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Berlin Daily 29.03.2024
CARDIAC; the heart is a muscle

19 Uhr: eine Performance, konzipiert und präsentiert von Katrina E. Bastian. Uferstudios_Studio 1 | Uferstr. 8/23 | 13357 Berlin

Das Profane und das Mögliche

von chk (27.12.2018)
vorher Abb. Das Profane und das Mögliche

Raumansicht: Sofia Hultén, Unstable Fakers of Change in Self, Foto: kuag

Baugerüste finden sich in Berlin an allen Ecken und Enden. Überall wird gebaut, umgebaut, aufgebaut, abgebaut. Doch mehrere Baugerüste in einem Ausstellungsraum – ohne Baustelle weit und breit – überraschen ein wenig. Gesehen im KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst | Maschinenhaus M0, wo die schwedische Künstlerin Sofia Hultén als Ausgangsmaterial für ihre skulpturalen Werke 9 herkömmliche Gerüste benutzt. Sie stehen in unterschiedlichen Formationen frei im Raum, sind mit verschiedenen Bau- und Alltagsmaterialien bestückt und mit Videos und Sound kombiniert, in denen man sieht und hört, wie die Künstlerin die Gerüste bearbeitet.

"Unstable Fakers of Change in Self", so der rätselhafte Ausstellungstitel, bezieht sich auf eine 1913 entstandene Bronzeplastik des italienischen Futuristen Umberto Boccioni. Sie trägt den Titel "Forme uniche della continuità nello spazio" (Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum / Unique Forms of Continuity in Space) und ist auf einer italienischen 20 Cent Münze abgebildet. Die Anfangsbuchstaben der englischen Übersetzung des Titels bilden zugleich Hulténs Anfangsbuchstaben für die Wortkombinationen in ihrem Ausstellungstitel sowie für die Werktitel ihrer 9 skulpturalen Arbeiten. Auch hier führen Entschlüsselungsversuche in Leere, jedenfalls gestaltet sich die Übersetzung von Unilateral Fragmentation in Store (in etwa: Einseitige Zersplitterung im Speicher) oder Unknown Funnels of Clay in Structure (in etwa: Unbekannte Trichter aus Ton in der Struktur) eher dadaistisch.


Raumansicht: Sofia Hultén, Unstable Fakers of Change in Self, Foto: kuag

Boccionis Plastik ist ein Sinnbild des Futurismus, sie steht für Fortschritt, Dynamik, Rhythmus und Bewegung. Und sie steht für den Beginn einer gesellschaftspolitischen Umbruchphase, in der Krieg und Gewalt idealisiert wurden und der Futurismus mit dem italienischen Faschismus liebäugelte.
Man kann von Boccionis Plastik fasziniert sein oder eben nicht, auf jeden Fall demonstriert der Künstler Bewegung in ihrer unendlichen Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten und vernetzt dabei skulptural Raum und Zeit zu einem Kontinuum, so dass eingeübte Wahrnehmungsmuster hinterfragt werden. Vielleicht ist es genau das, was Sophia Hultén an der Plastik interessiert. Sie unterzieht nun nicht nur Boccionis Titel einer kryptischen Analyse, sondern sie führt in ihrer Installation eine höchstmögliche Variationsbreite vor und spürt im Alltäglichen unbekannten Dimensionen nach. Profane Dinge wie ein Baunetz, Hebebänder, Blecheimer, Kabelbinder, eine italienische 20-Cent-Münzen oder eine kleine handgroße Kugel begleiten in unterschiedlichen Kombinationen die Baugerüste. Dabei geht es nicht um minimalistische Veränderungen:

„...es geht um das Dehnen von Regeln. Man beginnt mit dem, was man hat und macht lediglich einen Schritt nach rechts oder links, und plötzlich ist alles anders. Es existiert hier offensichtlich ein Potential für Humor oder Bewusstseinserweiterung und darum geht es. Das Fantastische kann sehr eng mit etwas Profanem verknüpft sein. Eine kleine Veränderung kann zu größeren Auswirkungen führen.“ (Sofia Hultén *)


Raumansicht: Sofia Hultén, Unstable Fakers of Change in Self, Foto: kuag

Profanes wird bei Sofia Hultén scheinbar rekursiv variiert, das heißt die Variationen jedes einzelnen Teils bezieht sich mittels einer Variablen auf die Ausgangssituation. Und so entsteht in einem rhythmisch und poetischen Wechselspiel ein Neues an Möglichkeiten.

Sofia Hultén, geb. 1972 in Schweden, lebt und arbeitet in Berlin. Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen, Einzelausstellungen. Seit 2011/2012 lehrt Sofia Hultén als Gastprofessorin an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.

Die Ausstellung wird kuratiert von Andreas Fiedler.

Laufzeit der Ausstellung: noch 31. März 2019

KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst
Am Sudhaus 3, 12053 Berlin
www.kindl-berlin.de

* Zitate aus: „Mehr als die Summe der Einzelteile.
Sofia Hultén im Gespräch mit Helen Legg“, in: Sofia Hultén. 12 Works,
Ausst.-Kat. Ikon Gallery, Birmingham; Künstlerhaus Bremen, Brügge: Die Keure, 2008

chk

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Daten zu Sofia Hultén:


- Art Basel 2013
- Art Basel 2016
- art berlin 2017
- artbasel2021
- Der Brancusi-Effekt, Wien, 2014, GA
- Kunstverein - Palais für aktuelle Kunst Glückstadt Glückstadt
- MOMENTUM 8
- Sammlung zeitgenoessische Kunst der BRD
- ZKM Sammlung Karlsruhe


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Titel zum Thema Sofia Hultén:

Das Profane und das Mögliche
Ausstellungsbesprechung: Ein Tipp für die Zwischenzeit: Unstable Fakers of Change in Self von Sofia Hultén

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