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Refuse & Restart: Aufbruch in den digitalen Status No mit der transmediale 2021

von Hanna Komornitzyk (28.03.2021)
vorher Abb. Refuse & Restart: Aufbruch in den digitalen Status No mit der transmediale 2021

Image Photograph by Vernon Smith taken of Wendy Carlos in her studio 1984 during the release of Digital Moonscapes, © Wendy-Carlos

Die transmediale im Praxistest: Unter neuer künstlerischer Leitung von Nora O Murchú wagt das Festival für Medienkunst und digitale Kultur in seiner 34. Ausgabe den Sprung in eben jene. Ein Jahr lang wird das Programm unter anderem wiederkehrende Formate, On- und Offlineausstellungen, Filminstallationen und ein sogenanntes Sommerlager liefern.

Seit ihren Anfängen Ende der 1980er ist die transmediale ein Format des Wandels: Als Ableger aus dem Internationalen Forum des Jungen Films entsprungen, entwickelte sich das damalige VideoFilmFest schnell zu einem offenen und kritischen Kulturforum, das spätestens seit den frühen 2000ern mit jährlich wechselnden Themenschwerpunkten im Gleichschritt mit aktuellen crossmedialen und gesellschaftlichen Veränderungen einhergeht. Mit Anbruch des dritten Jahrzehnts eines nicht mehr ganz so jungen 21. Jahrhunderts bricht die transmediale somit in ganz eigenwirksamer Konsequenz in neue Welten auf: Im Vorjahr übergab Medienforscher Kristoffer Gansing die künstlerische Leitung an Dr. Nora O Murchú. Als unabhängige Kuratorin für digitale Kunst ist O Murchú seit mehr als zehn Jahren tätig, zurzeit lehrt sie im Fachbereich Computer Science and Information Systems an der University of Limerick in Irland und – die große Überraschung sollte an dieser Stelle wohl ausbleiben – nach ihren vier Vorgängern ist sie die erste Frau an der Spitze der transmediale.

Die neue Richtung, die das Festival 2021 einschlägt, setzt sich aus zwei Teilaspekten zusammen: Anstelle einer fünftägigen Veranstaltung im Haus der Kulturen der Welt wie in vorherigen Ausgaben sind über das komplette Jahr verschiedene Formate geplant, die sowohl lokal als auch digital stattfinden. In ihrem Grußwort zum Auftakt betont O Murchú, dass diese Entscheidung nicht nur durch die Pandemie bedingt, sondern auch als eine Reaktion auf die sich beständig erhöhende Taktung kultureller Produktions- und Konsummöglichkeiten zu sehen ist.


Congress of Idling Persons, Bassem Saad 2021, Courtesy the artist

Ihrem Titel Refusal entsprechend ist die 34. Ausgabe somit in zweifacher Hinsicht ein Aufruf und Aufbruch: Zum einen reagiert sie auf ein kulturelles Klima, in dem sich Gegenstimmen auf beinahe jeder Ebene des öffentlichen Diskurses verweigern und etabliert haben. Ob Covid-19, Schutzimpfungen, die Klimakrise oder demokratische Wahlen – alternative Fakten entwickeln besonders im digitalen Raum eine Eigendynamik, die durch den gegenwärtigen Gebrauch sozialer Medien verstärkt wird. Bereits 2018 hat das Festival unter anderem aus diesem Grund seinen Rückzug von Facebook und Instagram vollzogen – in einem Statement zum Outro ist nach wie vor zu lesen, dass beide Plattformen aus Zuckerbergs Medienimperium in ihrer Konzeption als Geschäftsmodelle den eigenen Ansprüchen an gerechte Kommunikation, Privatsphäre und künstlerische Freiheit widersprechen. Zum anderen widersetzt sich die transmediale in der Entschleunigung und organischen Ausdehnung des Festivalprogramms den Parametern ihres Entstehungskontexts – eine Kulturbranche, die anstelle nachhaltiger Bedingungen für Kulturschaffende und Teilnehmende laut Leiterin O Murchú immer noch auf Schnelllebigkeit und Dimensionen setzt: “Over the past year, we have reconsidered and questioned the pace of cultural production and consumption that has been driven in part by digital technologies. Having a year-long festival is an experiment in more sustainable cultural practices, in making space for slow learning and understanding, an experiment that is opposed to the fracturing of attention inherent in the use of digital platforms and smartphone screens.”
Es ist eben dieser Fokus auf Entschleunigung, der im Falle der transmediale – wie auch beim diesjährigen CTM Festival zeitgleich beobachtet werden kann und konnte – das Paradox digital fragmentierter Kommunikation auflöst: Das Programm ist übersichtlich gestaltet – und bis dato zu einem großen Teil noch ausstehend.


The Epoch of Mapalucene Natasha Tontey 2021 Film stills from Waanak Witu Watu 2020 21, Courtesy the artist

In der parallelen Ausstellung Rendering Refusal im Silent Green Kulturquartier (bis 20.3.21) und im Kunstraum Kreuzberg/ Bethanien (bis 28.3.21) richten sich internationale Medienkünstler*innen wie die diesjährigen transmediale-Residents Bassem Saad und Natasha Tontey gegen lineare Geschichtsschreibungen, widmen sich unerzählten oder in der eurozentristischen Wahrnehmung willentlich ignorierten sozialpolitischen Realitäten und fordern eine Verneinung des etablierten kulturellen Status Quos.

Der Almanac for Refusal folgt als digitales Format den verschiedenen Phasen des Mondkalenders und erneuert sich mit Ende eines jeden Zyklus: Die hier zu findenden Arbeiten greifen unter den thematischen Kernaspekten “friction, scale, and entanglement” in ganz unterschiedliche Bereiche digitaler Kunst: Im Essay To Undo Nature; On Refusal As Return schreibt Geograf*in und Klangkünstler*in AM Kanngieser über die ursprüngliche Verwendung des Begriffes als einen, der das Zurückgeben/ -gehen/ -fordern impliziere. Micha Cárdenas Videoessay Poetics of Trans Ecologies zeigt in der Auseinandersetzung mit Trans-Autor*innen wie Sandy Stone, Jose Muñoz und Tiffany Lethabo King, wie Transgender Studies und transmediale Erzählungen kolonialen Ideologien und rassistischer Gewalt entgegenwirken können. In Sahej Rahals Videoarbeit finalforest.exe verschmelzen schamanische Rituale mit einer künstlichen Intelligenz, um die Bedeutung des in Indien nach wie vor identitätsstiftenden Kastensystems zu hinterfragen. Bisher ist noch völlig unklar, wie sich das Jahresprogramm der transmediale gestalten wird: Ab April ist das dreimonatiges Filmprogramm remote. response. request. geplant, im Sommer soll ein Camp folgen. Doch wenngleich die weitere Ausgestaltung von der Pandemie geprägt sein wird, kann das Konzept und Festivalmotto schon jetzt guten Gewissens als tägliches Mantra befolgt werden: Ruhe bewahren, Widersprüche zulassen und den normativen Status Quo entschieden verneinen.

Hanna Komornitzyk

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