19 Uhr: mit Anna Kokalanova: Inauguration Ceremony: School of Impermanence im Rahmen der Ausstellung "Ungovernable Ingredients". silent green Kulturquartier | Gerichtstraße 35 | 13347 Berlin
1968 erwartete Mierle Laderman Ukeles (*1939 in Denver, Colorado), damals Studentin der Bildhauerei am New Yorker Pratt Institute, ihr erstes Kind. Womit sie bei der Entscheidung, schwanger zu werden nicht gerechnet hatte: Angesichts ihres runden Bauches verkündete ihr Professor vor versammelter Klasse das vorzeitige Ende ihrer Karriere als Künstlerin. Die Rollen der Mutter und der Künstlerin seien schlicht nicht miteinander vereinbar.
Ukeles fühlte sich, so formulierte sie es später, in zwei Hälften geteilt, zerrissen, keine der verfügbaren gesellschaftlichen Kategorien schien für sie zu passen. Als Reaktion auf diese Situation verfasste sie 1969 ein Manifest, in dem sie ihre „Maintenance Art“ begründete. Die Fürsorge für das Baby, die Arbeit im Haushalt, aber auch die Arbeit der sanitation workers, der Reinigungskräfte und Müllentsorger erklärte sie nicht nur zu Kunst, sondern hob all diese Aufgaben als wesentlich für den Erhalt der Gesellschaft hervor. Ihr frühes Werk veranschaulicht ihren Kampf, die verschiedenen Aspekte ihrer Existenz – Künstlerin, Frau, Ehefrau, Mutter, „zufällige Reihenfolge“ – miteinander zu vereinbaren und stellt die Aufgaben der Care-Arbeit in den Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens.
Ein halbes Jahrhundert und zahlreiche Diskussionen um die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf später, ist der Feminismus zwar einige Schritte weiter, und doch oder gerade deswegen gibt es nach wie vor zahlreiche offene Fragen in Hinblick auf Mutter*schaft, Elternschaft und Care-Arbeit: Wie können neue Konzepte von Elternschaft aussehen? Welche neuen Konzepte verbergen sich hinter dem Gendersternchen in „Mutter*schaft“? Was bedeutet es, Mutter zu werden? Und was, keine Mutter zu werden? Wie fallen die Antworten in struktureller Hinsicht aus? Wie in wirtschaftlicher, in politischer oder in persönlicher Hinsicht?
Diesen und vielen weiteren Fragen möchte sich die Veranstaltungsreihe „B*tches & Babies“ an den KW Institute for Contemporary Art widmen.
Das von Katja Zeidler initiierte Format richtet sich an Eltern ebenso wie an jene, „die keine Kinder haben oder möchten, aber dennoch im Kontext von Care-Arbeit, Gleichberechtigung, und neuer Elternschaft Fragen oder Erfahrungen haben,“ so Zeidler. Anliegen sei es, einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem Interessierte sich austauschen können und der mit der Lebensrealität von Eltern kompatibel sei: Anders als die meisten Veranstaltungen und Diskussionsrunden, die in institutionellem Rahmen zu diesem Thema angeboten werden, findet „B*tches & Babies“ tagsüber statt, Babys und Kleinkinder sind herzlich willkommen und nach Absprache ist sogar eine Kinderbetreuung möglich.
Die Auftaktveranstaltung am 28. November fand im Kontext der Ausstellung „The Making of Husbands: Christina Ramberg in Dialogue“ statt. Die US-amerikanische Künstlerin Christina Ramberg (1946-1995) setzte sich in ihren Gemälden mit ihrer Auffassung des Körpers als einem von Verhaltenskonventionen bestimmten Ort auseinander: Bandagierte, durch Korsagen, Stoffe und Mieder modellierte Körper erzählen von Frauenkörpern, die sich nach männlichen Vorstellungen richten.
Während Rambergs Arbeiten in der Ausstellung in einen Dialog mit weiteren Künstler*innen gebracht werden, greift „B*tches & Babies“ den Aspekt des fremdbestimmten weiblichen Körpers auf und stellt ihr eine weitere historische Position gegenüber: „The BITCH Manifesto“ (1970) der US-amerikanischen Politikwissenschaftlerin und Feministin Jo Freeman (*1945). In ihrem Text greift Freeman den Begriff „bitch“ – bis dahin für weibliche Hunde oder als Beleidigung für Frauen verwendet – auf und münzt ihn um in eine Selbstbezeichnung für eine neue feministisch geprägte, selbstbewusste, selbstbestimmte, kompromisslose Generation von Frauen.
Ausgehend von diesen beiden Positionen soll die Veranstaltung die Möglichkeit geben, sich in institutionellem Rahmen über Vorstellungen von Mutter*- und Elternschaft auszutauschen. Ab Januar 2020 wird „B*tches & Babies“ voraussichtlich alle vier Wochen stattfinden.
Nach einer Einführung durch Katja Zeidler lud beim ersten Treffen Kuratorin Anna Gritz zu einem Gang durch die Ausstellung ein. Das Künstlerduo Birgit auf der Lauer und Caspar Pauli, die vor kurzem selbst Eltern geworden sind, zeigten eine Performance, die sich mit Geburtshilfe-Techniken und Vorgängen im weiblichen Körper beschäftigt, die nach Männern benannt wurden.
KW Institute for Contemporary Art
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