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Die Ordnung der Natur. herman de vries im Georg Kolbe Museum

von chk (23.08.2020)
vorher Abb. Die Ordnung der Natur. herman de vries im Georg Kolbe Museum

Ausstellungsansicht, Foto kuag

Die Beschäftigung mit der Natur hat Konjunktur. Der Klimawandel und durch ihn verursachte Naturkatastrophen fordern unsere Aufmerksamkeit. Inwieweit Kunst dabei ein Baustein sein kann, der uns Natur in ihrer Vielschichtigkeit wahrnehmen lässt, zeigt die Ausstellung herman de vries. how green is the grass? im Georg Kolbe Museum.

herman de vries gehört nicht zu jenen Künstler*innen, die im Betriebssystem Kunst geschäftig um Aufmerksamkeit ringen. Der 1931 in Alkmaar, Niederlande, geborene de vries arbeitet seit den 1970er Jahren zurückgezogen im fränkischen Steigerwald, dennoch ist er kein Unbekannter. Er hat bedeutende Preise wie den Gerhard-Altenbourg-Preis erhalten und seine Werke tauchen auf renommierten internationalen Ausstellungen auf wie zum Beispiel auf der ZERO-Respektive im Guggenheim Museum, New York. Wer die Venedig Biennale 2015 besucht hat, dem wird die raumgreifende Gestaltung von de vries im Niederländischen Pavillon in Erinnerung geblieben sein. Beim Betreten des Pavillons überraschte die Besucher*innen angesichts des quirligen Biennale-Trubels eine wohltuende, fast meditative Stille. Auslöser waren die Naturbilder und -objekte, die herman de vries zeigte – wie beispielsweise den duftenden Rosenteppich (108 pound rosa damascena, 2003–15), der eine 4 Meter breite, kreisförmige Fläche auf dem Boden in der Mitte des Raumes ausfüllte. Ebenso einnehmend waren die 84 gerahmten Papierarbeiten an der Wand, die eine Art Farbatlas von Erdproben bildeten (from earth: everywhere, 2014–15).


Ausstellungsansicht, herman de vries, from earth: europe, 2016, Foto: kuag

Ein Teil der dort gezeigten Werke findet sich in konzentrierter Form jetzt im Georg Kolbe Museum wieder. Etwa aus der Serie from earth, die im Laufe der Zeit ergänzt wurde, sind 64 neuere Bilder (from earth: europe, 2016) zu sehen. de vries ist viel gereist unter anderen nach Afrika und Asien. Von seinen Reisen brachte er zahlreiche Erdproben mit, weitere schicken ihm Sammler*innen zu. Mittlerweile sind es über 9.000, jeweils mit Angaben zu Fundort und Datum. Die Proben pulverisiert der Künstler und zerreibt sie mit Fingern und Handballen auf dem Papier. Vermutlich kann jemand, der über geologisches Wissen verfügt, erahnen, welche Mineralienzusammensetzung hinter den Farbbildern steckt. Dem Unwissenden bleibt lediglich das Staunen über die farbige Vielfalt und die hell leuchtenden Farbabstufungen, die Erde unmittelbar hervorbringt. 24 fein zerstoßene Erdproben aus den verschiedensten Gegenden Europas, die in Vitrinen in unmittelbarer Nähre zu den Wandbildern liegen, veranschaulichen den künstlerischen Prozess und schärfen vielleicht die Wahrnehmung für das, was sich unter unseren Füßen befindet.



herman de vries, an afternoon under a cherry tree, 1979, Foto: kuag

Die Natur als Lebens- und Erfahrungsraum ist eine Grundkonstante im Werk von herman de vries. Aus der intensiven Beobachtung heraus entwickelt der ausgebildete Gärtner, der Ende der 50ger Jahre zur niederländischen Künstlergruppe Nul gehörte und der ZERO Bewegung nahestand, eigene Systeme, um die Momente der Vielfalt zu konservieren und darauf aufmerksam machen zu können. de vries sammelt – nicht nur auf seinen Reisen, sondern vor allem auf seinen regelmäßigen Wanderungen im Steigerwald - Pflanzen, Blätter, Blüten, Gräser, Hölzer, Steine, archiviert und katalogisiert sie. Eine Hierarchie oder eindeutige Klassifizierung innerhalb der einzelnen Werkreihen lässt sich nicht ausmachen, stattdessen spielt der Zufall als Ausgangspunkt eine wichtige Rolle. So vereint die Arbeit an afternoon under a cherry tree, 1979, zwei Papierbögen: der eine lag unter einem Kirschbaum, die auf ihn zufällig gefallenen Blätter wurden an Ort und Stelle fixiert. Auf dem anderen befinden sich die Blätter, durch menschliches Zutun, ordentlich in Reih und Glied gebracht. Die jeweils eigenen Ordnungssysteme laden zum Vergleichen ein.



herman de vries, waldboden steigerwald, 2019, Foto: kuag

Für die Arbeit waldboden steigerwald, 2019 erhielt das Georg Kolbe Museum Säcke mit vorwiegend Buchenblättern, kleinen Ästen und anderen Materialien, die sich im Wald eben so finden lassen. Die kreisförmige Bodenarbeit mit einem Durchmesser von 3 Metern entstand dann direkt im Museum nach Anweisung, die Naturmaterialien wurden ohne Plan in dem Kreis – sozusagen als geometrische Urform - verteilt.


Blick in den Garten: herman de vries, i am, 2019, Goldschrift auf Baumwolle, Foto: kuag

Von Künstlern wie Joseph Beuys unterscheidet de vries die fehlende Mystik, das Metaphernbeladene und Symbolhafte. Die Natur steht für sich selbst, auch im künstlerischen Kontext, darüber hinaus geht es um das ökologische Wechselverhältnis von Mensch und Natur, um das In-der-Welt-Sein. So ertönt zu waldboden steigerwald leise im Hintergrund die Soundcollage i breathe, 2017 mit Atemgeräuschen. Beim Blick aus einem der Museumsfenster sieht man im Garten eine große prächtige Buche mit einer Baumwollbinde, auf welcher der Schriftzug i am zu lesen ist, ohne Frage ein Hinweis auf das Hier und Jetzt. Und fast beiläufig tauchen zwischen den Werken auf DINA4 Blättern handschriftlich verfasste kurze Gedichte auf, durch die herman de vries die Ordnung der Natur poetisch kommentiert.

am alten teich
gelbe blätter
im wasser
kein frosch

(herman de vries, 2008)

Die retrospektiv angelegte Ausstellung im Georg Kolbe Museum entstand in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und zeigt zentrale Werke aus den vergangenen 50 Schaffensjahren des deutsch-niederländischen Künstlers.

herman de vries. how green is the grass?
27. Januar – verlängert bis 23. August 2020

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25
14055 Berlin

Öffnungszeiten:
Täglich: 10:00 - 18:00 Uhr

www.georg-kolbe-museum.de
Mehr Infos zu herman de vries: www.hermandevries.org

chk

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