zu ermöglichen die Realitaet real wahrzunehmen, entsteht das Programm TV Real (...)"

So führt der Künstler Peter Kesse den Zuschauer in die etwas verkopfte Theorie seines Konzeptes ein, das er seit dem 20. Mai 2003 (jeden Dienstag) in der Neuen Aktionsgalerie verwirklicht.

Der Projekt selbst ist durchaus amüsant. Gespräche mit verschiedenen Menschen, die Peter Kesse in der Rolle des Moderators nach ihren Träumen, Geheimnissen, Überzeugung, Visionen, nach den beruflichen und privaten Erfahrungen und Erlebnissen fragt. Dabei muss man anerkennen, dass er das sehr professionell macht, er kann auf die Äußerung des Gesprächspartner schnell reagieren und das Gespräch geschickt auf interessante Bahnen lenken. Und seine tiefe, geübte Stimme erweckt den Eindruck, man schaue wirklich gerade eine Fernsehersendung. Anders als in einer gewöhnlichem Talkshow wird der Redefluss der Gäste nicht unterbrochen, sie haben die Gelegenheit sich uneingeschränkt zu äußern.

Krzysztof Maria Nowak, der Juli-Gast, in Polen geboren, in Berlin lebend, sprach über seine Sicht der Welt sowie persönlich Erlebtes und gab kleine Geheimnisse aus seinem Privatleben preis. Die Geschichten des politischen Flüchtlings - über seine Ankunft in Berlin, die Absurditäten der Bürokratie, über seine Frau, die vorher als katholische Nonne lebte, über eine Zigeunerin, der er sein Leben verdanke - sind ungewöhnlich und lebendig genug, um die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Dabei schimmert immer ein wenig der Stolz auf eine wohl typisch polnische Eigenschaft, der Gabe zum "Kombinieren", d.h. zur Improvisation und Realisierung des eigentlich Unmöglichen, durch seine Erzählungen hindurch.

Ob man einen amüsanten oder spannenden Abend vor der Glasscheibe verbringt, hängt natürlich auch von dem eingeladenen Gast ab. Was sicher ist: die Rundfunkgebühr bleibt uns in diesem Fall erspart.

Ab Mitte September wieder jeden Dienstag 21:05 bis 21:57 Uhr
in der DNA Galerie, Auguststraße 20 | 10117 Berlin
Interviewpartner 0170 - 12 78 136