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Forecast Now - Ideen für die Zukunft im Haus der Kulturen der Welt

von Inge Pett (16.10.2018)
vorher Abb. Forecast Now - Ideen für die Zukunft im Haus der Kulturen der Welt

Forecast Forum Besucher*innen im Haus der Kulturen der Welt, Credit: Forecast / Kerstin Schomburg

Die unendlichen Möglichkeiten dessen, was sein wird oder dessen, was sein kann, haben Freo Majer schon immer fasziniert. So sehr, dass er ihnen ein ganzes Festival gewidmet hat, das er folgerichtig Forecast taufte. Am 12. und 13. Oktober fand das Forecast Festival im Berliner Haus der Kulturen der Welt statt – bereits zum dritten Mal.

„Während meiner Zeit als Opernregisseur bin ich immer wieder auf Menschen mit brillanten Ideen getroffen. Menschen, die aber keineswegs die Karriere gemacht haben, die ihren Fähigkeiten angemessen wäre“. Um dieser Diskrepanz zumindest ein Stück weit entgegenzuwirken, rief Majer in Berlin die Plattform für wegweisende Ideen im Grenzbereich zwischen Kunst und Wissenschaft ins Leben.

Der Initiator und künstlerische Leiter hebt besonders die Internationalität des Forecast-Projektes hervor: So seien 400 Bewerbungen aus 82 Ländern und allen fünf Kontinenten eingetroffen - der weiteste Projektvorschlag von einer Inselgruppe im Pazifik.

Nach einer Vorauswahl blieben dann achtzehn Bewerber übrig, die bereits im Mai intensiv mit sechs Mentoren zusammenarbeiteten. Nach einer Woche enger Kooperation musste sich jeder Mentor von zweien seiner Schützlinge verabschieden, wobei die Entscheidung transparent und im direkten Kontakt vonstatten ging.


Omar A. Chowdhury, Film still aus Augustijn

Angesichts des Festivalcharakters hätten sich vor allem diejenigen Konzepte durchgesetzt, die in etwas Erlebbaren, Sinnlichen mündeten. Und zwar in den Kategorien Beyond Radio, Composition, Invasive Design, Living Matter sowie Looking und Moving Image. Der Videokünstler Omer Fast zum Beispiel wählte als seinen Mentee Omar A. Chowdhury aus.
Dessen Filmidee könnte einer Novelle aus dem 19. Jahrhundert entsprungen sein: Im Zug kam Chowdhury mit dem Belgier Stijn ins Gespräch. Der blonde, blauäugige und charismatische junge Mann aus bürgerlichem Hause erzählte Chowdhury, dass er erst kürzlich zum Islam konvertiert war. Chowdhury hingegen hatte sich vom Islam abgewandt.
In der filmischen Multikanal-Installation, in dem vor allem Augustijn von seinem Leben und seinen Beweggründen, Muslim zu werden, berichtet, gehen Fakten und Fiktion fließend ineinander über. Sowohl den jungen Niederländer als auch Chowdhury verbindet, die frühere Identität hinter sich gelassen und das ursprüngliche soziale Umfeld damit befremdet oder gar brüskiert zu haben.

Seine Arbeit sei keine Dokumentation, betont Chowdury. Stattdessen interessierten ihn die psychologischen Strukturen, die er vor allem durch das Prinzip der Wiederholungen hervorhebe. Mit seinem Projekt „Augustijn“ rannte Chowdhury bei seinem Mentor Fast, einem bekennenden Atheisten jüdischer Herkunft, offene Türen ein: „Ich bin auf der Suche nach Auffälligkeiten oder Problemen“, so Fast, „und wenn ich sie nicht finden kann, dann erfinde ich sie.“
Herausgekommen ist eine in Zeiten zunehmenden islamischen Konservatismus überraschende Filminstallation. Indem sie den Betrachter mit seiner Voreingenommenheit konfrontiert, stellt sie alte Gewissheiten auf den Prüfstand. In Workshops, Diskussionen und Gebeten ist das Publikum zudem eingeladen, den Künstler und Stijn auch jenseits der Leinwand kennenzulernen.


