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Kunst mit einem Faible fürs Haus. Romain Van Wissen in der Saarländischen Galerie

von Urszula Usakowska-Wolff (26.07.2019)
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Romain Van Wissen: Pépite rétro futuristes, 2018, Acryl auf Leinwand, 122x100cm

Unter dem Titel La maison somnole zeigt die Saarländische Galerie die erste Soloschau des ostbelgischen Malers und Objektkünstlers Romain Van Wissen in Berlin. Zu sehen sind 16 zum Teil großformatige Acrylbilder und eine mehrteilige Installation, deren Hauptmotiv verschiedene Behausungen sind.

Es gibt sie noch, die Vedute. Dieser Eindruck entsteht beim Betrachten der Werke des Künstlers Romain Van Wissen, der eigentümliche und rätselhafte Landschaften malt. In ihrem Mittelpunkt stehen Hochhäuser, Stadthäuser, Schlösser, Hütten und Wohnwagen, mal einzeln, mal zu zweit oder in größeren Gruppen, die von figurativen oder abstrakten Elementen wie Himmel, Wolken, Gewässer, Vegetationsfragmente, geometrische Muster, Kreise, Ellipsen, Drei- und Vierecke umgeben sind. Im Laufe der Jahre hat der 1965 in Eupen geborene Van Wissen, der an der Akademie der Künste in Verviers Malerei und Grafik studierte, eine genuine Bildsprache entwickelt, die auf Anhieb erkennbar ist. Seine Bilder sind gemalte Collagen, für die er eigene Fotos, Fundstücke aus dem Internet, Stofffetzen, Geschenkpapier, mehr oder weniger verfremdete Gebäude, Hallen und Zeichnungen seiner Tochter benutzt. Er malt Dinge, die aus dem Kontext gerissen wurden, zu kippen drohen und in schwer definierbaren Zwischenräumen schweben, als hätten sie ihre Schwerkraft verloren. Seine defragmentierten Landschaften sind zum einen dystopische Veduten, die zeigen, wie Menschen ihre Umwelt zerstören und dass ihnen ihre Behausungen keinen Schutz und keine Geborgenheit mehr bieten können, denn sie stehen auf unsicheren Boden. Zum anderen sind sie eine Bühne, auf der Romain Van Wissen Natur und Kultur inszeniert, die in einer von optischen Reizen und Informationen überfluteten Zeit nur als Schnipsel wahrgenommen werden können.


Romain Van Wissen: Tango mortale, 2015, Acryl auf Leinwand, 94X122cm

Anthropomorphische Häuser

Für seine Einzelausstellung in der Saarländischen Galerie in Berlin-Kreuzberg wählte der Künstler Bilder aus den Jahren 2015-2019 mit menschenleeren Landschaften und Interieurs. Der Titel der Schau La maison somnole stammt aus dem Gedicht Quatre murs et un toit (Vier Wände und ein Dach) des französischen Chansonniers Bénabar, der darin das Leben einer Familie in einem Pariser Haus vom Einzug bis zum Auszug beschreibt: Die Kinder werden dort geboren, neue Räume werden hergerichtet, die Kinder werden erwachsen und ziehen aus. Das Haus schlummert in Erwartung neuer Bewohner. „Dieses Dazwischen ist das, was mich am meisten interessiert, also die Phase zwischen dem, was vergangen ist und dem, was kommen wird“, sagt Romain Van Wissen. Auf die Frage, warum Häuser in seiner Malerei und Objektkunst so eine wichtige Rolle spielen, antwortet er: „Meine Arbeiten sind ein Spiel mit Außen und Innen, wozu sich Häuser besonders gut eignen. Ich interpretiere die Häuser immer wieder anders, indem ich ihnen neue Funktionen gebe. Manche Holzhütten, einfache Bleiben mit zwei Fenstern und einer Tür sehen fast wie menschliche Gesichter aus. Viele Häuser haben dieses Anthropomorphische in sich. Die Häuser, die ich male, sind zugleich wirklich und fiktiv, denn es sind Illustrationen aus einem Lexikon oder3-D-Modelle aus dem Internet, die zum Beispiel zeigen, was es alles in einem Schloss gibt oder die man herunterladen kann, um daraus ein Papierhaus zu basteln. Das Haus gibt es wahrscheinlich in Wirklichkeit, aber es ist ja ein virtuelles Element. Dieses Spiel mit wahr und nicht wahr ist oft bei mir vorhanden.“


Romain Van Wissen: Dans le creux de la nouvelle vague, 2016, 117x159cm

Retrofuturistische Glanzstücke

Romain Van Wissen arbeitet wie ein Bühnenbildner, der seine Landschaften mit Versatzstücken aus verschiedenen Räumen und Zeiten versieht. Die Kunst ist für ihn ein Spektakel, das sich in viele Richtungen entwickelt und manchmal in die Irre führt. Er spielt mit den Sehgewohnheiten des Publikums, stellt Häuser auf eine grüne Fläche, die sowohl ein Tennisplatz als auch ein Flugplatz sein kann, und krönt das Ganze mit einer Kuppel, die an Art déco erinnert. Er lässt ein Schloss über einer Arena hängen und das besagte 3-D-Haus wie ein Raumschiff unter der Decke einer russischen Metrostation schweben. Er zeigt Hochhäuser, die gesprengt werden in einem Ambiente aus schemenhaften zahllosen Zifferblättern und erst auf den zweiten Blick erkennbaren Booten. Der blaue Himmel, der auf vielen seiner Gemälde zu sehen ist, könnte auch das Satellitenbild eines Ozeans sein. Dieses Sowohl-als-Auch-Prinzip und die versteckten Details, die sich nur beim genauen Hinschauen offenbaren, sind charakteristisch für Van Wissen, der die Kunst als ein Spiel mit vielen Möglichkeiten betrachtet. Es ist nicht immer leicht, seine rätselhaften Bilder zu entziffern, auch wenn manche Titel dabei etwas helfen. So heißen die gesprengten Häuser schlicht und einfach Tango mortale und das virtuelle Raumschiff Pépite rétro futuriste . Vielleicht ist Romain Van Wissen ein Retrofuturist, der in seinen menschenleeren Glanzstücken darauf hinweisen will, dass unsere Spezies seit immer und für immer zerstörerisch und selbstzerstörerisch ist, doch die von ihr geschaffenen Dinge eine längere Lebensdauer haben, als deren Schöpfer, Besitzer und Bewohner.

Romain Van Wissen
La maison somnole

Bis 27. Juli 2019

Saarländische Galerie – Europäisches Kunstforum e.V.
Charlottenstraße 3,10969 Berlin
Dienstag bis Samstag 14-18 Uhr, Eintritt frei
www.saarlaendische-galerie.eu

Urszula Usakowska-Wolff

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Kunst mit einem Faible fürs Haus. Romain Van Wissen in der Saarländischen Galerie
Unter dem Titel La maison somnole zeigt die Saarländische Galerie die erste Soloschau des ostbelgischen Malers und Objektkünstlers Romain Van Wissen in Berlin. Wer sie noch sehen will, hat noch bis morgen Gelegenheit dazu.

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