Anzeige
Boris Lurie

logo art-in-berlin.de
Berlin Daily 20.04.2024
Künstlerinnengespräch

17 Uhr: im Rahmen der Ausstellung Luise Marchand & Laura Schawelka »All Beauty Must Die« Villa Heike | Freienwalder Str. 17 | 13055 Berlin

Text verlässt Papier … Worte führen durch die Stadt

von Dr. Barbara Boreck (29.07.2016)
vorher Abb. Text verlässt Papier … Worte führen durch die Stadt


"Häuserzeilen" - Ein Experiment für Flanerie, 1600m Monostichon in Moabit, Courtesy Sophia Pompéry

Wenn dieser Text erscheint, wird wohl nichts mehr zu sehen sein. Ein Gedicht, als fortlaufende Linie auf Gehwege, Fahrbahnen und Straßenkreuzungen geschrieben, zieht sich durch Moabit – eine temporäre poetische Intervention. Geschrieben mit weißer Kreide, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag letzter Woche, schwungvoll mit einem Pinsel.

„Die Spree im Rücken der Flieder am Ufer …“ So fängt die Poesie auf der Straße an, das Experiment für Flanerie der Berliner Künstlerin Sophia Pompéry und des Autors Tobias Roth. Beginnend am Bundesratufer in Höhe des Hauses Nr. 9 führt der dichterische Spaziergang von der Treppe, die vom Ufer auf die Straße folgt, über gut eineinhalb Kilometer durch den Berliner Bezirk Moabit. Vorbei an gutbürgerlichen Häusern aus der Gründerzeit, kleinen Restaurants, schönen Fassaden. Der Text zieht sich in Schreibschrift über den Bürgersteig und die Straßen, nicht ganz leicht zu lesen. Auch ist es auf den ersten Blick nicht für alle Passant_innen ersichtlich, dass es sich hier um eine Kunstaktion handelt. Viele laufen vorbei, andere registrieren die Wörter.

Vielleicht ist es ja auch nicht wichtig. „Wie verändert ein Text die räumliche Wahrnehmung?“, fragt Sophia Pompéry. Gemeinsam mit Tobias Roth legt sie eine „vergängliche Fährte“. Das Projekt Häuserzeilen, gefördert vom Bezirksamt Mitte im Rahmen der miKrOPROJEKTE, verstehen beide als Experiment. „Text entsteht auf dem Papier“, so die beiden, „aber er kann das Papier auch wieder verlassen.“



"Häuserzeilen" - Ein Experiment für Flanerie, 1600m Monostichon in Moabit, Courtesy Sophia Pompéry

Sophia Pompéry (geb. 1984) studierte an der Kunsthochschule Weißensee, war Teilnehmerin am Institut für Raumexperimente bei Olafur Eliasson. Wahrnehmungsfragen interessieren die international tätige Künstlerin, das „Brücken schlagen zwischen Philosophie und Physik“. Auch Tobias Roth (Jahrgang 1985) verbindet in seinen mehrfach ausgezeichneten literarischen Werken Sprache und kulturelle Partizipation.

„Neben Korinthischen Kapitellen hohe Fenster …“ steht so auf den Gehwegplatten, in sehr gerader Schreibschrift … und „Alle Tage vergehen einzeln …“ Von der Bochumer über die Elberfelder Straße, die Worte teilweise verdeckt durch Tische und Stühle eines Cafés. Poesie trifft auf Alltag - Alltag auf Poesie. Auch an der nächsten Ecke, der Essener Straße. Kinder pusten Seifenblasen in die Luft, sie hüpfen über die Zeilen. Weiter geht es über die Kreuzung an der Krefelder Straße, dann über die stark befahrene Turmstraße, vorbei am Rathaus und in Richtung historischer Markthalle. Hier verändert sich die Kulisse, es wird wieder ruhiger, weniger stilvolle Altbauten mit netten Cafés, dafür Eckkneipen und Änderungsschneidereien. Jetzt nach links in die Bugenhagenstraße, vorbei am Amstel House, einem ehemaligen Ledigenheim für Männer. Das denkmalsgeschützte Bauwerk in der Waldenserstraße ist heute ein Hostel. An der Ecke zur Oldenburger Straße endet die poetische Spur „…nicht mit der Spree im Rücken.“

Ein schönes Projekt, ein gelungenes Experiment. Eine „Einladung, den Moment zu ergreifen … durch ein Gedicht zu spazieren“, so Tobias Roth. Die Flanierenden können dem Text folgen, seine Buchstaben zu Wörtern zusammensetzen oder aber einfach den geschwungenen Buchstaben und Linien nachgehen.

