19 Uhr: mit Professorin für Medienkunst an der HGB Leipzig, Christin Lahr und den Künstler*innen der Ausstellung "Crimes of Carelessness (the deep and the foamy)" (engl.). VILLA HEIKE | Freienwalder Str. 17 | 13055 Berlin
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Ladislav Zajac/Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
In einer Welt voll von leuchtenden Reklameschildern, Smartphone- und TV-Bildschirmen, zeigen Künstler*innen wie Waltraut Cooper, Dan Flavin, Bruce Nauman, Olafur Eliasson, Otto Piene oder Brigitte Kowanz, wie fruchtbar eine Auseinandersetzung mit Licht als solchem sein kann. Licht transportiert Stimmungen, lenkt die Aufmerksamkeit und macht sichtbar, auch wenn das Tageslicht der Sonne bereits verschwunden ist. Was in einer lichtdurchfluteten Welt als selbstverständlich gilt, dient Lichtkünstler*innen als Material, mit dem sie Räume und Situationen erforschen und interpretieren.
Der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball (*1959), der 2016 den Deutschen Lichtkunstpreis erhielt, erregte bereits in den 1990er-Jahren Aufmerksamkeit mit seinen Arbeiten. In „Refraction House“ beleuchtete er für einen Zeitraum von zwei Monaten eine Synagoge nahe bei Köln von innen heraus mit 1000 Watt Spotlights, sodass das Gebäude zwar einerseits im Stadtbild gut sichtbar wurde, andererseits die Augen aber auch blendete. Für die Arbeit „Megazeichen“ wandelte er ein Düsseldorfer Hochhaus in eine überdimensionierte Leuchtfassade, indem er die Lichtsituation der einzelnen Büroräume choreographierte.
© Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf / VG Bild-Kunst, Bonn, 2017
Eine weitaus subtilere, ruhigere Arbeit hat Kuball nun für das Jüdische Museum in Berlin gestaltet, genauer gesagt für die Rafael Roth Galerie im Untergeschoss des zick-zack-geformten Libeskind-Baus. Wo bis vor Kurzem noch das „Learning Center“ seinen Platz fand, in dem sich Besucher*innen an PC-Standplätzen über die jüdische Geschichte und Kultur informieren konnten, wird nun erstmals seit der Eröffnung des Museums im Jahr 2001 wieder der Leere Platz gegeben. Will heißen, die Räumlichkeiten des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind sollen wieder stärker zur Geltung kommen, wie die Programmdirektorin des Hauses, Léontine Meijer-van Mensch, erklärt. Mit seinen fünf sogenannten „Voids“, 24 Meter hohen Betonschächten, thematisiert Libeskind wie der Name schon sagt „die physische Leere, die durch die Vertreibung, Zerstörung und Vernichtung jüdischen Lebens in der Schoa entstanden ist und die nicht nachträglich wieder gefüllt werden kann“. Auftakt dieser Neuorientierung bildet nun Mischa Kuballs Installation „res·o·nant“, die Donnerstagabend eröffnet wurde. In zwei der fünf Betonschächte des Gebäudes arrangierte er auf einer Fläche von 350 Quadratmetern seine neue Sound- und Lichtinstallation. Mittels dreier Projektoren „ertastet“ Kuball in seiner Arbeit die Architektur dieser Schächte, indem sie Lichtfelder in Form von runden Spots oder der Grundrisse der Voids auf die Betonwände werfen und die Besucher*innen auffordern, den Kopf in den Nacken zu legen und ihnen mit dem Blick zu folgen. Sich drehende Spiegelelemente vermitteln die Räumlichkeiten aus immer verschiedenen Winkeln, Rotlicht in Kombination mit Blitzlichtern taucht die Architektur in eine energiegeladene Stimmung. Akustisch unterstrichen wird die Erkundungstour durch die Räumlichkeiten von unterschiedlichsten Soundstücken, die jeweils 60 Sekunden dauern und von mehr als 50 Musiker*innen stammen. Bis Ende Januar findet ein Open Call statt, der weitere Künstler*innen einlädt, Sound beizusteuern.
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Ladislav Zajac/Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Für die individuelle Erschließung der Architektur bräuchte man diese Klänge aber gar nicht, haben doch vor allem so hohe Räume wie die Voids ihren ganz eigenen, spezifischen und stimmungstragenden Klang, der – ohne die Soundinstallation – lediglich durch das Knacken der Projektoren, das Klicken des Blitzlichtes und die Schritte der anderen Leute unterbrochen werden würde. Kuball lenkt mit den minimalistischen lichttechnischen Mitteln geschickt die Wahrnehmung der beiden Voids und wirft dabei die Besucherin doch immer wieder auf sich selbst zurück: Wenn das Blitzlicht ihr das Gefühl gibt, im Mittelpunkt zu stehen, wenn die Spiegel den Winkel erreichen, in dem sie sich selbst darin sieht oder wenn sie sich für den kurzen Moment des Schwenks der Projektoren plötzlich selbst im Scheinwerferlicht befindet. So erwandert man sich unter der Anleitung Mischa Kuballs die Architektur von Libeskind, um doch schlussendlich wieder bei sich selbst zu landen.
„res·o·nant“
17. November 2017 bis Frühling 2019
Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9-14, 10969 Berlin
Täglich 10 – 20 Uhr, montags 10 – 20 Uhr
Eintritt: 8€ / erm. 3€
jmberlin.de
Titel zum Thema Jüdischen Museum Berlin:
Mit Licht die Leere erkunden – Mischa Kuball im Jüdischen Museum Berlin
Ausstellungsbesprechung: In einer Welt voll von leuchtenden Reklameschildern, Smartphone- und TV-Bildschirmen, zeigen Künstler*innen wie Waltraut Cooper, Dan Flavin, Bruce Nauman, Olafur Eliasson, Otto Piene oder Brigitte Kowanz, ...
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