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19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

Subtil und subversiv: Americans I Am Afraid Of von Hubert Czerepok bei ŻAK | BRANICKA

von Urszula Usakowska-Wolff (01.03.2019)
vorher Abb. Subtil und subversiv: Americans I Am Afraid Of von Hubert Czerepok bei ŻAK | BRANICKA

Hubert Czerepok, Americans, I am afraid of, 2019 exhibition view at ŻAK | BRANICKA courtesy Courtesy ŻAK | BRANICKA, photo: m. schneider

Die Welt schottet sich immer mehr ab, an vielen Grenzen werden Mauern und Zäune gebaut: Das ist das Thema, mit dem sich der polnische Künstler Hubert Czerepok (*1973) seit geraumer Zeit beschäftigt. Seine in der Kreuzberger Galerie gezeigten hintersinnigen Arbeiten erschließen sich erst auf den zweiten Blick.

Es ist eine übersichtliche Ausstellung, die harmonisch und beruhigend wirkt. Vier zickzackförmige Neonarbeiten in den Farben Rot, Weiß und Blau sorgen für eine angenehme Atmosphäre. Sie schaffen ein nettes Ambiente und laden zum Verweilen ein. Das magische Licht lenkt davon ab, dass ein kleiner Schrotthaufen am Boden liegt. Sind das etwa ausrangierte Schlagbäume und Schranken, die wir von gut bewachten Staatsgrenzen kennen? Ja, das sind sie.

Zäune und Mauer von langer Dauer
Hubert Czerepok ist ein Künstler, der das Publikum gern in die Irre führt. So auch jetzt, in der Galerie ŻAK | BRANICKA, wo er sich auf subtile und subversive, nicht für alle sofort verständliche Art mit einem akuten, oft verschwiegenen Thema auseinandersetzt. Seine schönen Neonarbeiten, in denen er, außer einer, keinen Text einsetzt, sind mitnichten harmlose Design-Kost. Sie veranschaulichen nämlich Grenzen zwischen den Staaten: solchen, die Zäune, Mauern oder Grenzsperren bauen, um den Armen und Verzweifelten, vor Kriegen oder anderen Missständen Flüchtenden den Zutritt in ihre angeblich so freien und Menschenrechte respektierenden Länder zu verwehren. Und solchen, die ihre Nachbarn mit Gewalt erobern, vertreiben und sie mit allen Mitteln für immer aus dem Verkehr ziehen, um dadurch ihre Territorien und ihren Machtbereich zu vergrößern.

Wahnsinn mit Methode
Hubert Czerepok ist ein aufmerksamer Beobachter der Wirklichkeit und hat ein Gespür für Probleme, von denen nicht nur die polnische Gesellschaft wie von einem Virus befallen zu sein scheint: Nationalismus, der sich als Patriotismus tarnt, Vorurteile, die gestern wie heute und wohl auch morgen den Fremden, Außenseitern, anders Aussehenden und Andersdenkenden entgegengebracht und von Populisten geschürt werden; Frust als Nährboden für Hass; Langeweile, das Gefühl der Marginalisierung und das Misstrauen gegenüber dem Staat, die so viele Menschen grenzüberschreitend zu Verschwörungsanhängern machen; historische Utopie versus historische Fakten, Sprache als ein Mittel, die Realität zu verschleiern oder schönzureden. In seinen bisherigen Filmen, Lichtinstallationen und Interventionen im öffentlichen Raum ging Hubert Czerepok der Frage nach, ob und welche Methode dieser Wahnsinn hat, und er fand heraus, dass die Begrenzung des Denkvermögens zur Entgrenzung und die Entgrenzung zur Eingrenzung führen.


Hubert Czerepok, Americans, I am afraid of, 2019 exhibition view at ŻAK | BRANICKA courtesy Courtesy ŻAK | BRANICKA, photo: m. schneider

Zäune und Mauer auf Dauer
Am 17. September 2015 riegelte Ungarn die Grenze zu Serbien mit einem Zaun ab und einen Monat später wurde auch die Grenze zum EU-Nachbarn Kroatien geschlossen. Das war die Antwort der Orban-Regierung auf die größte Flüchtlingskrise, die Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt hat. Hubert Czerepok reagierte darauf mit dem Neon Fence 1(Hungary) in ungarischen Nationalfarben, der die ungarisch-serbische Grenze zum Thema hat. Die drei geschwungen Linien lösen bei den Betrachtern keine Beklemmung aus, im Gegenteil: Ihr Rot, Weiß und Grün leuchtet so weich und so schön. Beim genauen Hinschauen muten sie wie Blitze eines Sommergewitters oder wie tosende Wellen an.

USA, EU und NONEU
Das war der Beginn der Serie, die jetzt in der Galerie ŻAK | BRANICKA zum ersten Mal in Berlin zur Schau gestellt wird. Dazu gehören drei Neons, nämlich Fence 2 (USA-Mexiko), 2015); Fence 3 (Israel-Palästina), 2019 und Fence 4 (Türkei-Syrien), 2019. Im Mittelpunkt der Ausstellung von Hubert Czerepok steht seine Installation Poland Border oft the none European Union (NONEU), 2017, aus ausgedienten Schlagbäumen, die der Künstler an der polnisch-ukrainischen, polnisch-russischen und polnisch-weißrussischen Grenze zum Schrottpreis gekauft hat. Sie wurden durch modernere Grenzabsperrungen ersetzt, sodass sich die EU vor der NONEU noch besser und effektiver abschirmen kann. Doch die Geschichte zeigt, dass Grenzen sich schnell ändern können: Wenn Staaten infolge von Kriegen oder Revolutionen zerfallen, bilden sich neue Staaten. Über die Grenzverläufe entscheiden aber immer die Sieger. Sie ziehen neue Grenzen: Linien der Willkür ohne Rücksicht auf die Folgen.

Die Angst ist hohl
Die titelgebende Arbeit Americans I Am Afraid of (2016) ist nicht auf Anhieb lesbar, denn sie wird von den schwarzen Schaufensterrahmen teilweise verdeckt. In dieser Arbeit drückt Czerepok die Angst vieler Menschen auf unserem Planeten vor den Amerikanern aus, die der Welt ihren Willen und ihre Bedingungen aufzwingen wollen – und sich gleichzeitig vor ihr abschotten. I Am Afraid of Americans heißt ein Song von David Bowie aus dem Jahr 1997. Doch Hubert Czerepok scheint keine besondere Angst vor den Amerikanern zu haben, weil I Am Afraid of zwar aus dünnen Lettern – und Americans aus Hohlbuchstaben besteht.

ŻAK | BRANICKA
Lindenstraße 35, 10969 Berlin
bis 20. April 2019
Di-Sa 11-18 Uhr, Eintritt frei
www.zak-branicka.com

Urszula Usakowska-Wolff

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Daten zu Hubert Czerepok:


- Biennale of Sydney 2014
- Hartware MedienKunstVerein (HMKV)
- Sammlung Museum of Contemporary Art in Krakow


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Titel zum Thema Hubert Czerepok:

Subtil und subversiv: Americans I Am Afraid Of von Hubert Czerepok bei ŻAK | BRANICKA
Ausstellungsbesprechung: Die Welt schottet sich immer mehr ab, an vielen Grenzen werden Mauern und Zäune gebaut: Das ist das Thema, mit dem sich der polnische Künstler Hubert Czerepok seit geraumer Zeit beschäftigt.

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