Ein begleitendes Heft mit dem Text des Gedichtes wäre hilfreich gewesen, mit Informationen zum Kiez, den Bauten und Bewohner_innen. Aber vielleicht ist es ja gerade das Flüchtige, Unerklärte, Nicht-Vorgegebene, das uns das Flanieren, Schauen und Entdecken ermöglicht und einen neuen, eigenen Blick auf die Stadt eröffnet.

Häuserzeilen
Ein Experiment für Flanerie - 1600 Meter Poesie auf der Straße
Sophia Pompéry sophiapompery.de
Tobias Roth Tobias Roth

Dr. Barbara Boreck

weitere Artikel von Dr. Barbara Boreck

Newsletter bestellen




top

Titel zum Thema :

paper positions berlin 2024
Kurzinfo

Die Aneignung der Steine. Lucy Ravens Film-Installation in der Neuen Nationalgalerie
Nur noch bis morgen.
--> Besprechung

Justus Bier Preis für Kurator*innen
Preise: Der mit 5.000 € dotierte Justus Bier Preis für Kurator*innen geht in diesem Jahr an die Kuratorinnen Nóra Lukács und Melanie Roumiguière zusammen mit dem Projektteam ...

Kakophonie auf Augenhöhe. „Estuaries“ von Naama Tsabar im Hamburger Bahnhof
Ausstellungsbesprechung: Bässe dröhnen, ein Frauenchor schreit durch die Lautsprecher und ein Mann mit Hut zupft engagiert an den aufgespannten Saiten einer blauen Filzskulptur an der schwarzen Wand. ...

Tiemann-Preis zum zweiten Mal ausgeschrieben
Ausschreibung: Noch bis 30. April sind 2024 Museen aufgerufen, sich um den Preis zum Ankauf zeitgenössischer Malerei zu bewerben.

Ein europäisches Kulturfestival auf Rädern: Der Kulturzug Berlin und Wrocław
Nachricht: Eine perfekte Reisemöglichkeit von Berlin nach Wrocław (Breslau) und umgekehrt zu fahren, bietet der sogenannte Kulturzug.

Ruinart Maison 1729 – From Champagne Vineyards to Berlin (25. April bis 29. April)
Während des Gallery Weekend lässt sich exklusiv das facettenreiche Universum von Ruinart am Tacheles in Berlin-Mitte genussvoll entdecken. (sponsored content)

berlin daily (bis 21. April 2024)
Unsere Tipps für die Woche ...

Stephan Erfurt von C/O Berlin und der Galerist Werner Tammen ausgezeichnet
2 Personalien

Das Außen verkommt zur Statue - Bob Jones in der Galerie im Tempelhof Museum
Noch bis Sonntag (14.4.) ... Mehr dazu in unserer Besprechung.

VBKI-Preis BERLINER GALERIEN 2024
Ausschreibung zum VBKI-Preis BERLINER GALERIEN 2024: Teilnahmeberechtigt sind Berliner Galerien mit drei bis fünfzehn Jahren Geschäftstätigkeit.

Vernissagen in Berlin rund ums Wochenende


Aus Galerie Barbara Weiss wird Trautwein Herleth
Galerieneuigkeiten

Bettina Hutschek: Snake Chronicles
Gastbeitrag: Ein Gespräch der Kuratorin und Kunstwissenschaftlerin Verena Voigt mit der Künstlerin Bettina Hutschek über Mythen und Misogynie anlässlich ihrer Teilnahme an der maltabiennale.art 2024

berlin daily (bis 14.4.2024)
Unsere Tipps für die Woche ...

top

zur Startseite

Anzeige
SPREEPARK ARTSPACE

Anzeige
Alles zur KI Bildgenese

Anzeige
Magdeburg unverschämt REBELLISCH

Anzeige
Responsive image

Anzeige
artspring berlin 2024

Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Kommunale Galerie Berlin




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Alfred Ehrhardt Stiftung




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
ifa-Galerie Berlin




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Der Divan - Das Arabische Kulturhaus




Anzeige Galerie Berlin

Responsive image
Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin




© 1999 - 2023, art-in-berlin.de Kunstagentur Thomessen Hartlieb-Kühn GbR.