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Berliner Urgestein – Die Kunststiftung Poll zeigt ihre fotografischen Bestände

von Inge Pett (13.10.2016)
vorher Abb. Berliner Urgestein – Die Kunststiftung Poll zeigt ihre fotografischen Bestände

Erhard Wehrmann, Maina-Miriam Munsky, 1977/2013, späterer Handabzug, Barytpapier, 25 x 25 cm, Courtesy Kunststiftung Poll Berlin

„Wo soll das sein? Ist das wirklich in Berlin?“, wundert sich eine ältere Dame. Doch klar und deutlich streckt sich im Hintergrund des LED-Kastens der Fernsehturm dem Himmel über Berlin entgegen. Ein anderer Vernissage-Besucher hilft weiter. „Doch, schauen Sie, das ist die Oranienburger Straße und hier vorne das Tacheles“. Es ist die Straßenszene „High End“ des Fotografen Richard Thieler (2012), die gemeinsam mit anderen Fotografien bis zum 29. Oktober 2016 in der Kunststiftung Poll zu sehen sein wird. Bereits zum zweiten Mal gewährt die renommierte Stiftung einen Einblick in ihre Sammlung. Diesen Abschnitt der insgesamt vierteiligen Ausstellungsreihe widmet sie den Fotobeständen.

Immer wieder stehen an diesem Abend Grüppchen zusammen und rätseln, wo die Fotos aufgenommen sein könnten. Diesseits oder jenseits der Mauer? Entstanden sie vor oder nach der Wende? Ist es Tristesse made in East Germany oder handelt es sich um einen Straßenzug im Westen? Die meisten Fotos haben einen direkten Bezug zu Berlin, zeigen dessen Gebäude und Menschen. Vom gepiercten Jugendlichen bis hin zu einem leidenschaftlich auf einem Rednerpult gestikulierenden Studentenführer Rudi Dutschke, aufgenommen von Michael Ruetz im Jahr 1967.


Rudi Dutschke bei einer Rede, 1967/1990, späterer Gelatineabzug, 26,1 x 38,6 cm, Courtesy Kunststiftung Poll Berlin

Ein Großteil der Exponate stammt dabei aus dem Nachlass des documenta-Fotografen Erhard Wehrmann, der über dreißig Jahre hinweg Künstler bei der Entstehung und Präsentation ihrer Werke in Kassel oder Venedig begleitete. Stets zeigt er sie gemeinsam mit ihrem Werk, so etwa Henry Moore vor seinem monumentalen „Large Locking Piece“. Wehrmann nahm dieses „Doppelporträt“, wie es der Kulturwissenschaftler Harald Kimpel charakterisierte, auf der documenta 3 (1964) auf. Auch andere international berühmte Künstler wie Joseph Beuys, Gerhard Richter oder Roy Liechtenstein ließen sich von Wehrmanns Objektiv begleiten.

Von der Zeit, als ganz Berlin eine einzige Baustelle war, rühren die Bilder von Karl-Ludwig Lange. So etwa die Ansicht „Friedrichstr., Linienstr., Oranienburger, die Synagoge, der Fernsehturm u. der Chirurg (aus dem Bilderzyklus Urban)“. Lange hat die Szene 1994 festgehalten. Das Unterste ist hier sprichwörtlich nach oben gegraben und einzig das profane Schild, das zur Praxis eines Arztes weist, macht deutlich, dass es sich hier um eine Kreuzung im Herzen von Mitte handelt, wo heute wieder das urbane Leben tobt. Dort, wo vor 22 Jahren die Bauwagen standen, tummeln sich heute Touristen, Kunstvolk und die Jeunesse Dorée vor den renovierten Häusern aus der Gründerzeit.

Manch einer wird nostalgisch angesichts des rasanten Tempos, in dem Berlin sich verändert hat – und sich nur hier und da noch treu geblieben ist.


Rivka Rinn, Night Stage, 2016, C-Print, 80 x 120 cm, Courtesy Galerie Poll

Ergänzt wird die ästhetisch wie dokumentarisch anspruchsvolle Schau durch eine Ausstellung der Israelin Rivka Rinn in der Galerie Poll im Parterre des Gebäudes. Rivka Rinn wuchs in einem Kibbuz auf und entdeckte 1994 Berlin für sich als Heimat. In „It’s not what you see“ verfremdet sie die Realität und verwirrt unsere Wahrnehmung. So in den Fotografien „Brush Strokes. Awaiting for the S-Bahn“ und „Moving to Painting“, wo das, was wie Malerei erscheint, tatsächlich eine Szene am Bahnsteig bzw. die Menschen in einer Fußgängerzone darstellt.
Und auch in dem Video „Swan Lake“ fährt sie fort, den Zuschauer am Gesehenen zweifeln zu lassen. Tanzende Ballerinas und Palmen, die sich im Wind bewegen, sind nach einer Weile nicht mehr klar gegeneinander abzugrenzen. Das Artifizielle und die Natur entwickeln dieselbe Rhythmik, dieselben Ausdrucksformen. Ein sehr eigenwilliger Ansatz und ein Konzept, das aufgegangen ist: Es ist nicht, was du siehst.

Öffnungszeiten der Kunststiftung Poll:
Do bis Sa 12-18 Uhr und nach Vereinbarung

Kunststiftung Poll
Gipsstraße 3, Hof, 2. Etage
10119 Berlin-Mitte
poll-berlin.de


Öffnungszeiten der Galerie Poll: Di-Sa 12-18 Uhr und nach Vereinbarung

Rivka Rinn - It's not what you see
POLL Galerie + Kunsthandel in Berlin GmbH
Gipsstraße 3
10119 Berlin
poll-berlin.de

Inge Pett

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Titel zum Thema kunststiftung-poll:

Berliner Urgestein – Die Kunststiftung Poll zeigt ihre fotografischen Bestände
Ausstellungsbesprechung: „Wo soll das sein? Ist das wirklich in Berlin?“, wundert sich eine ältere Dame. Doch klar und deutlich streckt sich im Hintergrund des LED-Kastens der Fernsehturm dem Himmel über Berlin entgegen.

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