Jon Stam von Commonplace Studio, Mentorenprojekt von Tulga Beyerle, Credit: Forecast / Kerstin Schomburg

Um zukunftsweisendes Design für ein Museum geht es in dem Projekt „Backchannel Tools“ von dem Duo Commonplace Studio, zu dem sich der Kanadier Jon Stam und der Niederländer Simon de Bakker zusammengetan haben. Begleitet werden die beiden von ihrer Mentorin Tulga Beyerle, der Direktorin des Dresdner Kunstgewerbemuseums.
Commonplace Studio arbeitet an Prototypen hybrider Geräte, mithilfe derer verschiedene Informationsebenen eines Exponats im Museum abrufbar sind. Es sind Geräte, die den Besucher auf neue Art ansprechen und aktivieren und die ein Objekt in neue Kontexte setzen können, weit hinaus über das, was konventionelle Vermittlungsarbeit leistet. Wie etwa können digital katalogisierte Sammlungen von Artefakten aus den Archiven als physisch erfahrbare Größe in den Museumsraum integriert werden?
Auch wenn die moderne Technik eine große Rolle spielt, so mag das Ergebnis auch durchaus erfrischend anachronistisch wirken: Kleine Roboter etwa schreiben dem Besucher wissenswerte Details in ein kleines Heft – in schönster Handschrift und mit aller Zeit der Welt. Nur eine schöne Spielerei oder ein wichtiger Schritt in die museale Zukunft? Tulga Beyerle jedenfalls ist entschlossen, den Weg mit dem Commonplace Studio fortzusetzen.

Ebenfalls um das Erproben von Prototypen geht es bei dem Projekt Housing the Human. Darin werden menschenwürdige Unterkünfte und „neue soziale Geografie“ thematisiert. In dieser Kategorie unterstützt ein ganzes Team von Mentoren die Projekte. Dieses Mentoren-Team setzt sich zusammen aus diversen künstlerischen Leitern internationaler Design- und Architekturfestivals – neben Freo Majer sind das Jan Boelen, Josephine Michau und Pippo Ciorra.
Gemeinsam begleiten sie fünf ausgewählte DesignerInnen, ArchitektInnen und KünstlerInnen über einen längeren Zeitraum, wobei internationale Konferenzen den Prozess ergänzen. „Alle unserer Mentees haben Prototypen entwickelt, die auf einer präzisen Analyse der Gegenwart beruhen, anstatt den mittlerweile ausgetretenen Pfaden utopischen Gedankenguts zu folgen“, erklärt Majer die Entscheidung der Jury.

So erklügelt die junge Architektin und Webdesignerin Lucia Tahan, in dem Projekt „House Clouding“ ein System, um die digitale und physische Kultur des Lebensraums zu verbinden. Dabei versucht sie die Quadratur des Kreises, indem sie die Idee des beständigen Hauses und den Lebensstil der digitalen und globalen Nomaden unserer Zeit einander annähert.

Um die Bedürfnisse polyamorer Beziehungen wiederum geht es Dasha Tsapenko, die sich Gedanken darüber macht, wie sich der Wohnraum für Lebensgemeinschaften mit mehreren Partnern gestalten lässt.

Nicht alle der im Forecast Festival gezeigten Prototypen werden in der Realität Bestand haben, manche vielleicht lediglich als nette Spielereien verpuffen. Doch darum geht es nicht alleine. Es ist vielmehr die Freiheit des Querdenkens und des Vorandenkens, der Luxus des langen Atems, die finanzielle und ideelle Unterstützung der kreativen Köpfe, die sich ungestört auf die Umsetzung ihrer Ideen konzentrieren können.

forecast-platform.com

Inge Pett

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